Die AfD, die Nazis und der Raum

Will man wissen, was denn für die Idee der Phänomenologie spricht, so schaue man sich eine Naziveranstaltung aus der Nähe an. Man hat zwar schon vorher gelesen, dass diese Leute eine unangenehme Atmosphäre verbreiten und auch nicht so wahnsinnig sympathisch aussehen. Sieht man sie jedoch konkret und in ihrem Pulk, wird all das realer, eben weil die Erscheinung unmittelbar gegeben ist. Keine Ausflüchte mehr.

Es ist dann auch nicht mehr von Interesse, was auf der Bühne erzählt wird. Die T-Shirts, Banner und Tätowierungen sind mitteilsam. Eine kleine Auswahl:

Ich spreche von dem Naziaufzug, bei dem vergangenen Samstag laut der Schätzung der Polizei 1.800 Rechtsextremisten durch Berlin zogen. Ich habe auf locker 3.000 oder 4.000 Teilnehmer getippt, aber solche Schätzungen sind schwierig.

Vorher gab es eine Auftaktkundgebung mit diesen merkwürdigen Hogesa-Schlachtrufen, bei denen man wilde Tiere zu imitieren scheint. Dazu passte auch, dass die Leute hinter Gittern standen. Es hat in der Tat etwas von wilden Tieren im Zoo. Man bekommt ein wenig eine Vorstellung davon, wie es sich in national befreiten Zonen anfühlt. Also in Gegenden, in denen solche Leute eine Selbstverständlichkeit sind.

Bemerkenswert waren bei dieser Demo die Kollaborationen: Organisiert unter anderem von der Nazi-Partei Pro Deutschland, marschierte auch ein Flügel der AfD mit: die patriotische Plattform. Die spielen auf ihrer Webseite den besorgten Bürger und haben bei der Demo kein Problem, von Nazi-Skinheads umgeben zu sein.

Nur, falls noch jemand meint, die AfD habe mit Nazis nichts zu tun.

„Die Demokratie ist dann gefährdet, wenn ihr der Patriotismus abhanden kommt.“, meint die Plattform. Na, dann lief es am Samstag ja bestens für die Demokratie.

Das Plattform-Vorstandsmitglied Benjamin Nolte meint:

„Die AfD muss sich als freiheitlich-patriotische Kraft in Deutschland etablieren, als Partei der Bürgerrechte und als Partei der bürgerlichen Rechten.“

Um welche Bürgerrechte es da wohl geht?

Klar wird beim Direktbeschau die Taktik der Verharmlosung. Das offzielle Demomotto „Merkel muss weg!“ ist nett, Maskerade. „Führer muss her!“ ist die demaskierte Version. Dieses Verhalten ist nicht dumm und Teil der Langfriststrategie, das Braune in der Farbenlehre zu etablieren. In den 80ern schwadronierten Nazis von den tollen deutschen Soldaten und bestritten die Existenz des Holocaust. Das machen sie vermutlich immer noch, aber nicht mehr vorm Hauptbahnhof. Da will man nur, dass Merkel abtritt.

Interessant auch: Die Behörden haben die Kameraden netterweise durch eine menschenleere Gegend geführt. Ein kleines Kunststück an einem Samstag in Berlin-Mitte, aber es klappte. Berlin, eine Geisterstadt. Kein Mensch hörte ihnen zu, keiner interessierte sich für sie. Ein paar Nazis waren ganz fickerig darauf, sich mit Gegnern zu kloppen. Sie versuchten auch Durchbrüche durch Polizeisperren. Man sieht diesen Leuten an, dass sie sich kaum beherrschen können.

Es gab auch eine eindrucksvolle Gegendemo. Ein paar Teilnehmer versuchten ebenfalls, die Polizeiketten Richtung Nazis zu durchbrechen. Es klappte nicht, wobei ich mich frage, was diese Antifakids eigentlich bezwecken: Eine Massenschlägerei mit Leuten, die sich auf sowas nur freuen? Ich schätze, dass relevante Teile beider Seiten solche Gelegenheiten als spontan eingerichteten städtischen Abenteuerspielplatz sehen. Ein paar von ihnen wurden festgesetzt. In Handschellen geht es in die Mühlen der Bürokratie.

Man könnte solch eine Demo auch zum Anlass nehmen, über Raum zu reden. Die Ungleichzeitigkeit des Gleichzeitigen. Auf den Linden sind zehntausende Touristen bei schönem Wetter unterwegs, keine 200 Meter weiter nördlich marschieren die Rechten durch Geisterstraßen. Weitere 200 Meter weiter nördlich decken sich Heerscharen von Darmstadt-98-Fans (oder waren es Hertha-Fans?) in einem Supermarkt freudig mit Alkohol ein und wissen von der Existenz der Rechten nichts. In gewisser Weise ist der reale geographische Raum dem virtuellen ähnlich. Durch Gebäude und einen kontinuierlichen Lärmpegel ist auf kleinstem Raum Unterschiedlichstes möglich, ohne dass man sich gegenseitig wahrnehmen muss. Der virtuelle Raum als konsequente Forsetzung, als Weiterentwicklung des real-geographischen. Alles schon mal dagewesen.

So gesehen können die Nazis einmal die Woche diese Route nehmen. Die Polizisten werden routinierter, die Gegendemonstranten ignorieren die Sache, keiner berichtet über die Rechten. Dann verschwinden sie einfach. Aus der Berichterstattung wie auch aus dem geographischen Raum. Es ist ein bisschen Potemkin. Die Stadt scheint groß genug, um auch diese Leute zu ertragen. In Zeiten der Aufmerksamkeitsökonomie ist Nichtaufmerksamkeit die größte Strafe. Es ist eine Frage der Taktik.

