Deutschsein im Praxistest

Da die Deutschen seit zehn oder 15 Jahren im permanenten Selbstlob (beste Fußballspieler der Welt, beste Autobauer der Welt, beste Moralisten der Welt, beste Flüchtlingshelfer der Welt) sich suhlen, suhle ich gerne mit oder ich probiere es zumindest.

Kürzlich im Prenzlauer Berg:

Ein Pärchen in den Zwanzigern steht an einer roten Fußgängerampel. Weit und breit ist kein Auto zu sehen. Der Mann geht los. Die Frau bleibt stehen mit den bemerkenswerten Worten:

„Ich bin kein Mitläufer. Ich gehe bei grün, so wie sich das gehört!“

Deutschsein at it´s best. Kein weiterer Kommentar.

(Foto: genova 2018)

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19 Antworten zu Deutschsein im Praxistest

  1. hANNES wURST schreibt:

    So eine eklige Rechtsextreme, ich hoffe, Du hast sie an Ort und Stelle angespuckt

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  2. genova68 schreibt:

    Angespuckt und geohrfeigt. So viel Zivilcourage muss sein.

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  3. Hugo schreibt:

    Mir mehrmals hinterhergerufen an ner roten Fußgängerampel mit von dem Rufer aktivierten Anforderungstaster (so heißen die wirklich, die gelben Kästen): „Und wenn da jetzt Kinder wären?“ – Hugo: „Siehste welche?“
    Kostet übrigens nen 5er: https://www.bussgeldkatalog.org/fussgaenger/

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  4. schlingsite schreibt:

    Das deutsche Mitläufertum ist seit langem bekannt. Eine Minute Zeitgewinn schlägt mit zehn Cent zu Buche bei fünfzig Mille pro Jahr. Das läppert sich, wenn nichts dazwischen kommt.

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  5. genova68 schreibt:

    Hugo,
    man lernt nie aus. Wobei 5 Euro billig ist. Mit dem Fahrrad kostet es 150 Euro.

    „Als Fußgänger bei Rot über die Ampel zu gehen, ist kein Kavaliersdelikt. “

    steht im Bußgeldkatalog. Ich plädiere für eine Gefängnisstrafe.

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  6. hANNES wURST schreibt:

    In Köln überqueren Fußgänger häufiger bei Rot den Fußgängerüberweg als in Düsseldorf, obwohl dort schon extra zwei rote Männchen zum Stehen mahnen (wohl für Farben- und Oben-/Untenblinde bzw. Betrunkene).

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  7. genova68 schreibt:

    Nicht umsonst gilt Köln als die nördlichste Stadt Italiens.

    Interessant, dass das Verwarngeld für bei rot gehende Fußgänger von fünf auf zehn Euro erhöht werden kann.

    Aus einem Interview mit dem Polizeisprecher von Essen, Peter Elke:

    Wie hoch ist das Verwarnungsgeld für Fußgänger, die bei Rot laufen?

    Elke: Fünf Euro, passiert aber ein schwerer Unfall wegen des Verstoßes sind es zehn. Dann ist der Fußgänger meistens selbst am Unfall beteiligt.

    Wenn man selbst unter dem Auto liegt, zahlt man also zehn Euro. Muss man sofort zahlen oder kann man überweisen?

    https://www.derwesten.de/staedte/essen/bei-rot-ueber-die-ampel-was-fussgaenger-erwarten-muessen-id7465703.html

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  8. philgeland schreibt:

    Wobei mir dabei gerade eine gewisse moderne Form des Biedermeier in den Sinn kommt:

    „Ich bin kein Mitläufer, Ich wähle Grün, so wie sich das gehört.“

    Zu weit hergeholt?

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  9. neumondschein schreibt:

    Wenn Du bemerkst, daß wildfremde Fußgänger vor roten Ampeln stehenbleiben, und Du deshalb meinst, Du selbst wärest psychisch gestört, nur wegen Deiner deutschen Abstammung, weil Du dieselbe Abstammung auch beim Fußgänger vermutest, dann bist Du wirklich psychisch gestört. Nicht wegen Deiner deutschen Abstammung.

