Andrea Seibel: Mein Gott, wie kompliziert!

Gibt es interessante Biographien von uninteressanten Leuten? Ja, zumindest eine: die von Andrea Seibel. So heißt die stellvertretende Chefredakteurin der Welt. Die Frau ist mir vor ein paar Wochen aufgefallen wegen dieses Kommentars.

Ich will mich gar nicht weiter inhaltlich darüber auslassen. Kurzversion: Frau Siebel fordert darin eine Staatsquote von zehn bis maximal zwanzig Prozent, erklärt aber natürlich nicht, wo gespart werden soll, sondern begründet das religiös: Das mit dem Zehnten steht doch schon in der Bibel, kann also nicht falsch sein. Und dann fragt sie: „Wollen wir umverteilen bis zum umfallen?“ Denn: „Aus dem Freiheitsstaat ist ein Sozialstaat geworden“.

Solche Artikel sind in gewisser Weise faszinierend, erlauben sie doch einen Einblick in die Märchenwelt ihrer Autoren. Sloterdijk lässt grüßen. Aber dazu wurde genug gesagt.

Interessant ist immerhin folgender Satz:

„Wenn das Leben in unseren modernen Gesellschaften immer komplizierter wird, dann müssen die Gesetze und Regeln, muss das Recht einfacher werden.“

Aha. Lustiger Zusammenhang. Eine nette bedingende Aussage, die Frau Seibel wahrscheinlich irgendwie logisch findet. Es verrät ein wenig darüber, wie einfach solche Leute denken. Die Frage, warum das Leben komplizierter wird, stellt sich in diesen Kreisen nicht. Das hat wahrscheinlich Gott so eingerichtet, ähnlich wie der Zehnte, daran rüttelt man nicht.

Wie wird man so wie Frau Seibel? Ihr Werdegang lässt aufhorchen. Auf eine gewisse Weise ist er banal, aber nicht nur: Sie wurde in der Nähe von Speyer geboren und das Tollste dort ist ihrer Meinung nach – man ahnt es – der Dom. Dann wurde sie Lehrerin in der Berliner Gropiusstadt und seitdem findet sie Beton – man ahnt es – doof. Wie originell. Dann aber arbeitete sie dreizehn(!) Jahre bei der taz, dann noch ein bisschen bei Küppersbusch und jetzt schreibt sie Bullshit in der Welt.

Wie kommt man zu solch einer atemberaubenden Neuorientierung? Sicher gibt es eine Menge Journalisten, die von der taz zum Spiegel gehen und dann auch anders schreiben. Aber vom linksalternativen Meinungsjournalismus zum vulgärneoliberalen und religiös gewickelten Geplapper ist es doch ein weiter Weg.

Sicher hat es auch mit der wesentlich besseren Bezahlung bei der Welt zu tun. 150.000 Jahresbrutto gegen 25.000 sind für manche exakt 125.000 Argumente pro Welt. Aber ist diese Form der Korruptheit die einzige Erklärung? Oder wollen sich solche Leute endlich mal befreien, endlich die Last sozialer Argumentation abwerfen, endlich sich nicht mehr um andere kümmern, endlich mal die Sau rauslassen? Oder ist es die Lust an einfachen Denkstrukturen, die ja in der Tat nicht so viel Arbeit machen.

Vielleicht ist es so: Wenn das Leben in modernen Gesellschaften immer komplizierter wird, dann muss das Denken immer einfacher werden. Das ist ein wenig wie bei Luhmann, der den Eindruck von Freiheit auch von der „Unerkennbarkeit der Ursache von Freiheitseinschränkungen“ abhängig machte

Eine Art Schadensabwicklung der neuen Unübersichtlichkeit. Gott sei Dank sieht Frau Seibel den Dom schon von weitem. Da weiß man noch, was man hat.

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19 Antworten zu Andrea Seibel: Mein Gott, wie kompliziert!

  1. T.Albert schreibt:

    Ich bin immer wieder ergriffen von diesem „biblischen“ Steuervorschlag, koranisch ist der auch. Was diese Leute wollen, ist ein fundamentalistisch verstandenes Zakat-System, über den Zakat hinaus keine Besteuerung, nur Almosen.
    Ich frage mich schon länger, was diese islamophoben Liberalen gegen Radikalislamisten haben. Ich sehe den Unterschied kaum noch.
    Die Privatisierung des Krieges betreiben sie auch, damit sie nicht selbst in Verlegenheit geraten.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Zakat

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  2. hartmut schreibt:

    ich halte das schon seit langem für das ühänomen endlich-mal-die-sau-rauslassen-dürfen. interessant daran finde ich die von keinerlei realitätskontakt mehr berührte aggressivität, die diese leute an den tag legen.

    ich verwette ein monatsgehalt (ist bei weitem nicht so hoch wie ihres): wenn ich diese meinungsmulm-tante vor 15 jahren kennen gelernt hätte, hätte sie mich mit schwungvoller links-moral zum linksliberalen spießer gelabelt.

