Warum die Neue Zürcher Zeitung der Dummheit Platz einräumt

Nichts Neues, aber immer wieder verblüffend: Die neoliberale Dauerpropaganda der Öffentlichkeitsarbeiter des Kapitals. Heute: Eric Gujer, immerhin Chefredaktor, wie man in der Schweiz sagt, der Neuen Zürcher Zeitung.

Die NZZ ist grundsätzlich lesenswert, und gerade deshalb überrascht das Niveau von Gujer. Der sorgt sich um die Wirtschaft in Berlin, weil der dortige Senat nun einen Mietendeckel beschlossen hat. Seine Argumentation geht so:

Das Labor des strukturkonservativen Staatssozialismus ist das – wie in den zwanziger Jahren – tiefrote Berlin, wo auf Landesebene ein Bündnis aus SPD, Linkspartei und Grünen regiert. Der Senat verabschiedete deshalb diese Woche einen Gesetzentwurf, der die Mieten auf fünf Jahre einfrieren will. Dieses Vorhaben demonstriert eine von links bis rechts reichende Geisteshaltung, die mit einer beinahe blindwütigen Abwehrhaltung auf Veränderungen reagiert.

Eine Abwehr von schon lange explodierenden Mieten ist also böse, weil man „Veränderungen“ begrüßen muss. Verräterisch der Hinweis Gujers auf die zwanziger Jahre, wo dank dieses „Staatssozialismus“ in Wahrheit massenhaft gute, neue Wohnungen entstanden, dank einer hohen Abgabe der Hausbesitzer – Hauszinssteuer – und staatlicher Interventionen. Gujer hätte es wohl lieber gesehen, wenn die Leute in feuchten Löchern wohnten. In marktkonformen feuchten Löchern. Aber vielleicht ist Gujer einfach ungebildet.

Dann spannt der Kamerad – 56 Jahre alt und seit vier Jahren Chef der NZZ – einen Bogen zu innovativen Unternehmen, die, wegen des Mietendeckels, in Berlin und Deutschland nun nicht entstehen:

Der Mietendeckel ist eine Metapher für Deutschland. Wie der Berliner Altmieter verteidigt das ganze Land seinen Besitzstand gegen die Zumutungen einer sich wandelnden Welt. Die lange Zeit hohen Wachstumsraten schwächen sich ab … Es ist daher nicht ausgemacht, dass Deutschland in zehn Jahren noch genauso gut dasteht wie heute … Vor allem schafft das Status-quo-Denken nichts Neues, kein Facebook, kein Google, keinen Tesla, keine einzige der erfolgreichen Firmen aus dem Silicon Valley. Der technologische und gesellschaftliche Fortschritt wird ausgeschaltet. Ohne ihn wäre Deutschland aber noch immer ein Kaiserreich mit Pferdefuhrwerken.

Die Mietendeckelmetapher steht offenbar dafür, dass der Fortschritt gedeckelt wird, und zwar von den bösen Linken. Merke: Je höher die Mieten in Berlin, um so erfolgreicher wird sich dort die Wirtschaft entwickeln. Wer Mieten deckeln will, will auch Pferdefuhrwerke zurück. Je höher die Miete, um so größer der Fortschritt. Kapitalismusimanent ist das in der Tat so.

Derzeit beliebt bei solchen Leuten ist auch das Argument, der Mietendeckel priviligiere die Altmieter. Das ist argumentativ ungefähr so, als würde man bei zum Tode Verurteilen eine Begnadigung ablehnen, denn die priviligiere jene von denen, die nicht begnadigt werden.

Nicht fehlen darf bei Herrn Gujer naturgemäß der Hinweis auf Venezuela und die DDR.

Der ganze Artikel ist eine einzige Absurdität, was den Gedanken aufkommen lässt, solche Texte künftig kommentarlos auf Kabarettbühnen vorzulesen. Man müsste kein Komma ändern, es passte.

Laut wikipedia vertritt Gujer einen „bürgerlich-liberalen Standpunkt, welcher für die Rechte des Individuums eintritt“. Auch das kann man eins zu eins ins Kabarettprogramm übernehmen.