Der einzige, der den Rechten hätte zuhören können, hat das Ereignis verschlafen:

(Fotos: genova 2016)

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32 Antworten zu Die AfD, die Nazis und der Raum

  1. Es gibt nur eine Gruppe Reaktionärer die schlimmer sind als AFD und das sind die schwarzen ultra-reaktionären Kohorten des Islam,aber die stehen ja unter Schutz der Blockparteien und der sog. Linken, die früher -vor langer langer Zeit- Kirchen sprengten und heute Schwule in Berlin jagen. ‚Es gibt als gute und schlechte Rechte —Phänomenologisch sehr interessanter Verdrängungsvorgang.

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  2. Ex-CDU-Wähler schreibt:

    Das ist zu hoch für gaynova69.

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  3. Jakobiner schreibt:

    „Das ist zu hoch für gaynova69.“ Damit will AfD-Wähler wohl sagen: Halt´s Maul, du schwule Sau!

    “ In Zeiten der Aufmerksamkeitsökonomie ist Nichtaufmerksamkeit die größte Strafe.“ Wohl wahr, aber ob sich dies bei grösseren Demos durchhalten lässt?

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  4. Jakobiner schreibt:

    Scheinbar ein weltweites Phänomen, da die Welt ja gloablisiert ist:Jetzt haben auch die Philipinen ihren Trump ud ihre Frauke Petry als neuen Präsidenten:Rodrigo Duterte

    „Vergesst die Menschenrechte“
    Duterte hatte während des Wahlkampfes „Witze“ über Frauen oder Vergewaltigungen gerissen, mit seiner Manneskraft dank Viagra geprotzt und in dem katholischen Land den Papst einen „Hurensohn“ genannt. Auch hielt er sich mit undiplomatischen Bemerkungen über China, Amerika und Australien nicht zurück, die alle im Beziehungsgeflecht des südostasiatischen Landes eine wichtige Rolle spielen. „Vergesst die Menschenrechte“, erklärte Duterte noch am Wochenende mit Blick auf seine Ankündigung, mit Kriminellen kurzen Prozess machen zu wollen. „Ich werde genauso handeln wie als Bürgermeister. Ihr Drogenabhängigen, Räuber und Nichtsnutze, haut besser ab. Denn als Bürgermeister würde ich Euch umlegen.”

    http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/fruehaufsteher/philippinen-duterte-gibt-investoren-raetsel-auf-14224447.html

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  5. genova68 schreibt:

    In Zeiten der Aufmerksamkeitsökonomie ist Nichtaufmerksamkeit die größte Strafe.“ Wohl wahr, aber ob sich dies bei grösseren Demos durchhalten lässt?

    Ich weiß nicht, ob sich das durchhalten lässt. Aber am Samstag war das eine frappierende Erfahrung. Die Nazis waren zwar im öffentlichen Raum, existierten aufmerksamkeitsökonomisch schlicht nicht. Und die Teilnehmer haben sicher keine Lust, immer wieder den langweiligen Reden zuzuhören.

    Der Ex-CDU-Wähler ist eigentlich ganz lustig. Er mimt den besorgten Bürger und kann das keine zehn Postings durchhalten, dann kommt der rechte Proll zum Vorschein. Er passt zur AfD.

    Tillschneider von der Patriotischen Plattform sprach gestern bei Pegida. Nazis, Pegida, AfD: Da wächst zusammen, was zusammen gehört.

    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/pegida-in-dresden-afd-abgeordneter-hans-thomas-tillschneider-bedankt-sich-a-1091522.html

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  6. heinz schreibt:

    @ Ex-CDU-Wähler
    Kannst du dich nicht einfach an deine eigenen Ankündigungen halten?
    „Da ich hier offensichtlich nicht erwünscht bin, verschwinde ich. Gruß an alle linken Gutmenscheninen und Gutmenschen ;) Ciao.“

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  7. Jakobiner schreibt:

    Wohlgemerkt ist Tillschneider Islamwissenschaftler mit Lehrauftrag an einer Universität.Sagt auch etwas über den Zustand der Wissenschaften aus.Sein Studium hatte er in Assad-Syrien und da scheinbar auch sein „Damaskuserlebnis“.Vielleicht schwebt ihm ja auch bei der Bekäömpfung der Muslime das Vorbild von Vater Assad ala Hama 1982 ab, als dieser den Aufstand der Muslimbrüder brachial niederbombte und die ganze Stadt in Schutt und Asche legte. Das würde weieder zu Assad-Fan Elsässer passen, der mit Tillschneider ja auch schon gem,einsame Auftritte und Interviews bei COMPACT hatte.

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  8. genova68 schreibt:

    Von diesem Tillschneider hatte ich bislang nie gehört. Interessant finde ich ja, dass Petry das Video von den Störungen gegen Maas in Zwickau laut Spiegel sofort auf ihre Facebookseite stellte. In den Videos sieht man das Pack, ziemlich primitive Leute. Das ist schon raffiniert, denn diese Zweigleisigkeit ist für die Partei notwendig. Wie die Nazis auch ihre Dr., ihre Intellektuellen hatten. Die drücken sich im TV gewählt aus, aber man hält Verbindung zu den Schlägertrupps. Vor jeder inhaltlichen Auseinandersetzung müsste man die AfD da kriegen. Das GG verteidigen wollen und die Nazidemo in Berlin unterstützen: geht nicht. Stattdessen lässt man sich auf Sachdiskussionen mit Petry ein, absurd.

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  9. Jakobiner schreibt:

    Die Petry erscheint so wie das nette Mädchen Lieschen Müller von nebenan, immer lächend, immer nett, klein, aber oho.Zudem: eine Frau, nicht so testerongeladen und aggressiv wie der Höcke. Sie ist das nette Gesicht der AfD, die scheinbar kein Wässerchen trüben kann. Und dann noch eine Homestory über ihr Privatleben in der BUNTE. Die nette Nazin aus der Nachbarschaft. Eine Wölfin im Schafspelz.Das Video auf ihrer Facebookseite, sowie die gemeinsamen Gespräche mit Pegida zeigen jedoch recht klar, wie sie tickt und wo sie lang will.

