Herfried Münkler: Die Angst der FAZ vor linksextremen kotzenden Tätowierten

Eine Friederike Haupt schreibt in der FAZ ein langes Stück über ein paar Zuhörer einer Vorlesung des Politologen HerfriedMünkler, der an der Humboldt-Uni in Berlin lehrt. Tenor des Artikels: Linksextremistische Meinungsterroristen verbreiten Angst und Schrecken unter den Professoren.

Worum geht es? Anonym bleibende Zuhörer der Vorlesung („Politische Theorien und Ideengeschichte“) analysieren in einem Blog deren Inhalte und kritisieren den angeblichen Sexismus und Rassismus des Profs. Das Verharren in der Anonymität halte ich angesichts der realen Hierarchien für nachvollziehbar und angemessen. Die Vorwürfe mögen zutreffend sein oder nicht, ich sitze nicht in der Vorlesung, kann es deshalb nicht beurteilen. Völlig abstrus ist jedoch, was Frau Haupt daraus macht.

Auszüge aus dem Artikel:

Anonyme Gruppen wollen Wissenschaftler an der Humboldt-Uni in Berlin einschüchtern. Sie streuen üble Gerüchte im Netz, schon mehrere Dozenten haben ihren Zorn abbekommen. […]

Die anonyme Kritik der vergangenen Monate wirkt. An der Humboldt-Universität hat man Angst […]

Was bedeutet die Angst für einen Ort, an dem junge Menschen das Denken lernen? […]

Die Angst ist so groß, weil die Angreifer sich jederzeit ein neues Ziel suchen können. Und weil man ihnen nicht entgegentreten kann. Nach den Maßstäben der Angreifer ist fast jeder Hochschullehrer in Deutschland ein Rassist […]

„Münklerwatch“ ist eine neue Stufe der Kontrolle: jede Woche ein neuer Eintrag.

Schön absurd wird es kurz darauf:

Berlin ist der Ort in Deutschland, an dem es zum guten Ton gehört, extrem zu sein. Viele Berliner leben natürlich auch brav vor sich hin, lassen sich tätowieren und halten das für extrem. Andere gehen 30 Stunden lang in den Club und kotzen danach in die Bahn.

Was hat das mit dem Thema zu tun? Es soll wohl suggeriert werden, dass in Berlin außer den Professoren jeder und alles „extrem“ ist und damit ein weiterer Beleg für die extrem und vor somit naturgemäß linksextrem beherrschte Hauptstadt. Sind das dort nicht die, die jedes Jahr Milliarden aus dem Länderfinanzausgleich abgreifen und dafür 30 Stunden feiern gehen und danach kotzen? Unser schönes Geld in linksextremen Auswurf verwandeln? Oder hat Münkler Angst, in der Kotze auszuruschen?

Um es kurz zu machen: Es ist die x-te rechte Projektion vermeintlicher linker Übermachten in diesem Land. Das läuft analog zum schwulenhassenden Kollegen von Haupt, Jasper von Altenbokum, der jedem, der sich heute noch als heterosexuell outet, großen Mut attestiert. Auf der einen Seite ein paar Leute, die einen kleinen Blog mit vermutlich geringer Reichweite betreiben und dort das Geschäft der Kritik betreiben, berechtigt oder nicht, aber auf den ersten Blick auf vernünftige Art. Auf der anderen Seite ein hochdekorierter Politologe mit einem Lehrstuhl auf Lebenszeit, egal, was er leistet, mit großer Präsenz in den Medien und damit ganz realer gesellschaftlicher Macht. Ein in vielerlei Hinsicht privilegierter Mensch.

Friederike Haupt stellt die realen Verhältnisse exakt spiegelverkehrt dar.

Der Professor zittert jetzt also vor Angst, wird auf einer neuen Stufe kontrolliert (Jede Woche ein Eintrag!! Orwell!!) und ist komplett eingeschüchtert. Jeder muss Angst haben, denn die Angreifer können sich jederzeit ein neues Ziel suchen! Und wenn sich Münkler aus der Uni traut und auf die Straße geht, wird er von umherkotzenden Tätowierten zum Schweigen gebracht. Schlimmer noch: Junge Menschen können das Denken nicht mehr lernen! Denn das klappt nur, wenn der Lernende seine Klappe hält und zum Prof ehrfürchtig aufschaut. Unter den Talaren… Bemerkenswert auch die Meinung Haupts, dass Münkler der Kritik nicht entgegentreten könne. Wieso nicht? Ist er zu blöd? Hat er keinen Uni-Abschluss? Oder braucht der Wissenschaftler einen Lebenden vor sich, den er anschreien kann?