Ich bin immer wieder erstaunt. Jeder halbwegs talentierte Fünftklässler kann die Argumentation von Leuten wie Gujer auseinandernehmen. Und mir ist die Zeit zu schade, diese Aufgabe hier anzugehen.  Dennoch erscheinen diese Argumentationen in Zeitungen, die in allen anderen Resorts Artikel dieses Niveaus völlig zurecht ablehnen würden. Es erinnert an Nikolaus Piper in der Süddeutschen Zeitung. Geht es um die Kapitalverwertung, ist die Dummheit so willkommen wie grenzenlos. Gujer und seine Kameraden sind Fundamentalisten, religiösen Eiferern nicht unähnlich. Egal, wie blöd das Argument, es muss stimmen, denn es kommt von oben. Wenn Hajek, der Gott der Neoliberalen, behauptet hätte, eins plus eins ergebe drei, dann würde Gujer das ebenfalls behaupten, vermutlich sogar in der NZZ. Die Unbildung, die Dummheit gehören dazu, bei religiösen wie bei neoliberalen Eiferern.

„Strukturkonservativ“ ist übrigens ein gern gebrauchter Vorwurf genau der Leute, die jene Strukturen konservieren wollen, die ihnen die dauerhafte Ausbeutung der Masse ermöglichen. Gerne in blindwütiger Abwehrhaltung.

Besorgniserregend könnte sein, dass Gujer Mitglied im „Gesprächskreis Nachrichtendienste in Deutschland“ ist. Der will „„zu einer konstruktiven und öffentlichen Diskussion über die geheimen Nachrichtendienste sachlich“ beitragen. Hoffen wir mal, dass dort Gujers skurrile Kapital-Propaganda keine Rolle spielt.

Man kann angesichts solcher Ergüsse wie der Gujers immerhin hoffen, dass die Logik der allumfassenden Kapitalverwertung früher oder später zusammenbricht. Wenn das Kapital keine besseren Argumente mehr hat, wird es untergehen, der Situation vor 1789 oder 1989 nicht unähnlich. Wer den Leuten weismachen will, dass nur Mieten oberhalb von 20 Euro den Quadratmeter fähige Kreative anzieht, hat eigentlich nichts mehr zu melden.

Lassen wir also die Gujers, die Köppels und andere – übrigens auffallend oft Rechtsradikale – weiter tippen. Irgendwann richten sie sich damit selbst.

(Foto: genova 2017)

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15 Antworten zu Warum die Neue Zürcher Zeitung der Dummheit Platz einräumt

  1. neumondschein schreibt:

    Don Alphonso geht es gar nicht gut:

    So sieht das die Linksfraktion in Berlin https://t.co/QNsy4suFtd #mietendeckel Und deshalb rate ich zum steuerfreien Verkauf mit Gewinn in Berlin. Lasst sie selbst die Blöden sein. https://t.co/kczQleVR1u pic.twitter.com/3ycp1WkId6— Don Alphonso (@_donalphonso) 21. Juni 2019

    https://platform.twitter.com/widgets.js

    Yo. Laß ma verkaufen! Immer schön alles auf einmal! Dann stürzen die Immobilienpreise prachtvoll ab. Und das viele Geld an der Seitenlinie wartet auf *die* Gelegenheit, um gnadenlos zuzuschlagen, nachdem die Immobilienbesitzer alles verkauft haben. Danach werden sich wieder Pfeffersäcke auf schöne Mietrenditen freuen dürfen. Und nach Ablauf der fünf Jahre auf noch höhere, falls dann immer noch viele gutverdienenende Mieter hinzukommen. Währenddessen steigt der Anteil des Geldes, der für Konsum zur Verfügung steht, weil er nicht mehr für Miete draufgeht.

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  2. genova68 schreibt:

    Danke für den Überblick, neumondschein.

    Man kann den Artikel zwar nicht lesen, da Bezahlschranke, aber der Twitter-Auszug ist lustig. Naja, was will man von Alphonso anderes erwarten? Bei dem ist der Begriff dumm wohl auch angemessen. Wobei: Der ist, ehrlich gesagt, noch dümmer, als ich bislang vermutete. Da werden wildeste Untergangsphantasien mobilisiert. Ein Twitterer kommentiert zu Alphonsens Phantasien :

    Realsozialistische Willkür gepaart mit staatlichem Terror. Das nimmt kein gutes Ende!