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  10. Jakobiner schreibt:

    Noch ein anderer Vorschlag: Genova als Architektur- und Städtebauexperte könnte ja mal die Architektur und Bauten vom Immobilienmilliardär Trump analysieren–da düfte vom Trumptower bis Atlantic City viel Stofffülle sein.

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  11. dame.von.welt schreibt:

    Hm, der Herr Tillschneider ist ein ganz Feinsinniger, der unterscheidet säuberlich zwischen ‚humanistischer‘ und ‚kulturalistischer‘ Islamkritik. Und er hat ein tolles neues Wort erfunden, mit dessen Hilfe er das Grundrecht auf Religionsfreiheit für alle deutschen Muslime einschränken möchte: ‚Kulturvorbehalt‘.

    Der Islam ist bei uns fremd, und deshalb kann er sich nicht im gleichen Umfang auf die Religionsfreiheit berufen wie das Christentum. Das heißt, er kann sich natürlich auch auf die Religionsfreiheit berufen, aber nicht im gleichen Umfang. Es gilt da ein Kulturvorbehalt.

    Er pflegt wie Parteifreund Höcke rege Verbindung zu Schnellroda und Götz Kubitschek – das ist der mit u.a. dem rechtsradikalen Revolutions- und Flüchtlingshaßfahrplan unter Berufung auf das Widerstandsrecht nach Artikel 20, Abs.4 GG und Initiator der Ein-Prozent-Bewegung, Tillschneider und Elsässer sind Gründungsmitglieder.

    Tillschneider schließt Muslime generell aus der Aufklärung aus, spricht dem Islam jede Reformfähigkeit ab und hält das auch nicht für wünschenswert: der Architekt der im Bundesparteiprogramm festgeschriebenen Haltung der AfD zum Islam.

    Leider ist Tillschneiders Rede auf dem Bundesparteitag m.W. nirgendwo zu finden, ersatzhalber ein Interview (Disclaimer: keine Ahnung, ob die ‚Sachsendepesche‘ unter Qualitätsmedium fällt) „Weder Islamisierung des Abendlandes noch Verwestlichung des Islams“

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  12. genova68 schreibt:

    „Ich sehe in dem IfS, der Identitären Bewegung, Pegida, den Büchern von Thilo Sarrazin und der AfD unterschiedliche Ausprägung ein und derselben Grundströmung: ein großer Umbruch, der die Epoche der 68er beendet und die Herrschaft eines neuen Zeitgeistes einläutet.“

    Sagt Tillschneider in der Sachsendepesche und da hat er wohl recht. Diese Leute sehen ihre Zeit gekommen und es laufen ihnen viele hinterher. Mich interessiert eher, warum die hinterherlaufen. Um die Frage zu beantworten, müsste man sich mit den Errungenschaften der 68er auseinandersetzen. Es wurde aus der 68-Ideologie alles mögliche übernommen, was Lifestyle, Design, Lebensentwürfe, gesellschaftliche Neuerungen angeht. Aber immer nur dann, wenn es sich kapitalistisch nutzen ließ. Warum sollte das Kapital etwas gegen die Anerkennung von Homosexualität haben oder gegen Patchwork? Noch in den 70ern begann aber der Siegeszug des Neoliberalismus, der Teile der 68er ganz simpel integriert hat, nämlich eben die im Sinne der Mehrwertproduktion integrierbaren. Zentrale ökonomische Aspekte aber wurden sofort entsorgt, Beispiel Bodenverwertung: Um 68 noch intensiv diskutiert, über Leute wie Peter Conradi bis in die SPD-Spitzen hinein, wurde das schnell eliminiert.

    Die komplette Unterwanderung linken Gedankenguts durch das Kapital wäre eine diskutierenswerte Frage. Es ist kein Zufall, dass man heute millionenfach Leute für gendergerechte Sprache einspannen kann aber niemanden für Bodenfragen. Man kann vor den Augen Linker ganze kapitalgeschundenen Stadtviertel aus dem Boden stampfen, es interessiert nicht. Es ist eine Infantilisierung linker Ideen, die seit den 70ern stattfindet. Das Kapital freut sich.

    Die Montagsmahnwachen etc. sind auch Resultat dieser Infantilisierung. Verschwörungsdeppen wird nichts entgegengesetzt, ja: kann nichts entgegengesetzt werden, weil nichts da ist. – abgesehen von kleinen Grüppchen, die Widersprüche auf intellektuell hohem und daher kaum zugänglichem Niveau ansprechen.

    Ich habe gestern zufällig diese Sendung gehört:

    http://www.swr.de/swr1/bw/programm/leute/swr1-leute-die-welt-zu-gast/-/id=1895042/did=13777686/nid=1895042/1rnhrpq/index.html

    Zwei Erfolgsautoren, Friedrich und Weik, die Bestseller zum Thema Wirtschaft und Crash schreiben. Ich kenne die Bücher nicht, aber wie die Sendung im GEZ-Rundfunk sich realisierte, war eine Offenbarung. Ein in weiten Teilen sinnloses Geplapper: der Crash kommt, kaufen Sie Gold, blabla. Ohne jede Struktur, ohne jede Erklärung. Es gibt keine Zinsen mehr, schlecht, der Staat macht immer mehr Schulden, auch schlecht, wir müssen vorsorgen via sparen. Die Leute sollen nicht mehr zum Discounter, dann wird alles gut. Meine Fresse. Die Moderatorin hat keinerlei Ahnung, kann nichts entgegensetzen, aber egal.