Der arme Professor kann sich sowenig gegen das Böse wehren wie der PEGIDA-Anhänger gegen das Fremde.

Darüber hinaus hat Haupt auch keine Ahnung von kommunikativen Strukturen größerer Unternehmen: Ein Pressereferent der Uni, den sie während ihrer, hm, Recherche, anrief, will sich in der FAZ nicht zitieren lassen, weil das nicht mit der Pressestelle abgestimmt sei. So läuft das eben, auch eine Universität will die Kommunikation nach draußen kontrollieren. Das passiert nicht nur der Journalistin Haupt. Für sie ist das aber lediglich ein weiterer Beleg für ihre Behauptung, dass der komplette Uni-Betrieb eingeschüchtert ist. Von einem Mini-Blog.

Rechte Jammerlappen.

Haupts Artikel belegt ihre Vorwürfe eher unfreiwillig in umgekehrter Richtung: Sie basht in einer mächtigen Zeitung mit einer Auflage von mehr als 300.000 täglich einen Blog mit einem Eintrag pro Woche, ohne sich auch nur halbwegs ernsthaft mit dessen Argumenten auseinanderzusetzen.

Münkler selbst reagierte nun in seiner Vorlesung und nannte die anonymen Kritiker „erbärmliche Feiglinge“, „Kommunisten der trotzkistischen Internationale“ und vergleicht sie mit der amerikanischen NSA. Ein bemerkenswertes Niveau für einen staatstragenden Politologen, und er gibt einen Einblick in sein Demokratie- und Kritikverständnis: Wer ihn kritisiert, muss sturmtruppenerprobter, aber feiger Kommunist der NSA sein.

Ich warte jetzt auf einen Artikel von Frau Haupt über den bösen linksextremen Blog Exportabel. Dort wurde nämlich schon kritisch über den Regierenden Bürgermeister in Berlin und über Angela Merkel berichtet. Beide trauen sich seitdem nicht mehr aus dem Haus und sind eingeschüchtert. Und jetzt kritisiere ich anonym die FAZ! Die Redaktion lebt ab heute in großer Angst.

Ich habe auch schon mal gekotzt. So ist das halt im extremen Berlin.

P.S.: Hier ist der Münkler-Watch-Blog.

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15 Antworten zu Herfried Münkler: Die Angst der FAZ vor linksextremen kotzenden Tätowierten

  1. Annika schreibt:

    Tränen gelacht! Es geht doch nichts über beflissene Bedenkenträgerinnen und ihre unfreiwillige Komik.

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  2. summacumlaudeblog schreibt:

    Zunächst nicht ganz ernst: Der Mann heißt Herfried mkit Vornamen. Wie kommst Du auf Herwig? (hähem)

    @“Um es kurz zu machen: Es ist die x-te rechte Projektion vermeintlicher linker Übermachten in diesem Land.“

    Die Haltung, die „Linken“ beherrschen die Medien kann ich mittlerweile nur als psychopathologisch verstehen – im Sinne eines Verschwörungswahns. Wer so jenseits der Realität redet, muß mir erklären, wie es zu 16 Jahren Helmut Kohl und zu immerhin 10 Jahren Angela Merkel kommen konnte. Wegen der linken Mediendominanz? Herr Psychiater übernehmen Sie…..

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  3. genova68 schreibt:

    Annika, danke, ich habe beim Verfassen des Artikels auch gelacht. Machte mir das Schreiben keinen Spaß, würde ich es hier lassen.

    Summa,
    danke für den Hinweis auf den falschen Namen. Ich habe es korrigiert. (Ach, jetzt fällt mir auch ein, was du mit dem „hähem“ meinst.)

    Die FAZ-Kommentare wie auch die unter einem Artikel des Tagesspiegels zum Thema sind zu schätzungsweise 90 Prozent pro Münkler. Ich habe den Eindruck, dass es da weniger um das Inhaltliche geht als vielmehr um eine Empörung, dass ein in der Hierarchie oben stehender von Leuten weiter unten angegriffen wird. Ein Professor wird es schon wissen, außerdem hat er Preise bekommen und schreibt dicke Bücher.

