Von der fidelen Latzhosen-Erbin und dem Kapitalismus

Die 25-jährige Verena Bahlsen, Tochter des Keksproduzenten Michael Bahlsen und laut Handelsbatt „charismatische junge Erbin“, sagte kürzlich auf einer „Digitalkonferenz“ ganz klar etwas so Lustiges wie Selbstverständliches:

„Um es klar zu sagen: Ich bin Kapitalist“

Verena Bahlsen ist so natürlicherweise Kapitalistin wie ich ein Mann bin und Gloria von Thurn und Taxis blaues Blut hat. Sie müsste sich geradezu anstrengen, keine Kapitalistin zu sein. Da wir im Kapitalismus leben, ist es für Verena Bahlsen völlig normal, mit ihrem qua Geburt zur Verfügung gestellten Kapital andere auszubeuten.

Genauso klar könnte ein DHL-Paketauslieferer sagen:

„Um es klar zu sagen: Ich bin Ausgebeuteter.“

Verena Bahlsen, laut Handelsblatt eine „fidele Frau mit roten, lockigen Haaren und Jeans-Latzhose“ zeigt, dass die Überwindung des Feudalismus durch den Kapitalismus nicht vollständig gelungen ist. Der Kapitalismus ist eine scheinbare Möglichkeit, via Ausbeutung von einem kleinen Vermögen zu einem großen Vermögen zu kommen. Er ist aber im allgemeinen vielmehr das reale Ausbeutungsverhältnis, aus viel Kapital mehr Kapital zu machen. Ob Verena Bahlsen, laut Handelsblatt „eine Weltverbesserin“, nun blaues oder rotes Blut hat, ist egal. Die Möglichkeit der Ausbeutung wurde ihr ganz feudalistisch in die Wiege gelegt.

Verena Bahlsen, die ohne Abschluss „Kommunikation(!) und Managment“ studiert hat, sagte also den selbstverständlichsten Satz in einem kapitalistischen System überhaupt. Sie hätte auch sagen können:

„Ich gehe abends schlafen und wache morgens reicher auf.“

Ganz real sagte sie auf der „Digitalkonferenz“ auch noch:

„Ich will Geld verdienen und mir Segeljachten kaufen von meiner Dividende und sowas“

Der Satz zeigt schön, wie diese Leute den Begriff des Verdienens auslegen. Sie schafft es, in einem einzigen Satz zu behaupten, sie verdiene Geld mit Dividenden, also de facto mit etwas, für das sie keinen Finger rührt. Das „und sowas“ lässt vermuten, das Verena Bahlsen selbst nicht so genau weiß, wo das viele Geld eigentlich herkommt. Aber das ist auch nicht so wichtig: Es ist ja da.

Laut Duden bedeutet „verdienen“:

Entschädigung für geleistete Arbeit in Form von Lohn, Gehalt, Honorar o. Ä. erwerben

Entschädigung für geleistete Arbeit? Das kann Verena Bahlsen nicht gemeint haben.

Aber Gott sei Dank hat der Duden eine weitere Bedeutung von „verdienen“ parat:

ein Geschäft machen, … Gewinn erzielen

Als ein Beispiel für letztere Bedeutung führt der Duden ganz systemkonform an:

Sie hat bei, mit ihren Spekulationen ein Vermögen verdient

Ob die Duden-Redaktion bei „sie“ an Verena Bahlsen dachte, ist nicht überliefert. Wobei Verena Bahlsen, die laut Handelsblatt „mit ihrer lebhaften und offenen Art Gesprächspartner schnell für sich einnimmt“, nicht einmal spekulieren muss. Sie lässt ihr Geld familiengerecht für sich arbeiten, wie man sagt, und verdient dabei.

Es ist ganz interessant, dass der Begriff des Verdienens zwei grundverschiedene Bedeutungen hat. Einmal Geld für Arbeit bekommen und einmal Geld dafür bekommen, dass andere arbeiten. Es wäre interessant, dies ethymologisch zu untersuchen. Inwieweit hat der Kapitalismus für diese Doppelbedeutung gesorgt, die eigentlich begrifflich so streng unterschieden werden müsste wie „geben“ und „nehmen“?

Apropos Entschädigung: Dass Verena Bahlsen, laut Handelsblatt auf Twitter und Facebook jetzt „eine Art Monster des Ausbeuter-Kapitalismus“, auch gesagt hat, Bahlsen habe sich bei seiner Beschäftigung von Zwangsarbeiten bis 1945 „nichts zuschulden kommen lassen“, hängt sicher nur mit ihrem ihrem jugendlichen Alter zusammen.

Sagen wir so: Ihre Altvorderen, wie man sagt, haben mit der Beschäftigung von Zwangsarbeitern zumindest dafür gesorgt, dass Verena Bahlsen, laut Handelsblatt nun „auf Twitter und Facebook Freiwild“, auch im Jahr 2019 etwas verdient.