    Mietendeckel ist also Willkür und Terror. Das meinen die vermutlich Ernst. Woher kommt diese Massenbeklopptheit?

    Dumme, verhetzte Menschen. Da sieht man mal, was Kapitalismus anrichten kann. Wenn man diesen Leuten sagt, sie sollen arbeiten gehen, wenn sie Geld verdienen wollen, drehen sie schon durch. Die bestehen darauf, dass es andere für sie machen. Das ist vermutlich auch ein Menschenrecht. Grundrecht auf Ausbeutung, und wer das infrage stellt, kommt auf den Scheiterhaufen. Die Berliner Politik rüttelt hier an dem zentralen Moment der kapitalistischen Logik. Sie wird darin nicht besondes erfolgreich sein. Aber schon die Absicht ist für die Alphonsos dieser Welt zuviel.

    Vielleicht ahnen die ja alle, dass sie sie erheblich einschränken müssten, wenn sie auf Ausbeutung verzichteten. Da kann man schon mal grummelig werden. Zumal sie aus der Ausbeutung ihre moralische Überlegenheit beziehen.

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  3. genova68 schreibt:

    Passend dazu: Eine aktuelle Studie über den Wertzuwachs bei Immobilien besagt laut Spiegel (Kolumnist Thomas Fricke) folgendes:

    Nach den Schätzungen haben allein die rasant steigenden Immobilienwerte dazu geführt, dass diejenigen, die hierzulande Häuser besitzen, seit 2011 um sage und schreibe mehr als drei Billionen Euro an Vermögen gewonnen haben. Anders gesagt: Die Häuser sind heute über drei Billionen Euro mehr wert als damals.

    Schon das wirkt komplett irre. Zumal so ein Haus ja seither nicht produktiver geworden ist. Und die Besitzer nicht mehr dafür tun als vorher. Außer zufrieden die Preisentwicklung zu verfolgen.

    Um so viel Geld mit richtiger Arbeit statt mit Beobachtung zu erwirtschaften, muss der Rest des Landes ein ganzes Jahr lang malochen. Für Hobby-Ökonomen: Da ist so viel Vermögenswert dazugekommen wie ein jährliches Bruttoinlandsprodukt. Selbst wenn man einrechne, dass auch für Hauseigentümer die Lebenshaltung insgesamt in der Zeit teuer geworden sei, bleibe noch ein Gesamtgewinn von 2,5 Billionen Euro, so die Forscher.

    Man kann zur Veranschaulichung noch eins drauflegen: Würden die Häuslepreisgewinner zwei Drittel des Nominalgewinns an, sagen wir, den netten Herrn Bundesfinanzminister abgeben, hätte Deutschland auf einen Schlag keine Staatsschulden mehr…
    Spektakulärer noch ist, bei wem die Gewinne gelandet sind – oder anders gesagt: bei wie wenigen Menschen im Land. Wie Schularick und Kollegen auf Basis diverser Schätzungen erstmals errechneten, landete etwa die Hälfte des (allein) preisbedingten Vermögenszuwachses bei den (ohnehin schon) reichsten zehn Prozent der Deutschen. Die Top-20-Prozent konnten ihr Vermögen nur durch die wundersam-wunderbaren Wertsteigerungen um die Hälfte vergrößern.

    Drei Billionen, „komplett irre“, nennt Fricke das. Man kann es auch einfach Kapitalismus nennen. Und wie das im Kapitalismus so ist: Wenn jemand arbeitsfrei reich wird, arbeitet jemand anderes für diesen Reichtum. Und der, der arbeitet, muss arm bleiben. Sonst würde der, der nicht arbeitet, nicht reich. Es geht nicht anders:

    Spektakulärer noch ist, bei wem die Gewinne gelandet sind – oder anders gesagt: bei wie wenigen Menschen im Land. Wie Schularick und Kollegen auf Basis diverser Schätzungen erstmals errechneten, landete etwa die Hälfte des (allein) preisbedingten Vermögenszuwachses bei den (ohnehin schon) reichsten zehn Prozent der Deutschen. Die Top-20-Prozent konnten ihr Vermögen nur durch die wundersam-wunderbaren Wertsteigerungen um die Hälfte vergrößern.