    Man soll sich Wald kaufen, sagen die beiden Autoren, das sei nachhaltig, und wollen damit nur, dass sich die Kapitallogik weiter ausbreitet. „Warum wir ein neues Wirtschaftsdenken brauchen“, hieß die Sendung, nur erfährt man davon nichts. Die Leser dieser Bücher interessiert nach Auskunft von Friedrich nur, wie man sein Geld anlegen soll. Wundert mich nicht. Vermögenssteuern sind kein Thema für die beiden, dafür ist es aber ein Problem, wenn linke Parteien erstarken.

    Ein paarmal erzählen sie sinnvolles, nur ist das alles schon ewig bekannt.

    „Nur in Sachen investieren, wo man ein gutes Bauchgefühl hat,“ ist ein Tipp der beiden Experten für die Hörer. Wie gesagt, nicht RTL2, sondern ÖR-Rundfunk.

    Die beiden geben auch zu, „Infotainment“ zu machen. Der wohl wichtigste Satz der Sendung.

    Das ist die aktuelle Kritik am Wirtschaftssystem, die im Mainstream ankommt. Das zeigt das Ausmaß der Auswegslosigkeit. Sowas wie AfD ist nur ein Abfallprodukt dessen.

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  13. Jakobiner schreibt:

    „Das ist die aktuelle Kritik am Wirtschaftssystem, die im Mainstream ankommt. Das zeigt das Ausmaß der Auswegslosigkeit.“

    Die Linke hat den Niedergang des Kommunismus nie verdaut. Vielen fällt dann auch nicht mehr ein als sich am staatsoligarchenkapitalistischen Russland oder China zu orientieren oder eben am „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“, der gerade in Venezuela am Kollabieren ist.Es fehlt ein Gegenmodell, denn außer ein bißchen Verteilingssozialismus oder Planwirtschaft hat die Linke nichts anzubieten. Wobei ersteres nur defensiv ist, während zweiteres niemand mehr will.Man hat auch nicht den Eindruck, dass die verherrenden Erfahrungen mit dem Kommunismus zu einer Aufarbeitung geführt haben. Entweder Anpassung an den Neoliberalismus oder aber mehr nostalgisches Zirkelwesen und die Theoretiker ala Marxistische Gruppe/ Gegenstandpunkt oder Wertkritiker verlegen sich auf akademische Insiderdiskussionen und Kapitallektüre (vielleicht noitwendig, aber eben nicht ausreichend).Ich habe mal ein Gespräch zwischen David Precht und Sarah Wagenknecht gesehen, wobei Precht Srah Wagenknecht fragte, warum die Linke keine neuen Gesellschaftsmodelle, Visionen und Utopien habe, sondern sich nur auf Verteilungskämpfe innerhalb des Kapitalismus konzentriere. Die heutigen Utopien kämen heutezutage im wesentlichen nicht mehr aus der Politik, sondern aus dem Bereich der Technologie und hier vor allem des Silicon Valley.Auch sei auffällig, dass heutezutage internetaffine Nerds innovative Diskussionen anregten, sei es jetzt Sharing economy oder Piraten.

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  14. Jakobiner schreibt:

    Ich muss sagen, dass es im Fernsehen eigentlich nur 1 Magazin gibt, dass hier gegen den Mainstream schwimmt: Scobel in 3 Sat.Da werden aktuelle Fragen sehr intensiv diskuttiert–manchmal aber auf einem akademisch elitären Niveau, das es dann wieder für breiteres Publikum unverständlich macht. Irgendwie schießt sich dann der Anspruch der Aufklärung aufgrund Soziologendeutsches wieder ins Knie.Auch nicht schlecht war in ARTE „Mit offenenen Karten“, das aber abgesetzt wurde. Stattdessen verflacht das ARTEprogramm immer mehr zu einem kulinarischen Foodwatchprogramm einer Sarah Wiener und 68er Nostalgieprogramm. Chefredakteur des Senders könnte programmgestalterisch Cohn Behndit sein.

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  15. Jakobiner schreibt:

    Ich fände auch eine Diskussion um kommunistische Verfassungsentwürfe als zentral. Das politische System ergibt sich nicht selbständig nach dem Motto: Enteignen wir alles und dann sehen wir mal, wie wir es machen.Das wird sich dann schon von selbst einstellen.Die wesentlichen zwei revolutionären Richtungen, die Anarchisten und die Kommunisten hatten da zwei Extreme. Die Anarchisten waren basisdemokratsich bis zu dem Punkt der Desorganisation, des Chaos, was dann wieder anarchistische Führungspersönlichkeiten hervorbrachte und die Leninisten/Trotzkisten/Stalinisten, die eine Einparteienherrschaft mit Planwirtschaft und totaler top-down-Hierarchie samt Führerkult wollten. Kommunistische Verfassungsentwürfe, die diskutiert worden wären, gab es nicht.Auch die Idee ein Mehrparteiensystem von Arbeiterparteien mit check and balances und Gewaltenteilung einzufürhen, wurden noch nie diskutiert. Dabei wäre dies gerade ein denkbarerer Mittelweg zwischen der anarchsitischen Dezentralisierung und der leninistischen Zentralherrschaft

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  16. philgeland schreibt:

    Gerade weil solche Leute „dicke Luft“ bei ihren Aufmärschen verbreiten. sollte man sich das Ganze wirklich mal nüchtern aus der Nähe ansehen. Würde ich noch in Deutschland leben, so hätte ich Interesse daran, mal einer Pegida-Aufführung beizuwohnen. Als Zaungast. Sich unbefangen die Leute angucken, während sie den Rednern zuhören.

