Kölner verprügelt, weil er Kölsch wollte

Es ist ein Wahnsinn: Der Düsseldorfer Express titelt:

In der Altstadt: Kölner verprügelt, weil er ein Kölsch wollte.

Die Geschichte ist wie aus dem Bilderbuch. Der Kölner bestellt in Düsseldorf ein Kölsch, was es da nicht gibt und womit man sich, so die Legende, sofort den kollektiven Zorn der Düsseldorfer zuzieht. In Köln funktioniert das gleiche mit einem Alt. Es ist eigentlich genial, besser kann man das Klischee nicht bedienen. Ich bin von dieser Zeitung fasziniert. Bild ist seriös dagegen.

Der Schock kommt auf Seite 2. Diese sinnlose Fehde zwischen Düsseldorf und Köln wird hier angeheizt. Der Mann „hätte wissen müssen, was er tut„. Klar, das ist alles witzig. Aber es wird ERNST genommen von den Lesern, das Schema wird unterstützt. Wir Düsseldorfer, wir halten zusammen und zeigen den Kölnern, wies läuft. Das Verhaltensmuster ist das gleiche wie beim Rassismus. Es werden Unterschiede, die keine sind, zum Prinzip erhoben, gegen dessen Verletzung alle Mittel erlaubt sind. Übertrieben? Ich will kein Spielverderber sein. Aber solche Teile zeigen herrschende Denkschemata in dieser Gesellschaft, unterstes Niveau. Da kann ich mich zwar drüberstellen, das als Trash bezeichen, mit Schlingensief vergleichen und locker bleiben. Aber das ist nicht Schingensief. Und das Publikum ist ein völlig anderes. Und Dutschke ist lange her, aber was hat sich seitdem geändert?

Den Express habe ich gekauft, weil es die Süddeutsche an drei Tankstellen nicht gab. Sowieso ein prägnantes Bild: 100 Zigarettensorten und drei Zeitungen: Rheinische Post, Bild, Express.

Interessant wäre noch gewesen, sich in Köln den Kölner Express zu besorgen. Hatten die die gleiche Titelgeschichte? Wäre möglich, nur dass sie den Fortsetzungsteil auf der letzten Seite umbasteln müssten: Die bösen Düsseldorfer schlagen unseren Kölner Jung, nur weil der das beste Bier der Welt trinken wollte und das schale Alt nicht runterkriegt. Im Übrigen wäre ich bei der Schlägerei gerne dabeigewesen. Wahrscheinlich schon ein guter Jux, wenn sich dieser Lokalpatriotismus entlädt. Das ist ja eine Mischung aus diesen althergebrachten und gut gepflegten Ressentiments und der Haudrauf-Laune, die sich an Karneval in Deutschland so mit einstellt. Nicht nur an Karneval, generell dann, wenn das Kleinbürgertum betrunken ist. Die Aggressivität rauslassen.

So stellt man übrigens nach Ansicht der Düsseldorfer Kölsch her:

Koelsch_gebraut

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5 Antworten zu Kölner verprügelt, weil er Kölsch wollte

  1. Andi schreibt:

    Die Grafik wird auch für bzw. „gegen“ andere Biersorten verwendet. Ich kenne sie u.a. über Schwaben Bräu/Stuttgart. Ist aber sicher schon 15 Jahre her, dass ich die mal gesehen habe…

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  2. genova68 schreibt:

    Die Grafik ist so austauschbar wie die Klischees, die dahinterstehen.

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  3. InitiativGruppe schreibt:

    Was würde in München passieren, wenn ein Kölner hier bei uns ein Kölsch bestellen würde?
    Also, als Bedienung würde ich ein Schnapsglas nehmen und mit „unserem“ Bier gefüllt servieren … mir selber auch gleich eins mit … und den Gast dann auffordern: „Ex!“
    Da Kölner Humor haben (= positives Vorurteil von Münchnern über Kölner), wird er’s mir nicht übel nehmen.

    Zwischen Düsseldorfern und Kölnern machen wir hier keinen Unterschied. Wir wissen normalerweise auch nicht, ob man rheinabwärts erst an Köln oder erst an Düsseldorf vorbeifährt. Wenn wir an Köln vorbeikommen, erkennen wir die Stadt natürlich souverän am DOM! Jede andere größere Stadt am Rhein könnte dann Düsseldorf sein.

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  4. genova68 schreibt:

    Du erkennst Duesseldorf vom Rhein aus gesehen daran, dass das Stadtpanorama sehr schoen ist, viel schoener als das von Koeln: Rheinpromenade, Medienhafen, Mannesmannhaus, dahinter Thyssen, das macht schon was her (sage ich nicht als Lokalpatriot, sondern als ehrliche Anerkennung).

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  5. InitiativGruppe schreibt:

    Ich seh schon, ich muss mich für meine bajuwarische Ignoranz entschuldigen. Wir kennen uns halt im Ausland nicht so gut aus. Aber mein ästhetisches Vorurteil gegen Düsseldorf hast du zertrümmert. (Im Geiste geht das, ohne dass man eine atomare Kettenreaktion befürchten muss – oder erhoffen darf …)

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