Nett auch, dass Verena Bahlsen früher „unbedingt rebellieren“ und – nun kommt etwas wirklich kaum zu Übertreffendes – „kreative Schriftstellerin“ werden wollte. Vermutlich hat ihr der Vater die Flausen ausgetrieben.

Zum Abschluss noch ein bisschen Verena-Bahlsen-Geblubber, damit der geneigte Leser sich selbst ein Bild von der fidelen Latzhosen-Erbin machen kann:

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16 Antworten zu Von der fidelen Latzhosen-Erbin und dem Kapitalismus

  1. hANNES wURST schreibt:

    Erst Heiko Schrang, jetzt Verena Bahlsen, das wird ja langsam zum Panoptikum hier – löblich.

    Ich finde es übrigens gut, wenn sich reiche Leute in die Öffentlichkeit drängen, statt sich wie der Aldi Clan in Ihren Stadtburgen zu verschanzen. In Deutschland wird ja im allgemeinen der Reichtum eher in Stille genossen und die damit verbundene Macht heimlich ausgeübt – durch AFD Parteispenden oder so was. Wer sich jedoch vor die Kamera stellt, muss mit Wertung rechnen und wird eventuell zur Reflektion bewegt. So kann man Schwerreiche fragen, wie viel Geld sie auf welche Art für gesellschaftlich wertvolle Engagements einsetzen.

    https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/superreiche-in-deutschland-im-club-der-gluecklichen-sproesslinge-a-710384.html

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  2. Hugo schreibt:

    Die hat die Dividende von ihrer Kneipe namens „Hermanns“ irgendwo in Berlin gemeint *lol*.
    Ansonsten gehört die dann doch eher für die Zwangsarbeiter-Äußerung und das hier danach: „Als Nachfolgegeneration haben wir Verantwortung für unsere Geschichte; ICH ENTSCHULDIGE MICH ausdrücklich bei all denen, deren Gefühle ich verletzt habe.“ gesteinigt. (Hervorhebung von mir)

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  3. Jakobiner schreibt:

    Interessant. Jetzt dachte man eine völlig neue, in der deutschen Geschichte aufgeklärte junge Generation der Kevin Kühnerts, Gretas und Friday for Future löse die Szene ab und dominiere sie, nun zeigt Verena Bahlsen, dass man nicht so pauschal von EINER Generation sprechen sollte.Und das Ganze auch auf einem hippen, jugendlich-dxnamischen Gigitalkongreß mit Kevin Kühnert als Antipode.

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  4. Jakobiner schreibt:

    Die Gnade der späten Geburt macht sich bemerkbar!!!

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  5. Reinplatzer schreibt:

    Sie war einfach so naiv, etwas von diesem ganzen Scheißglück durchs Ausbeuten zu verraten, wie es hier läuft. Das tut man nicht, schon gar nicht nach dem tausendjährigen, sonst springen die bürgerlichen Tugendlämpchen auf rot: Zu viel der – unserer – Wahrheit, Prinzesschen!

    Und sie will Buße tun, meint reuig: Sie lässt jetzt den Nazikeks wissenschaftlich durchknuspern, dafür wandern ein paar dicke Scheine von der Portokasse des Knusper-Knusper-Häuschens in die akademische Tretmühle.

    Das nächste Mal wird sie so naiv nicht mehr sein. Zum Glück.

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  6. genova68 schreibt:

    Die Latzhosen-Erbin scheint richtiggehend bescheuert zu sein. Der Spiegel hat nun recherchiert, dass ihr Opa, Werner Bahlsen, sowie seine Brüder NSDAP-Mitglieder und SS-Förderer waren. Das steht nun prominent auf spiegel online.

    https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/bahlsen-brueder-waren-nsdap-mitglieder-und-ss-unterstuetzer-a-1267939.html

    Das eigentlich Schlimme aber ist ein Wirtschaftssystem, das es erlaubt, leistungslos solche Vermögen anzuhäufen. Es ist eine einzige Perversion. Unabhängig davon, ob die Anhäufer Nazis sind oder nicht.

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  7. Reinplatzer schreibt:

    In klandestinen Kreisen nennt man sie jetzt auch das Krümelmonster. :)

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  8. genova68 schreibt:

    :lol:

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  9. hANNES wURST schreibt:

    NSDAP Mitglied und „SS Förderer“ (??), was ist das denn für eine Qualifikation, klingt nicht gerade nach dem großen Wurf, den der Spiegel da gemacht hat. Eher wird da etwas zusammengetragen, um den großen Wunsch des deutschen Michel zu bedienen: die „da oben“ ganz schlecht dastehen zu lassen. Vielleicht ist das der Grund, weshalb Reichtum in Deutschland nach Möglichkeit verschwiegen wird: weil es hier so viele Neider gibt.

