Unter Umständen flach

Hadija Haruna-Oelker im Deutschlandfunk: zum Thema „Gesellschaftliche Vielfalt in Redaktionen“:

Ich sage es mal so: In den Redaktionen, die divers aufgestellt sind, wo Journalist*innen mit Migrationsgeschichte, aber auch nicht-weiße Journalist*innen, aber auch Journalist*innen mit Behinderung, queere Journalisten sitzen, da verändert sich die Perspektive auf ein Thema. Und es geht mir dabei nicht nur um die Themen, die dann mit Rassismus oder den Menschenfeindlichkeiten zu tun haben, sondern ich beziehe das auf alle Themen. Es wäre so ein bisschen wie: Man macht eine Gesprächsrunde und die geht um Architektur. Und dann gibt es da niemanden, der von Architektur Ahnung hat. Das ist eigentlich ein Problem. Oder: Man kann das natürlich machen, aber es wird unter Umständen flach.

Man könnte nun spitzfindig sagen: Eine Debatte über Architektur mit Amateuren und ohne Profis wäre interessant, denn es käme wohl zum Vorschein, dass die Amateure andere Schwerpunkte setzen: mehr Gebrauchswert, weniger Schein. Es wäre teilaufklärend und könnte effektive Verbesserungen bringen.

Andererseits würde es tatsächlich flach und in Teilen geradezu unerträglich, schaute man nur noch dem Volk aufs Maul – und dann ausgerechnet dem deutschen. Insofern kann man Frau Haruna-Oelker Recht geben.

Das Problem bei ihr ist allerdings das altbekannte: Es geht um Hautfarben, Behinderungen, Herkünfte und sexuelle Präferenzen. Der Aspekt des Sozialen und der Klasse wird auch von ihr ausgegrenzt, auch wenn sie von „allen Themen“ spricht. In einer Gesellschaft, der die Verwertungslogik aus jeder Pore tropft, sind diese „alle Themen“ nicht einfach über Hautfarben und Behinderungen und Herkünfte und sexuelle Präferrenzen zu haben. Es sind Klassen, die da die wichtige Rolle spielen. Das zu ignorieren, ist kein lässliches Versäumnis.

Ich habe auch den Eindruck, dass linker Wirtschaftsjournalismus keine Rolle mehr spielt. Schreiben demnächst alle Journalisten über gender, race, supremacy, non-binäre Identifikationen und LGBTQ+? Die wirklich wichtigen Themen – denn die Ökonomie überlagert gerade zwanghaft alles andere – überlassen wir den Neoliberalen. Die freuen sich.

Die Diskurse, die mit ihrer Zusammensetzung ablaufen, dürften also auch das werden, was Haruna-Oelker manch aktuellem Diskurs attestiert: unter Umständen flach.

(Foto: genova 2020)

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9 Antworten zu Unter Umständen flach

  1. Jakobiner schreibt:

    Wenn man sich den letzten Weltspiegel ansieht,geht das schon in diese Richtung.Eine Fahrradinitiative in Teheran,die deutsches Oekobrot backt,moderiert von der indischstaemmigen Banerjee.Ja,Klasse ist ohnehin kaum mehr eine Kategorie und Wagenknecht hat mit der Lifestylelinken,die in Innenstädten wohnt und die Autos raus will für ihre Radl einen wahren Kern getroffen.Wenn Soziales noch kommt,dann als Gender pay gap oder als Diversenquote in DAX-Vorstaenden.Linken Wirtschaftsjournalismus findet man eigentlich nur noch vereinzelt in Jakob Augsteins Der Freitag.Ansonsten herrscht im Fernsehen das BoersenTV und in den Wirtschaftskolumnen der Mainstreammedien bisher noch der Neoliberalismus,wenngleich momentan diskutiert wird,ob mit Biden ,dem New Green Deal und dem Infrastrukturprogramm samt globaler Mindeststeuer nicht eine Paradigmatische Wende zum Neokeynesianismus erfolgen würde.

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  2. genova68 schreibt:

    Ja, zum Weltspiegel kann ich nichts sagen, den habe ich noch nie geguckt, glaube ich. Wobei ein Blick auf deren Website ich nicht so uninteressant finde. Da geht es auch um Bauernaufstände in Indien und generell ist der Weltspiegel keine Wirtschaftssendung, wenn ich das richtig sehe.