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  10. genova68 schreibt:

    Dass ich psychisch gestört bin, daran besteht kein Zweifel. Allerdings verstehe ich die Zusammenhänge deines Beitrags nicht so richtig, neumondschein.

    Drei Deutungsmöglichkeiten:

    1. Ich meine, ich sei psychisch gestört, weil ich bemerke, dass wildfremde Fußgänger vor roten Ampeln stehenbleiben.

    2. Ich meine, ich sei psychisch gestört, weil ich eine deutsche Abstammung habe.

    3. Ich meine, ich sei psychisch gestört, weil ich dieselbe Abstammung beim Fußgänger vermute.

    Was denn jetzt? Kommunikation ist das schwierigste Geschäft überhaupt, es erfordert permanent und unablässig volle Konzentration. Sonst geht man wohlmöglich noch bei rot über die Straße, wird psychisch gestört und muss fünf oder gar zehn Euro zahlen.

    Der endgültige Untergang Deutschlands. Das ist mein Auftrag.

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  11. genova68 schreibt:

    philgeland,
    zumindest im Prenzlauer Berg wähnen sich die Grünen-Wähler sicher nicht mehr als Widerständler. Und in Baden-Württemberg auch nicht.

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  12. Hugo schreibt:

    „Ich plädiere für eine Gefängnisstrafe.“
    Nee, mindestens zwei Jahre lang auch Sonnabend/Sonntag/Ferien/Feiertage Schülerlotse in der Spielstraße, so wegen pädagogisch wertvoll. Kostet den Staat nix… Und da hier ja alles seine Ordnung haben muß, muß derdie Delinquent_in Nachtschichten arbeiten, nix mit deswegen Alg2.

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  13. neumondschein schreibt:

    Hier im Blog ist ja oft zu hören, das deutsche Volk sei psychisch gestört. Weil es vor roten Ampeln stehenbleibt. Weil ja in Deutschland die Straßenverkehrsordnung nicht dieselbe Bedeutung besitzt wie anderswo, sondern auf derselben Stufe steht wie die Nürnberger Rassegesetze. Letztere wurden auf dieselbe Art befolgt wie die Straßenverkehrsordnung. Einfach weil Deutsche persönliche Autonomie überhaupt nicht fähig seien, und deshalb vor der Obrigkeit immerzu strammstehen müssen, und deren Willen befolgen müssen, sei er nun sinnvoll oder verbrecherisch. Deshalb gelte, wer in Deutschland vor roten Ampeln stehenbleibt, wird eines Tages auch Juden vergasen. Das zumindest meinen berstimmte Zeitgenossen, die ich wirklich für psychisch gestört halte.

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  14. Hugo schreibt:

    Naja@Neumondschein, hinterm Lenkrad sehen das viele Deutsche (Männer) anders, freie Fahrt für freie Bürger usw. . Deswegen mal die Kirche im Dorf lassen und die durchaus sinnvollen Fußgängerampeln an (vielbefahrenen) Straßen als hauptsächlich für besonders Schutzbedürftige (Kinder, Gebrechliche, Menschen mit Beeinträchtigung(en) ) ansehen und ansonsten wo kein Kläger da kein Richter (nach 20:00 Uhr oder so).

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  15. Leo Brux schreibt:

    Meine Beobachtung: In der Regel bleiben wir brav bei Rot stehen, wenn es tatsächlich Verkehr gibt, und ignorieren dieses Rot, wenn es offensichtlich keinen gibt.

    Dass jemand in einer offensichtlich fahrzeugfreien Situation brav auf Grün wartet, kann man schon auch mal beobachten, aber doch eher selten. Es fällt auf!

    Mein Schluss aus dieser Erfahrung: Die Leute verhalten sich in Deutschland alles in allem an den Ampeln vernünftig und können Regel und Ausnahme sinnvoll miteinander verknüpfen.