    Die Zeit setzt sich inhaltlich recht differenziert mit dem Watchblog auseiander:

    http://www.zeit.de/kultur/2015-05/herfried-muenkler-rassismus-debatte/komplettansicht

    Bemerkenswert ist generell, welch Echo dieser Miniblog erfährt. Das zeigt, dass da irgendetwas Erwähnenswertes angeschnitten wurde. Es geht ja immer um Aufmerksamkeitsökonomie. Von 1000 Blogs werden 999 ignoriert. Warum wird ausgerechnet der Watchblog so breit rezipiert? FAZ, Zeit, Tagesspiegel und vermutlich viele andere Zeitungen berichten an prominenter Stelle darüber. Eigentlich absurd. Teil des Kulturkamps.

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  4. rutzel schreibt:

    „Münkler-Watch gehört eigentlich zu einem an den Universitäten grassierenden Phänomen, das ich mal so als Sprachüberwachung bezeichnen würde: Ist der Wortgebrauch korrekt? Mich erinnert das letztendlich an ein Grundmuster in der Französischen Revolution: Erst versucht man, gegen Verhältnisse aufzubegehren und rebelliert gegen Verhältnisse, dann kommen die Tugendwächter à la Robespierre und überwachen gewissermaßen die Reinheit des Denkens.“ http://www.deutschlandradiokultur.de/muenkler-watch-persoenliche-diffamierung-ist-nicht-in.976.de.html?dram%3Aarticle_id=319798

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  5. summacumlaudeblog schreibt:

    Schon richtiges Runzel sagt, der“Zeit“-Artikel geht gut mit dem Phänomen um. Nur: Die Studenten haben – gegensätzlich zu Robespierre – nicht wirkliche Macht, nur eingebildete. Deswegen verwahre ich mich gegen die Behauptung, die „Linken“ würden die Medien beherrschen. Argument siehe oben. Kohl und Merkel als Kanzler (jahrzehntelang!) wären nicht erklärbar.

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  6. summacumlaudeblog schreibt:

    Scheiße, mein Sprachüberwachungsprogramm (sic!) auf dem Tablet hat mir einen Streich gespielt. Erster Satz sollte heißen: Richtig, was Rutzel hier sagt.

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  7. Annika schreibt:

    Die erste Version des ersten Satzes hat aber auch Charme :)

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  8. besucher schreibt:

    Ich befürchte letztendlich schadet dieser Münkler-Watch-Blog eher der Kritik an der Sache als er ihr nützt. Was man dort im Zeitartikel für Vorwürfe zu lesen bekommt ist wirklich haarsträubend.

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  9. André schreibt:

    Dass den Watch-Betreibern ihre Anonymität vorgeworfen wird, finde ich dann doch etwas schräg:
    „Ihr seid so dämlich und fühlt euch moralisch überlegen. Wahrscheinlich seht ihr euch noch in eurem Wahn irgendwie in der Tradition mit Rudi Dutschke. Der hat allerdings Gesicht gezeigt und sich drei Kugeln dafür eingefangen – auf euch wartet jedoch viel Schlimmeres:
    Ihr seid enttarnt! Als feige, duckmäuserische Anpasser_innen, Anpisser_innen, Spießbürger_innen mit Unterstrich. Ihr seid nicht mal eine Mottenkugel wert.“

    http://opposition24.de/muenkler-watch-der-tugendterror-der-digitalen-heckenschuetzen/149158

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  10. André schreibt:

    Das geht selbst mir als Nicht-Linker (bin „nur“ Sozialdemokraten-Wähler) zu weit:
    „Die Lust an der Denunziation ist ein Merkmal sozialistischer Grundhaltungen.
    […] Viel lieber nutzen die Klassenkämpfer einen eigens eingerichteten Blog, um aus der Anonymität des Netzes heraus absurde Behauptungen aufzustellen, krude Ableitungen zu führen und erschreckende Denkmuster zu offenbaren.“

    http://opposition24.de/klassenkampf-im-hoersaal-die-verleumdungsfreiheit-linker-extremisten/151348

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  11. besucher schreibt:

    @André betr. Opposition24 : Schimpfender Kleingartenpöbel, die sind ja noch unterirdischer als gewisse PI-Kewilisten.