    Was die Bilder von der obigen „Veranstaltung“ in Berlin angeht, so lässt sich da Lieschen-Müller-Petry natürlich nicht blicken. Sie ist ja schließlich „anständig“ und „nimmt sich nur das Recht heraus“, ihr „Unbehagen“ auf „demokratisch-legitimierte Weise“ zu „artikulieren. Das ist sie ihrem Image schon schuldig.

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  17. philgeland schreibt:

    P. S.
    Das letzte Foto ist ein echter Volltreffer. Neoliberalisierung, Verelendung, Radikalisierung, öffentlicher Raum. Alles auf einmal.

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  18. Jakobiner schreibt:

    Apropos Querfront:der Tortenwurf auf Sarah Wagenknecht scheint so das einzige, was von dem Linksparteitag in der Erinnerung hängen bleiben wird, der ja ein Aufbruchssignal senden wollte.Auch ein Indikator, wie es um linke Streitkultur bestellt ist. Bezeichnend, dass Sarah Wagenknecht für ihre Forderung nach Kapazitätsgrenzen in Flüchtlingsfragen nun als linke Beatrix von Storch gesehen wird.Interessant auch wie sich eine ehemalige Vertreterin der Kommunitschen Plattform nun zur glühenden Verfechterin der sozialen Marktwirtschaft Ludwig Erhards und der BRD der 50er/60er Jahre verwandelt hat.Nachdem Gauweiler mit Lafonatine seinen gemeinsamen Auftritt in München hatte,der vor allem von CSUlern besucht und bejubelt wurde, lobt Gauweiler nun in der SZ das neue Buch von Sarah Wagenknecht“Reichtum ohne Gier“:

    http://www.sueddeutsche.de/politik/kapitalismus-die-entfremdeten-1.2922659

    Es scheint sich eine Querfront von BRD-Nostalgikern zusammenzutun.Gauweiler und Lafonatine hatten ja auch über Jahre hinweg eine gemeinsame Kolumne in der BILD-Zeitung.Da wächst scheinbar zusammen, was zusammengehört.Aber vielleicht ist diese Sorte Querfront den Querfronten Elsässer/Kubitschek/AfDlern vorzuziehen.

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  19. Jakobiner schreibt:

    Es scheint sich eine Querfront von BRD-Nostalgikern zusammenzutun. Gauweiler und Lafonatine hatten ja auch über Jahre hinweg eine gemeinsame Kolumne in der BILD-Zeitung, bevor Gauweiler dann in Dirk Ippens Münchner Merkur eine gemeinsame Kolumne mit Christian Ude (SPD) aufmachte. Da wächst scheinbar zusammen, was zusammengehört. Vielleicht ist diese Sorte Querfront einem aber sympathischer als eine Querfront Elsässer/Kubitschek/AfD, vielleicht landet man aber mit sozialmartwirtschaftlcih-demokrtaischen Forderungen, die den starken Nationalstaat betonen auch letztendlich gerade wieder bei letzterer Querfront oder gibt dieser Nahrung.

    Interessanter Artikel der trotzkistischen World Socialsit Webseite über die Linkspartei und Sarah Wagenknecht im speziellen, auch über ihr neues Buch “Reichtum ohne Gier”, wobei ihr die Nähe zu AfDpositionen, Kapitalismusapologie und Nationalismus vorgeworfen wird.:

    “Sahra Wagenknechts Plädoyer für Nationalismus und Marktwirtschaft”

    https://www.wsws.org/de/articles/2016/03/24/wage-m24.html

    Wagenknechts Plädoyer für die soziale Marktwirtschaft wird als nostalgisch und reaktionär empfunden, ihre Rückbesinnung auf die BRD AG der 50er-80er Jahre als historischer Rückschritt eingestuft, der dem Voranschreiten der Produktivkräfte und ihrer Globalisierung nicht gerecht werde. Auch ihre Verbindung zwischen Demokratie und einem möglichst geschlossenen, homogenen, überblickbaren Volkes sowie eines starken Staats wird als geradezu völkisch angesehen.Umgekehrt fragt man sich dann, was wohl die Trotzkisten anzubieten haben: Auch nicht mehr als nostalgisch-reaktionäres Zurück zur alten Plan- und Kommandowirtschaft unter einer Einheitspartei mit Führerkult.Und in Sachen Abschottung waren die realkommunistischen Systeme ja wasserdichter als jeder kapitalistisch-demokratische Staat.Das lockt aber auch keinen mehr hinter dem Ofen hervor.Man sieht: Solange es kein neues Gegenmodell zu Kapitalismus und Kommunismus gibt, drehen sich die Diskussionen im Kreise und wird für viele Menschen die Vorstellung eines regulierten, sozialmarktwirtschaftlich-demokratischen Kapitalismus die einzig vorstellbare Alternative sein zu dem anglosächsischen Kapitalismus, dem staatsautoritären-oligarchischen Kapitalismus Rußlands oder Chinas, dem gerade im Kollaps befindlichen “Sozialismus des 21. Jahrhunderts”Chavez/maduro-Venezuelazs oder der gehabten kommunistischen Planwirtschaft. Mit diesen Fragen beschäftigt sich auch der Global ReviewBeitrag “Manifest des Globalismus–gegen Kapitalismus, Kommunismus und Nationalstaatenkonkurrenz”, in dem eine neue Politökonomie, sowie eine internationale Institution gefordert wird, die stärker als die UNO, aber auch nicht so totalitär wie ein Weltstaat wäre oder aber wenn ein Weltstaat dann mit check and balances und Subsidaritätsprinzip. Gerade hier galten die Trotzkisten ja aufgrund ihres Internationalismus (im Gegensatz zu Stalins Sozialismus in einem Land oder anderen Nationalkommunisten wie Mao, Pol Pot,etc.) oder der nationalen Beschränktheit des Bürgertums neben den multinationalen Konzernen und dem Finanzkaptal als Vorreiter und Avantgarde des Gedankens der internationalen Kooperation oder von globalisierten Institutionen wie etwa einem Weltsowjet. Interessant, dass dieser verfolgenswerte und aktuelle Gedanke von dem meisten Linken gar nicht mehr aufgenommen wird, sondern man sich zunehmend national und im Rahmen der Standortkonkurrenz orientiert. Als weiterführenden Lesetip:

    Manifest des Globalismus–Identität, Globaliserung und “Ich bin Malala”(Teil 1)

    http://www.global-review.info/2015/09/18/identitat-globaliserung-und-ich-bin-malala/

    Manifest des Globalismus–gegen Kapitalismus, Kommunismus und Nationalstaatenkonkurrenz-für den Weltstaat mit einer neuen Ökonomie (Teil 2)

    http://www.global-review.info/2015/12/22/manifest-des-globalismus-gegen-kapitaklismus-kommunismus-und-nationalstaatenkonkurrenz-teil-2/

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  20. genova68 schreibt:

    Die Trotzkisten schreiben:
    „Eine solche Wirtschaftsordnung, so Wagenknecht, erfordere einen starken Nationalstaat; einen Nationalstaat, der sich nach außen abschottet und der sprachlich und ethnisch homogen ist.“

    Das würde ich dann doch ganz gerne bei Wagenknecht im Original lesen.

    Der Knackpunkt bei diesen Diskussionen ist doch die Volkswirtschaft. Wirtschaftsordnungen sind derzeit überall national organisiert, ob einem das passt oder nicht. Auf nationaler Ebene werden nahezu alle Steuern eingezogen und dort sind die Sozialversicherungen organisiert. Alle anderen Ebenen (Gemeinden, Länder, EU) sind da praktisch nicht existent. Insofern kann man Politik nur nationalstaatlich machen. Man könnte das ändern, auf internationale Ebenen verlagern, aber das müsste eben erstmal passieren.

    Sprachliche Homogenität wird von allen gefordert, ist ok, ethnische sicher nicht von Wagenknecht. Alleine aufgrund dieser Behauptung ohne Beleg fällt diese Trotzkistenseite für mich unter unseriös.

    Wagenknechts Rechtsoffenheit ist allerdings tatsächlich ein Problem. Schaut man sich bei den Rechten um, sieht man, dass die dort als Heldin gefeiert wird. Pro Wagenknecht und Antismitismus und Pegida passen da ohne weiteres zusammen. Und das liegt auch daran, was sie nicht sagt. Die weiß, was sie tut, das ist übel.

    Dass sie einerseits für Ehrhard plädiert, finde ich ok. Sie holt die Leute da ab, wo sie stehen. Und mit Marktwirtschaft hat unser System wenig zu tun, insofern kann sie die Neoliberalen mit den Waffen schlagen, die sie tragen.

    Das andere ist das rechte gesellschaftliche Ressentiment. Da sollte man Flagge zeigen.

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  21. Jakobiner schreibt:

    Gute Replik, der ich ijn weiten Teilen zustimme. Nur: Volkswirtschaft sei vor allem nationalstaatlich organisiert–das gilt vielleicht bei den Steuern und der Sozialversicherung, aber es heißt doch auch, dass 80% der Wirtschaftsgesetze von der EU, der WTO und anderen internationalen Wirtschaftsverträgen bestimmt werden.Also so nationalstaatlich ist das alles nicht mehr. Vergleiche auch TTIP und das soll von der EU ausgehandelt werden.

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  22. Jakobiner schreibt:

    Neben der Desillusionierung über den planwirtschaftlichen Kommunismus scheint aber auch der Gedanke an grössere Einheiten oder supranationale Institutionen wie etwa die Sowjetunion oder die EU an Reiz zu verlieren und man sich ein Leben in kleineren überschaubaren Einheiten herbeizusehnen. Eine Trendwende dürfte erst erfolgen wenn es grundsätzliche Reformen der EU oder zur weitgehendsten Desillusionierung über die vermeintliche Kapazität von Nationalstaaten bei der Lösung der Krisensymptome des wirtschaftlichen und politischen Weltsystems und seines Weltmarktes und seiner Nationalstaatenkonkurrenz kommt.

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  23. Jakobiner schreibt:

    Wirtschaft ist schon lange nicht mehr nationalstaatklich organisiert oder ist der Weltmarkt nationalstaatlich organisiert und all die Handelsverträge der WTO, TTIP, TPP, und die anderen Freihandelszonen, etc.? Gibt es überhaupt noch die traditionelle „Volkswirtschaft“im alten Sinne bei der heutigen Öffnung für den Weltmarkt?

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  24. Jakobiner schreibt:

    Genauso wie ein Euro nicht funktionieren kann ohne einen europäischen Staat mit europäischer Finanz-, Wirtschafts und Sozialpolitik, eine EU als neoliberale Witrschaftsgemeinschaft niemals eine Wertegemeinschaft werden wird, so kann auch eine Welt der Nationalstaaten und zugleich des globalisierten Kapitalismus niemals krisen- und kriegsfrei existieren ohne einen Weltstaat oder eine starke internationale Institution.

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  25. Jakobiner schreibt:

    Eine etwas andere Erklärung der Wahlergebnisse der AfD schrieb mir ein Bekannter–Zitat:

    “Der Tortenwurf zeigt: Auch die Linke ist orientierungslos, sektiererisch zerstritten und ohne Perspektive, rückwärtsgewandt. Gleichzeitig wächst das linke Gewaltpotential. Ziemlich deprimierend also.Worauf ist der Niedergang der Linken (SPD, Die Linke, auch die Grünen) und der Aufstieg der AfD zur drittstärksten politischen Kraft zurückzuführen?