    Ein Drama wird daraus, wenn man auf die – vermögensmäßig – untere Hälfte der Bevölkerung blickt. Das halbe Land hat gar kein Haus – und kann deshalb auch nicht von den schönen Preisen profitieren. Hier liegen die geschätzten Immosausen-Vermögensgewinne der vergangenen Jahre nahe Null.

    Schlimmer noch: Die Nicht-Gewinner müssen, wenn wir es auf den Punkt zu bringen versuchen, im Grunde für Glanz und Gloria der Betuchten zahlen – über die derzeit gelegentlich thematisierten monatlichen Mietzahlungen. Die wiederum im Sog der Hauspreise hochschnellen. Nur, dass der Mieter – anders als der Eigentümer – davon nicht so richtig reich werden will.

    Klartext am Ende:

    Kein Teil der Gesellschaft ist durch den Immobilienboom so unfassbar viel reicher geworden als die, die ohnehin schon zu den Reichsten zählten. Und keine Gruppe hat durch denselben Boom so viel an verfügbarem Einkommen verloren als die, die ohnehin schon am wenigsten Einkommen haben.

    Noch Fragen? Das ist komplett irre.

    Asozialstaat Deutschland. Asozial sind naturgemäß auch Merkel und ihr Regierungshaufen. Die Opposition in weiten Teilen auch. Aber das ist ja bekannt.

    Interessant wäre nun noch zu erfahren, ob der NZZ-Gujer den Thomas Fricke auch „strukturkonservativ“ findet.

    https://www.spiegel.de/wirtschaft/service/immobilien-in-deutschland-der-spaltpilz-der-gesellschaft-a-1273361.html

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  4. genova68 schreibt:

    Das Thema Mietendeckel bewegt die Gemüter, weil hier dem leistungslosen Einkommen ein Riegel vorgeschoben wird. Vordergründig wird der „Markt“ gehemmt, aber der Wohnungsmarkt ist nicht mehr vorhanden, sonst gäbe es diese Preisentwicklung nicht.

    Henrik Müller vom Spiegel argumentiert ähnlich ideologisch wie Gujer von der NZZ, aber doch noch vernünftiger. Vor allem spannt er keinen Bogen von den Mieten zur Kreativität.

    Tenor: Der Staat darf nicht in den Preismechanismus eingreifen, denn:

    Was knapp ist, wird teurer. Unternehmen produzieren mehr davon, die Bürger fragen weniger nach. Es gibt keinen eleganteren Weg, Bedürfnisse und Kapazitäten auszubalancieren.

    Die hohen Mieten scheinen „elegant“ zu sein, aber lassen wir solche Peinlichkeiten. Fakt ist, dass die Unternehmen mehr und mehr Wohnungen produzieren, aber nicht zum Wohnen, sondern zur Geldanlage. Diese Eigenschaft des Kapitalismus, also die reine Renditebildung, lässt Müller mal locker weg.

    Auch hier lässt sich fehlende Bildung vermuten. Ansonsten wäre es Vorsatz.

    Lustig sind dann immer solche Argumente:

    Staatliche Sozialleistungen sollen soziale Härten abfedern (Wohngeld, Sozialhilfe).

    Man will ja kein Unmensch sein. Wohngelderhöhungen aber fließen direkt in die Vermietertasche, der damit seine überhöhte Miete staatlich garantiert bekommt.

    Im Weiteren beklagt Müller, dass zu viele Menschen vom Land in die Stadt ziehen. Es ist ein oft gehörtes, aber falsches Argument. Die Leute wohnten früher auf dem Land, weil es dort Jobs gab. Fast jeder war direkt oder indirekt – Schlosser, Schmied, Händler – in der Landwirtschaft beschäftigt. Es gab einen Grund, auf dem Land zu wohnen. Heute ist dieser berufliche Grund weitgehend entfallen. Das einzige berufilche Argument fürs Wohnen auf dem Land ist der Tourismus. Aber Touristen können nicht überall sein. Man zersiedelt die Landschaft, fährt mit dem Auto umher, man zerstört die Natur, der man vorgibt, nahe zu sein. Dazu kommt die Idiotie des Landlebens. Müller sollte froh sein, dass die zurückgeht.