    (Bei der Polizei bin ich mir da nicht so sicher. Da gibt es die dumme Neigung zu zero tolerance.)

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  16. genova68 schreibt:

    neumondschein,
    psychisch gestört habe ich dieses Volk nie bezeichnet, glaube ich. Vielleicht eher salopp mit Rainald Götz, dass Deutschland einen Dachschaden hat. Deutschland hat den aber nicht, weil es an roten Ampeln stehenbleibt, das ist nur eine Folge dieses Dachschadens. Woher der kommt, darüber lässt es sich trefflich streiten. Vielleicht hat es mit der Mittellage Deutschlands zu tun, dass man sich ständig von allen eingekreist fühlen konnte und kann und sich deshalb schnell als Opfer sieht.

    Die Verbindung mit den Nürnberger Rassegesetzen ist quatsch, die sind auch nur halb befolgt absurd.

    Sinnvoll scheint mir eher der Vergleich mit dem Ende des 2. WK. Statt rechtzeitig zu kapitulieren und zu retten, was zu retten ist (aus Sicht der Nazis), ging man konsequent in den Untergang. Befolgung der Führerbefehle bis in den totalen Untergang. Millionen von Toten, unzählige zerstörte Städte. Dazu solch eine Perversion wie die in Italien. Die haben direkt nach der Landung der Alliierten in Sizilien kapituliert, dann kamen die Deutschen und kämpften gegen die Italiener und die Alliierten. Mit der Folge, dass die Deutschen auch haufenweise zerstörte italienische Städte und Bürger auf dem Konto haben. Ein völliger Wahnsinn, im besten Sinn des Wortes. Da ziehe ich strukturell eine Verbindung zu heutigem Verhalten, wo das völlig sinnfreie Stehenbleiben vor roten Ampeln ein Ausdruck ist. Das halte ich in der Tat für eine kollektive Störung, die bis heute nicht behoben ist. Der Exportwahn, der Drang, es immer weiter bringen zu wollen, nervös bis zum Anschlag, ohne sich selbst etwas zu gönnen, gehört dazu. Exportweltmeister bis in den Untergang. Der typische Deutsche fährt im Auto auch zwanghaft einen Radfahrer um, der gegen die Einbahnstraßenrichtung fährt. Warum? Weil der entgegenkommende Autofahrer im Recht ist. Das ist Deutschsein heute, nach wie vor. In einer konkreten Situation autonom sein, das fällt hierzulande schwer. Das läuft dann eher über die pubertäre Schien, sich bei festlichen Gelegenheiten schlecht anziehen oder so. Da ist man plötzlich autonom, aber eben kulturlos.

    Die Deutsche aus dem Artikel oben, die den Begriff des Mitläufers in ihr Gegenteil verkehrt, steht symptomatisch dafür.

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  17. radobast schreibt:

    @Hugo, „die Kirche im Dorf lassen“. So sehe ich das auch.

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  18. radobast schreibt:

    @genova68, ich vergleiche diesen Wahnsinn jetzt einfach mal dreist mit dem Wüten eines Besoffenen, der aus seinem Rausch erwacht und sich an nichts mehr erinnert (erinnern will), sondern einfach in Katerstimmung anfängt, aufzuräumen. Ob er sich seines Wütens schämt, ist ihm nicht unbedingt anzumerken, möglich ist es. Er verdrängt dies aber und stürzt sich in die Arbeit, es gibt ja schließlich viel aufzuräumen und aufzubauen.

    Äh, weiter bin ich mit dem Gedankengang noch nicht … sorry!

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  19. radobast schreibt:

    P. S. Was diese „kollektive Störung“ (?) und deren Ursachen angeht, darüber kann man sich lange austauschen. Wo ansetzen? Vielleicht bei Norbert Elias‘ „Über die Deutschen“ aber das liegt wohl noch weiter zurück …

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