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  12. summacumlaudeblog schreibt:

    Mein Gott, die würde einem ja jeder Lektor aus dem Roman streichen. Mit der Begründung: Der Kleingartenspießer ist nicht so, wie ihn sich Berlins Mitte vorstellt. Ist er eben doch….
    Ich glaube übrigens, dass Münckler sich für diese „Hilfe“ so richtig bedanken wird.

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  13. Lemmy Caution schreibt:

    In der Ausübung einer gutbezahlten Tätigkeit muss man in diesem Land damit rechnen, dass man schon einmal übel mit gestreckten Bein getackelt wird. Die letzten 24 Monate sagte mir etwa ein Abteilungsleiter vor Publikum, ich wäre nicht in der Lage strukturiert zu denken. Ein wie ich externer Kollege riet mir ebenfalls vor Publikum, ich solle wieder in die Baumschule gehen, wo ich meine Ausbildung erhalten habe. Im letzteren Fall habe ich wirklich etwas dummes gemacht. Ich würd sowas allerdings vor Dritten nicht sagen und der Typ ist ein ziemlicher Spinner. Der erste kürzlich aufgetretene Fall war dagegen völlig haltlos in grotesken Dimensionen. Mittlerweile macht der auf lieb, aber ich verlass das Projekt frühzeitig.
    Natürlich bin ich verletzlich, aber im Grunde halte ich den Klartext auf den Baustellen dieses Landes für gut. Irgendwo hat das auch etwas demokratisches. Und mit diesem Wissenschaftlichkeits-Geschi äh Getue leisten die feinen Herren ihrer Zunft sowieso eher einen Bären-Dienst.

    Manches an der Kritik in diesem watch blog erscheint mir nicht völlig substanzlos. Und der Herr scheint selbst polemisch ziemlich gut austeilen zu können, übrigens ein Merkmal vieler Professoren.

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  14. genova68 schreibt:

    Lemmy,
    der Unterschied ist nur, dass dir das ein Abteilungsleiter sagte und du vermutlich als Freier unter ihm stehst. Das hat nichts zu tun mit der Hierarchie der Münkler-Geschichte. Das wäre der Fall, wenn du eine Putzfrau auf Stundenbasis wärst und der Abteilungsleiter dir sagt, du kannst nicht putzen.

    André,
    dieser Ton ist doch mittlerweile üblich, gerade bei Facebook. Der Hass, die Freude über Ertrunkene, das ist en vogue, auch mit Klarnamen und Bildern. Den Leuten ist das nicht mehr peinlich, weil sie jahrelang abgefüttert wurden mit der Haltung, dass die uns vernichten. Also ist es gerecht, wenn sie vom Meer vernichtet werden. Und dann kommen locker solche Sätze wie die mit der Mottenkugel.

    Mittlerweile gibt es übrigens hunderte von Presseartikeln zu dem watchblog.

    https://www.google.de/?gws_rd=ssl#q=m%C3%BCnkler&tbm=nws&start=10

    Journalisten sind Rudelmenschen. Und Rechtsextremisten wie PI finden das toll, die finden es auch untergräglich, dass Professoren „terrorisiert“ werden. Es ist das Geschäft von Rechtsradikalen, das die Bürgerlichen da betreiben. Und zwar genau WEIL die realen Kräftedimensionen komplett umgedreht werden. Aus Unterprivilegierten werden Beherrscher konstruiert, vor denen alle Angst haben. Das ist eine rechtsradikale Grundkonstante, das Aufblasen des Feindes. Nichts anderes macht die FAZ mit dem oben erwähnten Artikel. Insofern haben die Bogger recht, von wegen „Extremisten der Mitte.“

    Bemerkenswert noch, dass die Autorin Haupt in dem Artikel von einer militanten indimedia-Seite spricht, auf der angeblich kritische Artikel über Profs erscheinen, es in Wahrheit aber eine linke Seite ist, die schon mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet wurde bzw. entsprechend avanciert war.

    Es fällt auf, dass seit dem Tod Schirrmachers die FAZ immer mehr in so eine Art Vor-68er-Haltung zurückfällt. Und objektiv intellektuell niveauloser wird.

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