    Dass heute mehr Menschen in Städte ziehen, ist rational und ökologisch sinnvoll. Mobilität und Versorgung sind dort billiger und ökologischer zu organisieren. Vor ein paar Dekaden jammerte man noch darüber, dass die Menschen aus den Städten rausziehen und beklagte den suburbanen Brei, heute läuft die Argumentation andersherum. Bei dem Argument spielt meines Erachtens auch die deutsche Urbanismusfeindlichkeit eine Rolle. Es geht nichts über die eigene Scholle.

    Es ist auch nicht anzunehmen, dass der Mietendeckel nun zu massenhaft verstärktem Zuzug in die Stadt führt. Ein Scheinargument.

    Die Infrastruktur in bevölkerungsrückläufigen Gebieten auszugleichen, sollte kein großes Problem darstellen. Mobile Supermärkte, Ärzte etc., das ist alles eine Frage der Organisation, aber die Deutschen bekommen da bekanntich mit ihrer geistigen Immobilität und ihrem Bürokratiewahn in der Tat Probleme. Das ist aber ein anderes Thema.

    Peinlich auch dieses Argument von Müller:

    Studenten müssen nicht nach München, Düsseldorf oder Berlin gehen, sondern können nach Kiel, Bochum oder Greifswald ausweichen.

    Man könnte ja in der hochgelobten Informationsgesellschaft, der Bildung über alles geht, damit argumentieren, dass man an der geeignetsten Uni studieren sollte. Geht aber in Müllers Logik nicht. Man soll bitte da studieren, wo die Mieten günstig sind. Dass einem dabei die Ausbildung vergeigt wird, muss man in Kauf nehmen. Im Klartext heißt das: Nur reiche Kinder studieren da, wo sie es für sinnvoll halten.

    Müller schreibt nicht immer Bullshit. Aber wenn es ans Eingemachte geht, ist er eben auch nur der spätbürgerliche Apologet kapitalistischer Dogmen. Alte weiße Männer, die sich vermutlich nichts mehr anderes vorstellen können. Treu bis in den Untergang.

    https://www.spiegel.de/wirtschaft/service/mietendeckel-die-staedte-verstopfen-das-land-veroedet-a-1273812.html

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  5. neumondschein schreibt:

    Der genova vergißt wie üblich die armen Rentner, die in Immobilien anlegen, um für das Alter vorzusorgen, so wie es die Regierung gerne hätte. Da Lebensversicherungen und zinsbasierte Kapitalanlagen ausfallen wegen der langanhaltenden Niedrigzinsphase, die aller Voraussicht auch so schnell nicht endet, bleiben den Rentnern nur Mietobjekte. Also: Wer Mieten deckelt, fördert Altersarmut.

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  6. genova68 schreibt:

    Die FAZ darf in dieser Märchenonkelaufzählung natürlich nicht fehlen. Ein Artikel mit dem Teaser:

    Die SPD führt den Mietendeckel in Berlin ein und denkt laut über Enteignung nach. Im Kampf gegen den Wohnungsmangel werden immer radikalere Ideen salonfähig. Doch wie konnte das nur passieren?

    Tja, wie konnte das nur passieren, dass eine rot-rot-grüne Koalition zumindest ansatzweise versucht, das zu tun, wofür sie gewählt wurde? Dass eine Regierung im Kapitalismus nicht durchgängig den Direktiven des Kapitals gehorcht, ist für die FAZ-Journalisten Corinna Budras unvorstellbar. Frau Budras schreibt ansonsten über Themen wie Beschleunigung, Multitasking und Kontrollverlust und hat Jura studiert.