    Interessant in Blick auf Journalismus vielleicht die erste Sendung, die Baerbock besuchte: eine auf Pro 7. Dort applaudierten die beiden Journalisten der Kandidatin. Weißrussland würde es nicht so plump machen.

    Ein anderes Interview mit ihr im ZDF, 20 Minuten lang, offenbarte anderes. Es war das erste Mal, dass ich Baerbock überhaupt live reden hörte. Sie ist rhetorisch sehr fit, sehr konzentriert, schlagfertig und damit im Geschäft gut aufgestellt, besser als Habeck. Aber sie scheint wirklich nur ein Thema zu haben: Klimaschutz. Sonst gibt es nichts. Ihr Lieblingswort ist „gemeinsam“, das nichts weiter aussagt, als dass sie gute PR-Berater hat. Zum Wohnungsbau finde ich auf wikipedia die veheerende Aussage, SPD und CDU hätten früher das Geld für Wohnungsbau aus dem Fenster geworfen, deshalb seien die Kommunen so verschuldet. Außerdem lehnt sie den Mietendeckel ab. Habeck mittlerweile übrigens auch.

    Baerbock scheint eine neoliberale Politikerin zu sein, die dem Kapital die Möglichkeit zur weiteren Expansion geben will. Als Wachstumsmarkt bietet sich nun alles an, was den CO2-Ausstoß mindert.

    Interessant jedenfalls, dass die Grünen mittlerweile die besten PR-Strategen unter Vertrag haben. Ihnen unterläuft kein Fehler, die Basis ist ausgeschaltet, der Machtapparat ist klar ausgerichtet. Ich denke, diese Professionalität führt auch dazu, dass sich das deutsche Kapital immer deutlicher auf die Seite der Grünen schlägt. Wer professionell arbeitet und machtbewusst ist, ist für das Kapital ein zuverlässiger Partner.

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  3. Jakobiner schreibt:

    Wäre da nicht Boris Palmer mit seinen vermeintlichen Negerschwanzsatiren, die die betont zur Schau gestellte traute Einheit und Harmonie der Partei etwas eingeübt.Zumal Palmer dies als persönliche und biographisches Erbe des Rebellentime seines jüdischen Vaters gegen die Nazis und in der Nachkriegszeit postuliert,um bei den Grünen eine ähnliche Meings-und Cancelkultur sehen zu wollen.Desweiteren gefälschte Nacktbilder von Anna-Lena in den sozialen Medien,obgleich Kommentatoren meinen,dies könne die Wahlchancen sogar noch erhöhen und den Grünen ganz unvermutete Wählerschichten zu treiben und erschließen.

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  4. genova68 schreibt:

    Ja, die Basis bei den Grünen ist gut im Griff, merkwürdig. Palmer ist wohl nur ein Narzisst, der will rausfliegen, um sich als Opfer und Rebell präsentieren zu können. Ein politisches Talent, das sich zu Ernst nimmt. Das ist schön zu sehen in der Sendung „Krömer“ vom RBB, wo er Gast war. Er wollte sich da unbedingt seriös als missverstandener Aufrichtiger präsentieren, obwohl das Sendungskonzept genau das verhindern will. Dementsprechend war das Ergebnis. Dass solchen Leuten Grenzen gesetzt werden, finde ich schon ok.

    Nacktbilder von Baerbock sind ein interessantes Phänomen: Man stellt sich vor, wie jemand nackt aussehen könnte. Ich würde gerne mal gefakte Nackbilder von mir im Netz finden. Einfach, weil mich interessieren würde, wie andere, die mich noch nie nackt gesehen haben, sich mich nackt vorstellen.

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  5. Jakobiner schreibt:

    Ich frage mich,was der Selbstdarsteller Palmer nach seinem Grünenrausschmiss machen will.Wer würde ihn denn dann noch aufnehmen,ausser vielleicht die FDP oder die AfD? Oder will er eine Liste Palmer gründen nach dem Vorbild der Liste Pilz in Österreich?

    Kommt dazu darauf an,ob der Sommer ein Primaklimaduerresommer für die Grünen oder aber ein neuer Flüchtlingssommer für die AfD wird.

    Nacktfotos von Merkel.habe ich in sozialen Medien mit der rassistischen Ausnahme mit einem Schwarzen im Bett noch nicht registriert.

