Warum Micaela Schäfer Dschungelkönigin und dann Bundespräsidentin werden muss

Gibt man ihr Massageöl, reibt sie sich brav die Brüste ein. Scheint die Sonne, bräunt sie sich oben ohne. Will sie sich waschen, badet sie nackt im Teich. Ihre Masche mag billig sein, aber jetzt ehrlich: Hat sie je etwas anderes behauptet? Die Soziologin Catherine Hakim brauchte 400 Seiten, um das Phänomen zu erklären, Micaela Schäfer tut es einfach: Sie nutzt ihr erotisches Kapital.

Sicher hätte sie gern Karriere gemacht, ohne sich ausziehen zu müssen. Sie hat es jahrelang versucht, erst als seriöses Model, dann als Popsängerin, auch als Affäre eines „Kommissar Rex“-Darstellers. Um der Aufmerksamkeit willen gab sie Journalisten darüber Auskunft, wie es ist, sich die Schweißdrüsen aus den Achselhöhlen entfernen zu lassen. Ihre Karriere wollte trotzdem nicht zünden. 2010 wurde ihr Wikipedia-Eintrag gelöscht – wegen Irrelevanz…

Erbärmlich dagegen, wie viele Campgenossen die Nase rümpfen, sich als etwas Besseres fühlen.

Micaela Schäfer lästert nie. Sie bleibt ehrlich, verbindlich und motiviert.

Sie mault nicht übers Wetter oder langweilige Schatzsuchen, provoziert keinen Streit, kann sich artikulieren. Ja, sie reflektiert sogar. Micaela weiß, dass dies eine Trash-Sendung ist und sie eine Trash-Kandidatin. „Das Silikon hämmert auf meiner Brust”, sagte sie vor ihrer Dschungelprüfung. Sie hat den anderen Kandidaten so vieles voraus, nicht nur die Selbstironie.

Das schreibt der Tagesspiegel über Micaela Schäfer und ich unterschreibe jede Zeile.

In einer Zeit, in der der Bundes-präsident sich wochenlang mit halbillegalen Praxen vorführen lässt und nicht zurücktritt, in der ein wohl pathologischer Lügner wie Guttenberg jahrelang der Liebling von Nation und Medien ist, in der das Bundesinnenministerium erklärt, es beobachte Linkspartei-politiker wie Katja Kipping vor allem wegen der Sorge um die Demokratie“, in der Formate wie das Dschungelcamp und dieses Top-Model-Ding strukturell niederträchtiges Verhalten fördern und vermarkten, in einer Zeit also, in der die Lüge triumphiert, hält sich diese Micaela bewundernswert ehrlich. Sie hat offenbar mehr Kapital in Kopf und Herz als all die genannten Hanseln.

Und sie ist mutig und erledigt die ekligsten Prüfungen in der Dschungelshow, bei denen ich mir sofort in die Hose machen würde.

Ehrlich, verbindlich, mutig und motiviert: nicht die schlechtesten Voraussetzungen für das höchste Amt im Staat, wie man sagt.

(Foto: rtl)

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24 Antworten zu Warum Micaela Schäfer Dschungelkönigin und dann Bundespräsidentin werden muss

  1. Peleo schreibt:

    Jetzt verstehe ich auch, warum auch die „seriösen“ Medien wie SPON und SZ täglich über jenes Dschungeldings berichten. Bisher hielt ich das für eine Zumutung. Nun sehe ich: diese „Information“steht im Dienste einer höheren Sache, der Verbesserung der Sitten und der Demokratie. So raffiniert hatte ich mir die Hegel´sche List der Vernunft gar nicht vorgestellt.

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  2. Holden schreibt:

    Ich muss gestehen, dass ich bis eben fast nichts über diese Frau wusste. Ich frage mich aber, ob das beschriebene Verhalten hier nicht doch eher auf das Drehbuch von RTL zurückgeht. Ich glaube, dass bei diesen Formaten wenig dem Zufall überassen wird, genauso wie bei den Castingshows.

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  3. genova68 schreibt:

    Schau dir mal die Schatzsuche von Micaela mit dem Waschlappen Ailton an, köstlich:

    http://www.rtl.de/cms/sendungen/ich-bin-ein-star/dschungelcamp-shows/dschungelcamp-2012-nachtschatzsuche-mit-micaela-schaefer-und-ailton-1e43b-a386-18-1000288.html

    Ich glaube, im Dschungelcamp sind die Teilnehmer einigermaßen authentisch, die Bedingungen dort sind zu krass, als dass die sich da dauerhaft verstellen können.

    Peleo,
    genau so ist es. Nur im Dschungelcamp ist der Geist wirklich frei. Deshalb berichtet das seriöse Blog Exportabel von nun an ausführlich über das Geschehen.