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  3. genova68 schreibt:

    Oder zum neoliberalen, wer weiß. Vielleicht war sie damals noch linksextrem. Manche dieser Leute lieben ja vor allem die Extreme.

    Frau Seibel war bei der taz übrigens fünf Jahre für die Meinungsseite verantwortlich. Vielleicht rührt daher ihr Bedürfnis, meinungsstark daherzukommen, egal wie absurd die Meinung ist. Hauptsache Meiung, und das ist ja nicht die schlechteste Einstellung in der Aufmerksamkeitsökonomie. Immerhin beschäftigen sich schon Blogs mit der Dame.

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  4. hanneswurst schreibt:

    Seid doch froh, dass Frau Seibel ihre Meinung so deppert abgibt, dass man nicht weiß, ob es sich um eine Satire handelt. Man kann den konservativen Kapitalismus auch ohne diesen typisch deutsche, verschwurbelte, hinterfotzige pseudo-ethische Begründungsmodus loben. Kleiner Ausflug zur Dark Side gefällig? Es lohnt sich wirklich:

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  5. genova68 schreibt:

    Danke für den Hinweis. Frau Seibel hat sich klar positioniert. Meinungsstärke, das zählt ja heute. Seibel kommt mir so vor wie der deutsche Arm der Teaparty. Völlig sinnlose Argumente, aber man bezieht immerhin radikal Position und pflegt Feindbilder. Obama ist Hitler und der arme Mappus wird „erpresst“.

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  6. Schreiberling schreibt:

    omg, habt ihr schon mal was von Sarkasmus, Ironie und dem Stilmittel der Übertreibung gehört? Das ist, vor allem bei Meinungsartikeln das, was man zwischen den Zeilen liest. Frau Seibel beherrscht das. Ihr nicht. Deswegen ist sie ja auch stellvertretende Chefredakteurin – und nicht ihr! Ätsch! Und jetzt viel Spaß beim weiterbashen. Welt Online freut sich bestimmt, wenn ihr weiterhin das Suchmaschinenranking positiv beeinflusst, indem ihr brav auf WeltOnline-Artikel verlinkt… :D

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  7. genova68 schreibt:

    Ach, das war alles ironisch gemeint? Na, da bin ich ja beruhigt. Ich dachte schon, die meint das ernst.

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  8. InitiativGruppe schreibt:

    Ich hab’s nochmal gelesen, hab überlegt, wirklich, ist da Ironie drin? Was zum Teufel steht da zwischen den Zeilen? —-
    Dann hab ich plötzlich lachen müssen!
    Nicht Seibel hat’s ironisch gemeint, natürlich, klar doch, schreiberling spielt sein Spiel mit uns — und ich bin reingefallen.

    Es gibt destruktive Typen, die fragen sich nur eins, wenn sie was Seriöses lesen, das ihnen nicht passt: Wie kann man da stören? Wie kann man da Konfusion erzeugen?

    Aber am Ende helfen sie damit den Wahrheitsorientierten dabei, aufmerksamer und umsichtiger zu werden.

    Wer weiß, vielleicht verliere ich altersbedingt allmählich meine Ironiekompetenz? Also, möchte mich jemand beschämen — und mir zeigen, was Frau Seibel da zwischen den Zeilen ironisch kritisch GEGEN Mappus & S 21 vorbringt?
    Schenkt der WELT ruhig noch ein paar hits fürs Suchmaschinenranking, auf die paar kommt’s auch nicht an!
    (Vielleicht kriegt der schreiberling dafür sogar Prozente?)

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  9. genova68 schreibt:

    Wenn man bei google „Andrea Seibel“ sucht, steht dieser Blogartikel tatsächlich auf Platz zwei, dadurch ist er einer der meistgelesenen Artikel meines Blogs. Das dürfte Welt-Online angesichts der Relation der Page Impressions nur sehr begrenzt freuen, die Andrea aber doch ärgern.

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  10. genova68 schreibt:

    Frau Seibel hat mal wieder zugeschlagen:
    http://www.welt.de/debatte/kommentare/article11526964/Deutschland-ist-wie-ein-traeger-fetter-alter-Hund.html

    Ich kriege das mit, weil immer dann, wenn Frau Seibel wieder zuschlägt, viele Besucher meines Blogs diesen Artikel da oben via google ansteuern. Und das ist wohl der Grund für den objektiven Blödsinn, den Seibel verzapft: Sie bekommt Aufmerksamkeit, weil sie provoziert, und außerdem hält sie die Radikalliberalen von Schlage „eigentümlich frei“ bei der Stange, sprich, als Leser bei der Welt.