    Eine gerechtere Verteilung zu fordern ist eine Sache, unterschreibe ich jederzeit. Diejenigen, die von der aktuellen Verteilungspolitik profitieren und deshalb ganz legal Reichtümer aufhäufen an den Pranger zu stellen ist niederster Reflex.

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  10. Reinplatzer schreibt:

    Frau Bahlsen tut nichts anderes, als ihre Chancen innerhalb des bestehenden Gesellschaftsgefüges zu ergreifen, die freilich qua Geburt sehr günstig für sie stehen. Glück gehabt! Und sie ist ihren Vorfahren dankbar für das gemachte Nest. Nichts davon ist empörenswert; bis auf vielleicht ihre sturztiefe Dummheit über die Vergangenheit.

    Empörenswert ist einzig die Tatsache, dass das Glück, das ihr beschieden ist, bekanntermaßen von einem Gesellschaftsgefüge abhängt, dessen Aufrechterhaltung katastrophale soziale und ökologische usw. Kosten verursacht – bis hin zum offenen Faschismus und der irreparablen Naturvernutzung – und dass genau dieses, das kapitalistische, auf Privateigentum errichtete Gefüge, nicht zur Verhandlung freigegeben ist.

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  11. genova68 schreibt:

    Danke für die Erläuterung, Reinplatzer. Allerdings kann man diese Frau angesichts ihrer so dummen wie dreisten Äußerungen über ihre Verdienstabsichten schon mal an den Pranger stellen. Es gibt auch sowas wie Eigenverantwortung.

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  12. Reinplatzer schreibt:

    Ja, die gibt es.

    Und ja, auch Anprangern. Das reicht aber bei Weitem nicht, das kapitalistische, auf Privateigentum errichtete Gefüge, zur Verhandlung freizugegeben.

    Schönes WE,ich verabschiede mich in selbiges.

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  13. Wofür die ganze aufregung? Verstehe ich nicht. Im grunde ist es doch amüsant: eine stinkreiche firmenerbin bezeichnet sich als kapitalist und dann gibt es einen mächtigen aufschrei. Warum eigentlich, wenn’s doch die wahrheit ist?

    Sie erzählt, daß sie »eine tolle bildung« erhalten habe. Für einen ausbildungsabschluß hat es dann aber doch nicht ganz gereicht. Und dafür, wenigstens zu wissen, was eine dividende eigentlich ist, leider auch nicht. Als »dividende« bezeichnet man die gewinnausschüttung von aktiengesellschaften oder im weiteren sinne auch die geschäfte mit investmentfonds. Bahlsen ist als familienunternehmen allerdings eine GmbH & Co KG und keine aktiengesellschaft, somit gibt es da keine dividende. Aber wenn man nur warten muß, daß das konto voll wird, muß man nicht wissen, wie das heißt, was man da kriegt.

    Man kann nichts für seine altvorderen. Aber mit mitte zwanzig ist man alt genug, darüber bescheid zu wissen, was die eigene verwandtschaft in der nazizeit angestellt hat. Da mußte auch ich der tatsache ins auge sehen, daß leider keiner von denen im widerstand war. Aber gnade der niedrigen geburt hatten sie nix zu melden und haben auch keine karriere gemacht. Keine helden, aber auch keine profiteure des faschistischen regimes.

    Aber die, deren vorfahren bekanntermaßen im 3. Reich die zügel im militärisch-industriellen-komplex in den händen hielten, um kohle zu machen, müssen sich das alles schönlügen, die alten konnten schließlich nichts dafür, millionen an die SS gespendet zu haben, um Hitler an die macht zu bringen. Die zwangsarbeiter wurden auf rosen gebettet und der Führer hat den juden eine stadt geschenkt. Geh’ fort!

    Und das Handelsblatt schrieb, daß fräulein Weichkeks »vordenkerin der jungen generation« sei. Mein beileid gilt der jungen generation, derart strunzdumme »vordenker« zu haben.

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  14. genova68 schreibt:

    Danke für den Hinweis, Mechthild Mühlstein, Bahlsen ist keine AG, ist mir gar nicht aufgefallen.

    Diese Frau ist vermutlich völlig unbedarft, sonst hätte sie auch die Klappe gehalten. Allerdings sollten Sie nicht unbedingt dem Handelsblatt glauben. Ich habe aus dem Artikel zitiert, weil er so hochgradig lächerlich war, und es der Phantasie des Autors zuzuschreiben ist, dass diese Frau Bahlsen nun Vordenkerin einer ganzen Generation ist. Insofern muss man nicht aufgrund eines Artikels im – ausgerechnet – Handelsblatt – einer ganzen Generation sein Beileid ausdrücken.

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  15. Jakobiner schreibt:

    DIE ANTI-GRETA sollte das wohl werden, zumal mit Kevin Kühnert auf einer Bühne. Aber falls sie noch lesbisch sein sollte, dürfte sie auch in der Grünen Jugend unterkommen!

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  16. LaserTag schreibt:

    Die hat zu viele Kekse gefuttert.

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