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  4. Nihilist schreibt:

    Esther Vilar – der dressierte Mann – hat Recht. Männer sind doof und fallen auf Frauen, die ihren Body einsetzen, rein. Das älteste Gewerbe der Welt ist wohl so entstanden.

    Micaela – nein Danke

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  5. genova68 schreibt:

    Ich steh nun mal auf Atombusen.

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  6. Nihilist schreibt:

    Tja, aus dem Alter, dass ich auf solche körperlichen Merkmale achte, bin ich raus. Es gibt wichtigere Merkmale in einer Beziehung.

    Schönheit vergeht irgendwann immer, und wenn dann noch diese Silikonprobleme …

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  7. Nihilist schreibt:

    Da fällt mir noch etwas ein. Lange her. Ein Witz. Im Soziologieunterricht wird eine attraktive aber schüchterne Studentin gefragt, wieviele Stellungen sie kenne. Aus dem Hintergrund eine männliche Stimme immer wieder 135. Die Frau antwortet, na eine, die normale, daraufhin die Stimme 136.

    Der Witz ist mir mal eingefallen, als ich einen Artikel in einer Illustrierten gelesen habe, da ging es auch um Stellungen. Einer hatte die „richtige Antwort“, es gibt nur eine, entweder man(n) ist drin oder eben nicht.

    Was nützen dann so „Bilder“ von aufgetakelten Frauen, denn mehr ist das in meinen Augen nicht. Reales Leben ist wichtiger, solche Sendungen dienen nur dem Voyeurismus. Peinlich sich so als Voyeur zu outen.

    ;-P

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  8. Observator schreibt:

    Die neue Familienministerin?

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  9. InitiativGruppe schreibt:

    Eine gute Beobachtung, genova – ich werd mir das Dschungelcamp trotzdem nicht anschauen. Aber ich drück mal der Micaela die Daumen – soweit hast du mich reingezogen und überzeugt.

    Als 15jähriger wär ich richtig heiß auf dieses Theater gewesen, während mein Vater es mir strikt verboten hätte, sowas anzuschauen, und mich in mein Zimmer eingeschlossen hätte, wenn er hätte befürchten müssen, ich würde es bei einem Freund oder Nachbarn anschauen. Mein Vater war eben noch ein wahrhaft Konservativer, der seinen Sohn vor der Sittenverderbnis zu bewahren versucht hat.

    Und heute? Gibt es sowas nicht mehr. ALLES ist zugänglich. Auch für Kinder. Der Unterhaltungsalltag wird vollgemüllt mit Perversionen.
    Was für eine Revolution! Möglicherweise die größte, die einschneidendste Kulturrevolution, die jemals ein Teil der Menscheit erlebt hat.

    Wir wissen noch nicht, was dabei am Ende herauskommt. Kontrolle darüber haben wir keine. Wir machen unglaubliche Experimente mit uns selber – und scheinen uns dessen kaum bewusst zu sein.

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  10. genova68 schreibt:

    Ich weiß nicht so richtig, was ich von dem Dschungelcamp halten soll, ich habe mich bis dato nie damit beschäftigt. Die üblichen kulturkonservativen Argumente gegen das Camp halte ich für scheinheilig. Ekel ist natürlich eine Kategorie,die lockt. Ist doch spannend, zuzugucken, wie jemand zurechtkommt, dessen Kopf in einem Eimer Kakerlaken steckt. Oder eine Raupe lebendig zu essen, da gucke ich schon ganz gerne zu. Das sind Splattermovies auf authentisch, und letzteres ist das ja. Jetzt kommt sicher ein Bildungsbürger und erzählt, man könne doch im Dschungel etwas mit Geschicklichkeit oder Wissen machen, so wie Tarzan, weniger mit Ekel. Aber in Gesellschaften, in denen wesentlich industriell zugerichtet konsumiert und gespeist wird, ist der Lebendraupenverzehr innovativ.

    Wie auch immer, jedenfalls ist Micaela jetzt rausgewählt worden. Oder auch nicht, wer kann die Zahl der Anrufer schon nachprüfen.

    Die Beziehungen zwischen den Teilnehmern waren interessant, vor allem die Zurichtung des Senders diesbezüglich. Micaela ist eine ziemlich interessante und, wie ich finde, respektable Figur. Sie ist ein schönes Beispiel für den meist dummen Gebrauch des Begriffs „dumm“. Sie wird ja von RTL-Zuschauern wie auch von der Bildzeitung gerne als dumm hingestellt, also von Kompetzenzen, die bei dem Thema besser den Mund halten sollten. Im Dschungel jedenfalls brachte sie soviel Kompetenz mit, dass sie bis kurz vor Schluss drinblieb und von den beiden Moderatoren, die normalerweise Gift und Galle spritzen, das Kompliment bekam: „Du bist wohl unterschätzt worden.“ Es war eine ziemlich ausgeprägte Sozialkompetenz, sie war die einzige, die keinen Streit angefangen hat, über niemanden gelästert hat (im Gegensatz der anderen über sie), was in diesem Camp sicher eine herausragende Leistung darstellt.