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  6. genova68 schreibt:

    Wenn man sich die Biographie seines Vaters anschaut, könnte man zu dem Schluss kommen, dass die Palmers affektgesteuert sind. Die machen sich nicht so viel Gedanken. Palmer war ja in jungen Jahren schon relativ erfolgreicher OB-Kandidat in Stuttgart. Der hält Tübingen für sich zu bedeutungslos. Sein Vater scheiterte, er vermutlich auch. Er hat natürlich als Außenseiter gewisse Sympathien, weg vom Parteimainstream mit seinen Karrierehanseln. Palmer wird ein Buch schreiben, das dann ein paar Wochen für Aufsehen sorgen wird. Dann wird er weitersehen. Aber das aktuelle Projekt ist ja der Parteiauschluss. In seinem Sinn ideal, weil sich das Jahre hinziehen wird und er Aufmerksamkeit bekommt. So viel Aufmerksamkeit wie hier gerade im Blog, fällt mir gerade auf. Palmer macht das schon alles richtig.

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  7. Jakobiner schreibt:

    Die FDP hat jetzt 2Saetze in ihrem Wahlprogramm zur Reform der Öffentlich-Rechtlivhen aufgenommen.Darin wird gefördert die OER nur noch auf den Kern Nachrichten,Infos,Dokumentationen,Kultur,Bildung zu reduzieren.Telenovelas,Sport,Quizshows und ähnliches seien nicht Teil der Grundversorgung.Klingt erst Mal sympathisch.Aber zum einen ist die Frage,ob man gewählt wird,wenn man Axt an Tatort und Uta Danella und Rosemarie Pilcher legt.Dann ist die Frage,ob ehemalige OER-Seher die Werbeblocks der Privaten moegen.Zum dritten könnte dann auch das Argument kommen,dass der neue OER nur noch ein elitaerer Nischensender für Akademiker sei, für den man auch Zwangsgebühren zahlen müsse.Mit etwas Hetze gegen „die Studierten“und völkischen Antiintellektualismus könnte dann auch der verbliebene OER gestrichen und ganz abgeschafft werden.Zudem Springer jetzt vor den Wahlen BILD TV insRennen bringt,der als Nachrichten-und Infotainmentsender gedacht ist.

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  8. genova68 schreibt:

    Man sollte über alles ohne Schaum vor dem Mund diskutieren. Aber du hast sicher Recht: Das Ende der Diskussion wäre eine GEZ-Gebühr von acht Euro und nur noch ein Restprogramm. Da sollte man vielleicht besser bei den 17,50 Euro bleiben und via Mediathek mehr mitnehmen. Nachdem ich in den letzten Monaten vermehrt die Mediatheken der ÖR benutzt habe, fällt mein Urteil allerdings auch eher kritisch aus. Ohne Ende Mainstream, Krimis etc. mit Drehbüchern aus der Schublade. Außerdem kennt man nach einiger Zeit die etwa 15 wichtigsten Schauspieler, die ca. 80 Prozent der Hauptrollen besetzen.

    Aber, wie gesagt, was wäre die Alternative?

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  9. Jakobiner schreibt:

    Neben den teuren Sportübertragungen wäre auch diskutierbar,ob man den Eurovision Song Contest aus dem Programm der Oeffentlich-Rechtlichen kippt.Das war ja Mal wieder eine grausame Veranstaltung nach dem Motto:Mehr Europa wagen.Deutschland landete verdienterweise mit Jendriks seichten,political correct Anti-Hate Song auf dem vorletzten Platz.Dazu noch tanzende Fingerpuppen,von denen man nicht wusste,ob es sich um einen mahnenden Zeigefinger,Mittelfinger oder erigierten Pennishandeln sollte nebst Burkinimuslima in einem Planschbecken.Der Rest war ebenfalls Schriftzug,zumal scheint inzwischen die Show mit Feuer-undLichteffekten und Kostümen wichtiger als das Lied.Man sollte da vielleicht Mal zur Abwechslung als deutschen ESC-Kandidaten Rammstein hinschicken,die dann so knackig teutonisch klingen,wie es sich keiner mehr traut.Der ESC ist wirklich die Wahl des kleinsten musikalischen Übels.Aber so schlecht und schräg,dass es schon bald wieder gut ist.

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