    Dann berichtet sie angeblich authentisch:

    Es ist noch nicht lange her, dass ein Taxifahrer in Berlin folgende Geschichte erzählen konnte: Siebenmal sei er in den vergangenen Jahren umgezogen. Stets in eine größere und billigere Wohnung, die Kosten für den Umzug konnte er durch die Einsparungen jedes Mal wieder wett machen. Sechs, maximal sieben Jahre etwa sei das hergewesen, berichtet der Immobilieninvestor Jürgen Conzelmann. Aber gefühlt ist das eine halbe Ewigkeit

    Diese Geschichte ist wahrscheinlich frei erfunden, entweder von Budras oder von diesem Immobilieninvestor. Vor sieben Jahren gab es die massive Gentrifzierung schon längst und kein Berliner Taxifahrer hatte die beschriebenen Möglichkeiten. Die hatte er auch vor 20 Jahren nicht, denn auch in den 90ern war es schwierig, eine gute Wohnung zu bekommen.

    Auch dieses Beispiel zeigt die Dummheit, die Unverfrorenheit, mit der heute argumentiert wird. Gibt es tatsächlich so viele dumme Journalisten? Ohne das Wissen um Zusammenhänge? Die sich von windigen Iinvestoren Lügengeschichten andrehen lassen und sie auch noch publizieren?

    Es ist alles Bild- und Bild-der-Frau-Niveau. Steht aber in Spiegel, NZZ und FAZ. Es scheinen in der Tat Publikationen zu sein, die dem Kapital hörig sind. Aber verfängt das noch? Ist das nicht zu offensichtlich dämlich gemacht?

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  7. genova68 schreibt:

    Kein armer Rentner legt in Immobilien an, neumondschein. Das ist ein Widerspruch in sich. Das Problem sind die Reichen, die noch reicher werden wollen. Und zwar auf Kosten der Armen, auch der armen Rentner. Ich empfehle dir, dich mit den Grundprinzipien des Kapitalismus vertraut zu machen. Ich bin immer wieder geschockt, wie viele ökonomische Analphabeten es gibt. Und damit meine ich dich, neumondschein, nur am Rande. Du siehst ja die Phalanx der Journalisten da oben.

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  8. neumondschein schreibt:

    Ruinen schaffen ohne Waffen.

    (Kommentar von Ostdeutschen zur Wohnungsbaupolitik der SED, frei nach dem Motto dieser Partei „Frieden schaffen ohne Waffen“)

    https://hubertus-knabe.de/__trashed/

    Tja, werter Hubertus Knabe, Honecker hätte etwas konsequenter verfahren sollen und private Immobilieneigentümer konsequent enteignen sollen, und den Erhalt der Altbausubstanz der Planwirtschaft überlassen sollen!

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  9. neumondschein schreibt:

    Kein armer Rentner legt in Immobilien an, neumondschein.

    Doch, genau das tun sie. Naja, die ganz armen Schweine nicht, aber die, die noch ein paar Groschen zurücklegen können, tun das ganz bestimmt. Gezwungenermaßen. Unter Umständen auch indirekt per kapitalbasierter Rentenversicherungen. Aber sehr häufig auch direkt durch kreditfinanzierten, steuerlich geförderten Kauf von Wohnungen und Vermietung derselben. D.h. der Staat fördert diese Untat nach Kräften. Wenn jetzt wegen der anhaltend niedrigen Zinsen am Markt und der gewaltigen umlaufenden Liquidität am Markt die Spekulation heißläuft, dann fallen bei diesen Vermietern höhere Kapitalkosten an, weil mit dem Kredit teuere Objekte gekauft werden müssen, die auf die Miete umgelegt werden, weswegen die Mieten steigen müssen, damit die Vermieter nicht ruiniert werden. Diese privaten Altersvorsorgeversicherungen vergrößern außerdem die Liquidität am Markt ganz erheblich und tragen zum Preisauftrieb bei.

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  10. genova68 schreibt:

    Was Knabe da erzählt, ist leider auch absurd. Die Mieten in der DDR, 30 oder 40 Mark pro Monat, haben nichts mit den aktuellen Mieten in Berlin zu tun. Man könnte sanieren ohne Ende und modernisieren ist ohnehin vom Mietendeckel ausgenommen.

    Rentner: Die kriegen das Geld aus der privaten Altersvorsorge ja raus, die zahlen vorher ein. Aber generell ist es wohl so, dass kapitalgedeckte Altersvorsorge ein Preistreiber ist. Schlichtweg schon deshalb, weil das Kapital, dass die Masse dem Markt zur Verfügung stellt, gar nicht gebraucht wird.