    Sie ist nicht gebildet, das ist sehr gut möglich. Aber in Bolognazeiten und in solchen, in denen die Bildungspostille „Die Zeit“ wöchentlich versucht, riesige CD-Sammlungen mit angeblichen Allgemeinbildungsanforderungen kostenpflichtig unter die Bildungswilligen zu mischen, ist mir eine Micaela lieber, weil sie von solch einem oberflächlichen Blödsinn gar nicht erreicht wird.

    Micaela Schäfer statt Giovanni di Lorenzo!

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  11. genova68 schreibt:

    Tja, aus dem Alter, dass ich auf solche körperlichen Merkmale achte, bin ich raus.

    Mein Beileid.

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  12. Nihilist schreibt:

    Nun, ich bin eine Mischung aus Stoiker und Epikureer.

    Von den Stoikern – Tugend, Logos, Sozial
    Von den Epikureer – Kein Gott, sterbliche Seele, kein letzter Sinn

    dazu frei nach Nietsche – die meisten die sich Mensch nennen sind noch mehr Tier – den Trieben nach …

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  13. genova68 schreibt:

    Du bringst hier ziemlich üble Vergleiche und merkst das nicht mal. Ich werde von dir nebenbei vom Menschen zum Tier abgewertet, weil mir körperliche Merkmale bei Frauen nicht unwichtig sind. Nihilist, du bist ein Technokrat der härtesten Sorte, da wird mir gruselig.

    Mal ehrlich: Willst du diesen Krempel künftig nicht woanders posten? Ich habe jedenfalls an sowas keinen Bedarf.

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  14. Yunus schreibt:

    Leider ist sie es letztendlich doch nicht geworden, weil die Zuschauer doch mehr auf überdrehtes „Oh-mein-Gooootttt“ Brigitte-Nielsen-Entertainment stehen.
    Aber sie hätte es verdient im Finale zu stehen.
    Außer Rocco, Kim und sie konnte man den Rest eh vergessen.

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  15. genova68 schreibt:

    Endlich mal ein Fachmann hier im Blog.

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  16. Laura schreibt:

    Eins muss man Micaela wirklich lassen, durchgebissen hat sie sich. Ob das nun gleich Vorraussetzungen für das Amt des Bundespräsidenten sind, belächele ich einfach mal ;) Denke das Kasperletheater in Berlin reicht ja schon, oder? ;)

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  17. genova68 schreibt:

    Ja, sie hat sich durchgebissen, und das nicht nur durch lebendige Raupen. Und ich bleibe dabei: Micaela for President! Und sie muss nicht mal lernen, mit einem Gardena-Viereckregner zu hantieren, da sie in einer Einzimmerwohnung lebt.

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  18. corner schreibt:

    micaela ist so eine tolle frau

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  19. genova68 schreibt:

    Finger weg!

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  20. corner schreibt:

    ich liebe micaela so sehr

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  21. Manfred Richter schreibt:

    da ja „schlimmer als gauck“ nicht geht, kanns meinetwegen auch die micaela machen.

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  22. neumondschein schreibt:

    Jetzt ärgere ich mal den genova, ätsch:

    #querfront !!!

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  23. genova68 schreibt:

    Du hast recht, ich hab mich gerade sehr geärgert. Allerdings sagt die bezaubernde Micaela in dem Interview auch, dass sie erst auf Männer ab 50 steht. Deshalb drücke ich in ihrem Fall ein Auge zu.
    Bei Jebsen merkt man übrigens klar und deutlich, dass er die ganze Zeit einen Ständer in der Hose hat.

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  24. Jakobiner schreibt:

    Genova ist so der typiusche Trashlinke, der auch noch in dem letzten Exkrement des Pakitalismus dann doch wieder was Subversives, Authentisches, Ehrliches, Popkulturell- gesellschaftskritisches reininterpretieren will.Also, Seriöses oder gar Politisches hat sie nie gemacht, eine reine Selbsdarstellerin, die sich selbst promoten wollte und mit ihrer Geschäftshoffnung Schiffbruch erlitten hat, da es schon genug solchen Schrott inflationär gibt, nicht mal youtuberin und wie dieser neudeutsche influnecerscheiß sonst heißt ist sie geworden. Und wenn sie wegen Relevanz aus Wikipedia gestrichen wird, gibt ihr Genova Raum und versucht da mit diesem üblichen „Authentizätäts“-Gerülpse noch was positiv zu finden. Dann lieber Greta oder Srah, die finde ich gesellschaftlich relevanter, erfolgreicher und auch erwähnenswerter.

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