    Vermutlich auf die gefährliche Vernachlässigung fundamentaler sozialwissenschaftlicher Erkenntnisse. Sie kennen sicher die Maslowsche Bedürfnispyramide. Ihre Schichten sind nicht statisch, sondern verändern sich dynamisch. In der Vergangenheit hatten das Verlangen nach sozialen Zusatzleistungen und das Streben nach Selbstverwirklichung dank eines prosperierenden und sicheren Umfelds eindeutig Priorität. Das entspricht etwa den Feststellungen Maslows nach dem 2. WK.Die den genannten Bedürfnissen zugrunde liegende Schicht des Sicherheitsverlangens konnte ab der Mitte des 20. Jahrhunderts von der Politik in den westlichen Demokratien über lange Zeit insgesamt eher vernachlässigt werden.

    Jetzt aber nimmt das Sicherheitsverlangen der Menschen dramatisch zu. Die Nachfrage nach mehr Sicherheit wird aber von der Linken – und der Mitte – mit einem völlig unzureichenden Angebot beantwortet (etwa “Grundsicherung für alle”, aber das zieht nicht, ebenso wenig wie der Mindestlohn oder BRD-Nostalgie a la “Rheinischer Kapitalismus”).

    Dagegen bietet die Rechte dem populus minor an, seine Sicherheitsnachfrage mit den klassischen Elementen von “Recht und Ordnung” zu beantworten, also keine Kölner Domplatte mehr, keine Einbrüche, keine Belästigungen, keine Alkoholiker und Drogenabhängige im öffentlichen Raum. Das zieht offensichtlich.Meine Prognose: Wenn Linke und Mitte die dynamische und aus meiner Sicht dramatische Veränderung der gesellschaftlichen Bedürfnisstruktur nicht realisieren und entsprechend reagieren, werden wir im nächsten Jahr bei den Wahlen in NRW (die Leute haben noch im Kopf: Kölner Domplatte, Totschlag in Godesberg) und im Bund ganz unerfreuliche Wahlergebnisse erleben.”

    Ich schrieb darauf:

    “Die Bedürfnispyramide ist sicherlich ein denkenswerter Ansatz. Dennoch möchte ich ihnen nicht ganz zustimmen. So wichtig “Sicherheit”(Law and Order) ist, ist es doch unwahrscheinlich wie auch etwas unsinnig, dass linke Parteien die soziale Sicherheit kleinschreiben werden. Und ich sehe auch nicht die Notwendigkeit: Denn die massenhafte Altersarmut und um sich greifende Prekarisierung und Absinken der Arbeiter- und Angestellten sowie der sonstigen Mittelschichten wird ein bleibendes Thema bleiben, das man nicht vernachlässigen sollte–denn auch dann schaft man Freiräume von rechts.Ich würde es für fatal halten, die soziale Frage ad acta zu legen.

    Es ist aber interessant, dass Kretschmann und die Grünen jetzt die Sicherheit als Thema entdeckt haben und sich nun als moderate Law-and Orderpartei gerieren und mehr Polizei fordern (wobei sie bei der Frage der Bürgerrechte beim alten bleiben).Ihre Beobachtung ist aber insofern richtig, dass viele Menschen die Symptome der Armut, also die Armen und Kriminellen bekämpft sehen wollen, als die Ursachen.Das erscheint greifbarer und durchsetzbarer.

    In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf Roberto Duterte in den Philipinen hinweisen. Meine Nachbarin, eine Philipina, die mit einem Deutschen verheiratet ist, hat Duterte ihre Stimme gegeben. Ich fragte sie, warum sie diesen philipinischen Trump gewählt habe. Da kamen zwei Momente zusammen: Zum einen wolle sie “change”, mal was anderes als die etablierten Parteien und die Clans der Aquinos und Marcos (man könnte auch sagen: der Clintons und Bushs….), zum zweiten räume Duterte mit den Kriminellen auf.Duterte hatte als Bürgermeister von Davao eigene Todesschwadrone unterhalten und zahllose Kleinkriminelle exekutieren lassen. Wobei interessant ist, dass sich seine Todesschwadrone aus der maoistischen New People´s Army rekrutieren, zu der er gute Kontakte unterhält.Duterte bedient sich bei der Verbrechensbekämpfung faschistischer Methoden und er hat auch erklärt, er werde 100 000 Kriminelle in der Bucht von Manila versenken und zu Fischfutter verarbeiten.Interessant, dass er auch von vielen Armen gewählt wird, die sich ja keine privaten Sicherheitsdienste leisten können, aber am meisten unter der Kriminalität leiden, obgleich viele Arme ja auch zu Kleinkriminellen werden, also dann auch wieder Opfer ihren eigenen Wahl.

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  26. Jakobiner schreibt:

    Im übrigen hat sich die Linkspartei wie auch die SPD für mehr Polizei und bessere Arbeitsbedingungen für Polizisten ausgesprochen und sind nun die Grünen nachgezogen. Ob das hilft, ist fraglich.Denn die AfDverbrechensbekämpfung orientiert sich eher nach der Denkfigur: Ausländer und Flüchtlinge = Verbrecher , Einbrecher,Sittenstrolche und Terroristen–daher: Keine Flüchtlinge und Ausländer, keine offenen Grenzen und EU-Freizügigkeit und Schengenraum= kein Verbrechen.Dieser populistischen Kausalitätskette kommen sie mit der Forderung von mehr Polizei und strengeren Strafen und besseren Polizei- und Überwachungsrechten allein nicht bei.