    Wenn man sich mit dem Mietendeckel etwas näher beschäftigt, kommt man um ein Lob an den Senat nicht herum. Selbst schon existierende Staffelmieten werden eingefroren und bei überhöhten Mieten zur Mietminderung führen. Da geht es dann um die konkreten Zahlen, die im Gesetz stehen werden. Leider gilt der Mietendeckel nicht für Neubauten. Das wäre vermutlich ein Schlüssel zur schlagartigen Vertreibung des kompletten privaten Investorenpöbels. Das sollte der nächste Schritt sein.

    Wer sich über die Situation am Berliner Wohungsmarkt in sechs Minuten informieren will, kann das in diesem Video der Luxemburg-Stiftung tun:

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  11. Hugo schreibt:

    @ Genova; zu demSpiegel-Artikel von Müller:
    „Eine ähnliche demografische Implosion droht in den kommenden Jahrzehnten dünner besiedelte Gegenden Westdeutschlands. Bereits heute ist auf dem Land und in kleineren Städten eine problematische Dynamik im Gange. Unternehmen suchen händeringend Mitarbeiter. Kleinere Betriebe in Industrie und Handwerk schrumpfen trotz guter Auftragslage – weil sie keine Leute finden. Wo aber die Beschäftigungsmöglichkeiten beschränkt sind, sehen sich auch Leute zum Gehen veranlasst, die eigentlich gern bleiben würden. Die Abwärtsspirale beschleunigt sich.“

    Wie jetzt, suchen die Leute UND es gibt keine Arbeit in derselben ominösen westdeutschen Provinz? *schulterzuck*
    Auch hier zwischen bayrischer Grenze und Rennsteig suchen die Lohnsklaven, entlang der A4 von Eisenach bis grob kurz hinter Jena ebenso, das ist nicht „Westdeutschland“.

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  12. Fred schreibt:

    @ neumondschein

    „Kein armer Rentner legt in Immobilien an, neumondschein.

    Doch, genau das tun sie. Naja, die ganz armen Schweine nicht, aber die, die noch ein paar Groschen zurücklegen können, tun das ganz bestimmt. “
    Nein tun sie nicht. Sie wuerden es gerne, aber bei den Grundstueck- und Immobilienpreisen geht das nicht. Es sei den Du interpretierst „noch ein paar Groschen zuruecklegen“ grosszuegig.
    Oder sie investieren in abgewanderten struckturschwachen Gegenden. Mit Glueck kriegen die da etwas, aber davon haben sie, ausser mietfreies wohnen, nichts. Das macht nicht den Kuehlschrank voll, noch zahlt das die Instanthaltung.

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  13. genova68 schreibt:

    Im Baugewerbe ist es offensichtlich: Dort, wo neu gebaut wird, fehlen Arbeitskräfte. In den abgehängten Provinzen im Osten baut eh keiner, da fehlen dann auch keine Arbeitskräfte und die, die dort bleiben, sind oftmals nicht so gut ausgebildet und unflexibel.

    Es gibt im ostdeutschen Dörfern 18jährige, deren höchstes Ziel ist es, in eben diesen Dörfern wohnen zu bleiben. Die anderen ziehen weg.

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  14. Jakobiner schreibt:

    Folgenden Artikel lege ich Genova zur Lektüre wärmstens ans Herz–schilkdert wie der Nobelpreisträger von 1986 Buchnanan mit Hilfe der Kochbrüder eine OLigarchenrevolution in den USA vollbringen will und wie unbemerkt dies alles von statten geht–soweit auch zur Frage, inweiweit Rechtsradikalismus und Neoliberalismus/Libertärismus zusammengehen:

    https://www.ineteconomics.org/perspectives/blog/meet-the-economist-behind-the-one-percents-stealth-takeover-of-america?fbclid=IwAR3Det8_b0pv2yjQwtQX3i0hOItWyG9Rie-E8LayLEnTeHEW5tiVhYZ-QIk

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  15. genova68 schreibt:

    Danke.

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