    Seibel kann man diese Art von Dummheit attestieren, die auch bei der Tea-Party-Bewegung auffällt: Das neoliberale Konzept ist als eines für eine bessere Befindlichkeit der Massen erkennbar gescheitert, und genau deshalb wird schlicht seine Verschärfung gefordert. Prinzipiell hat es was vom totalen Krieg, dessen Ausrufung ja auch beklatscht wurde. Die Auseinandersetzung mit Seibels Geplapper ist praktisch unmöglich, weil nur Behauptungen aneinandergereiht werden, ohne jede Begründung.

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  11. hanneswurst schreibt:

    Ich vermute weiterhin, dass es Frau Seibel gar nicht gibt. Falls doch, dann ist sie das weibliche Pendant zu Darth Vader, denn wer irgendwann in der Mitte seines Lebens so viel Schleiße von sich gibt, der kann im Alter nur erlöst werden. Welche Demütigungen musste wohl eine arme Frau durchleben, damit sie irgendwann solche weltabgewandten Sätze wie diesen von sich gibt:

    Und so sind die Deutschen sogar mehrheitlich gegen Steuersenkungen, weil sie der eingleisigen und wirtschaftsfernen Politik Glauben schenken, man müsse erst die Schulden abbauen, bevor man sich mit anderen Dingen beschäftigen könne.

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  12. genova68 schreibt:

    Das mit der Mitte des Lebens ist nun eine arg spekulative Behauptung. Wer würde diesen Sachverhalt zweifelsfrei von sich behaupten wollen? Wahrscheinlich nicht einmal Frau Seibel.

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  13. Pingback: Das wahre Gesicht der Linkspartei « Exportabel

  14. machsgut schreibt:

    Ich habe gerade einen Artikel von dieser besagten Person über Nordkorea, Irak, Iran und George Bush jr. gelesen. Mir wurde fast schlecht dabei. Also habe ich das erste mal bewusst nach dem Autor gegoogelt, um mich zu informieren, was diese Frau wohl für ein Mensch ist. Nach einiger Recherche kann ich Dir nur zustimmen. Diese Frau hat absolut keinen Sinn für Logik und Zusammenhänge. Ich würde sie nicht als Journalistin bezeichnen wollen. Das einzige was sie macht ist, Bilderberger-Thesen schreiben und abdrucken. Passt ja zur WELT.

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  15. genova68 schreibt:

    Ja, die Frau wird wohl gut bezahlt und füllt mir ihrem Nonsens eine Leerstelle im Meinungskarussel. Und wenn jemand nach ihr googelt, und sei´s auch nur aus Empörung, dann hat sie einen guten Job gemacht.

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  16. genova68 schreibt:

    Andrea Seibel hat wieder einen losgelassen. Einen bemerkenswerten Artikel, meine ich. Derzeit suchen die Leute sie bei google via der Anfrage „Andrea Seibel rechtsschwenk“. Dass die ohnehin rechte Andrea nun auch noch nach rechts schwenkt, hm, müssen wir uns Sorgen machen?

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  17. genova68 schreibt:

    Frau Seibel scheint keinen Urlaub zu machen, sie veröffentlicht auch im Sommerloch, dieses Mal über mangelnden Nationalstolz:

    http://www.welt.de/debatte/kommentare/article118933520/Wir-Jammerlappen-auf-der-Insel-der-Seligen.html

    Dankenswerter Weise hat das Erwerbslosen-Forum Deutschland ein paar Artikel von Seibel zusammengestellt, vielleicht braucht jemand ja einmal Belege:
    http://www.elo-forum.org/news-diskussionen-tagespresse/114530-jammerlappen-insel-seligen.html#post1465478

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  18. Und jetzt auch Propaganda ... Na Mahlzeit du Kriegstreiberin Seibel!!! schreibt:

    Hellseherische Fähigkeiten hat die Frau Seibel ja auch. Für Sie ist der Krieg in der Ukraine schon vorbei!!! Ausserdem hat Sie ALLES unterwürfig verdreht in ein hübsches Propagandatuch nach dem Wunsch der USA. Vielleicht wechselt Sie ja bald nach Übersee. Hoffentlich!!! http://www.welt.de/debatte/kommentare/article130844081/Putin-und-seine-Schergen-haben-den-Krieg-verloren.html

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