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  27. Jakobiner schreibt:

    Lesenswerter Artikel der Bahamas zur AfD „Die Volkspartei des gesunden Menschenverstands“:

    „Gegenwärtiger Profiteur des beschriebenen Gesellschaftscharakters ist die AfD, die durch konsequente Emotionalisierung des Politischen und ihrem konformistischen Rebellionsangebot, das in ihren bevorzugten Schlagworten zum Ausdruck kommt, ein zeitgemäßes Bedürfnis bedient. Die Botschaft „Ändern Sie nicht ihre Meinung. Ändern Sie die Politik!“ zielt beispielsweise mitten auf die Bedürfnislage des nachbürgerlichen Subjekts, das es zum rechthaberischen Politisieren treibt. Die absolut gesetzte eigene Weltanschauung wird den Ultras der Meinungsfreiheit als Besitz zu einem Bestandstück ihrer Person und gerät mangels anderer Lustquellen inmitten des freudlosen Daseins zum triebökonomischen Dreh- und Angelpunkt der narzisstischen Inszenierung. (13) Die affektive Besetzung der eigenen Ansichten und ihre triumphale Verkündung verschafft das Gefühl, zu denen zu gehören, die wissen, wo es lang geht. Was sie entkräftet – bloße Fakten oder Widerspruch –, wird als Bedrohung registriert und als narzisstische Kränkung erlebt. Diese Rechthaberei ist gerade weil sie dem denkenden Zugriff entzogen bleibt und gegen Erfahrung abgedichtet ist, verletzlich und boshaft zugleich, was in der rotzig-redundanten Angeber-Sprache der konformierenden Asozialen, die nach Adorno geradezu als die „Ontologie von Halbbildung“ zu begreifen ist, unverfälscht zum Ausdruck kommt.

    Beflügelt wurde dieser Typus auch durch die neuen Kommunikationstechnologien, vor allem die im Internet bestehende Möglichkeit, überall seinen Senf dazugeben zu können. Der Erfolg der AfD ist mit den politischen Talkshows, den aufkeimenden Bürgerprotesten der letzten Jahre und mit der Entwicklung in den sogenannten Sozialen Netzwerken verbunden, allesamt Medien, in denen mit zackigen Sprüchen und bornierter Kraftmeierei gepunktet werden kann. Leute, die vor einigen Jahren noch alleine am Tresen saßen, weil ihrem Gekeife keiner zuhören konnte, stellen plötzlich nicht nur fest, dass ihre Verbalentgleisungen immerhin Reaktionen provozieren, sondern treffen beim manischen Kommentieren auf Gleichgesinnte. Doch die Kneipe ist abgeschafft – und damit auch das schwache Korrektiv in Gestalt des Unterhaltung suchenden Mehrheitskneipengängers gegen den völlig asozialen Grantler. Der Stammtisch nämlich war besser als sein Ruf, den ihm ungesellige Gestalten mit starkem Distinktionsbedürfnis erfolgreich aufdrücken. Der einsam Polternde hingegen, dem es in der Kommentarspalte, der Arena des kleinen Mannes, einzig und allein darum geht, die Kontrahenten in albernen Scheingefechten fertig zu machen, hat nicht einmal mehr den Spaß, den Stammtischbrüder eben auch haben können.“

    http://www.redaktion-bahamas.org/auswahl/web73-1.html

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  28. genova68 schreibt:

    Ja, lesenswert.

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  29. Garfield schreibt:

    Lesenswerter Artikel der Bahamas zur AfD „Die Volkspartei des gesunden Menschenverstands“:

    lesenwert, einseitig & polarisierend.

    Zu den neudeutschen Tugenden zählt, dass man lang mit betroffener Miene Klage gegen die Einheimischen führen kann, aber mit vollem Verständnis pariert, wenn Angehörige fremder Kulturen die Sau raus lassen.
    … nun, zu den „neu-deutschen Tugenden“ gehört (und nicht erst seit PEGIDA oder AfD) wohl eher das Gegenteil

    […] das regelmäßig einhergeht mit der zynischen Schönrednerei der Religion, die den Tätern die Ideen liefert und sie zum Kriegführen inspiriert. Die Toten sind noch nicht geborgen, schon erklärt der erste Islamexperte die Täter zu deklassierten Jugendlichen, der zweite warnt vor einem Generalverdacht gegen Muslime und der dritte empfiehlt zur Prävention islamischer Bomben, Moslems mit noch mehr Islam zu integrieren.
    … sicher, unter Moslems gibt es ja auch nicht „solche und“ – sondern NUR – „solche“. Die Vorgeschichte „deklassierter Jugendlicher“ tut da nichts zur Sache; daß viele Attentäter & Kriegs“touristen“ als Christen geborene Konvertiten mit eben dieser Vorgeschichte sind – muß Zufall sein; normale Bürger voller Perspektiven, die sind halt bloß dem Koran „anheim gefallen“.

    Antideutsches Evangelium at it’s best…
    zustimmmen muß ich aber hier:

    Dieser selbstanklägerische Hang, sich durch demonstrativen Einsatz gegen die Schlechtigkeit der eigenen Kultur ein gutes Gefühl zu verschaffen, ist längst kein Alleinstellungsmerkmal antideutscher Kleingruppen mehr.
    … war es auch noch nie: der doofe „Deutsche Michel“, wählende „Schafe“ etc… (mit „Selbst“ ist dabei selbstverständlich alles außer das eigene gemeint)

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  30. genova68 schreibt:

    Steht das alles in dem verlinkten Bahamas-Artikel? Nun ja… Ich habe nur den Ausschnitt da oben gelesen. Links mit langen Texten liest übrigens fast niemand. Geht mir genauso: Man muss irgendwohin klicken und dort lange Zeit lesen. Am absurdesten sind kommentarlose Verlinkungen irgendwohin.

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  31. Jakobiner schreibt:

    Nach seiner Unterstützung für die Hamas: Wahlhilfe seitens Bushido für die AfD–Ekkoi Fresh hält dagegen–so sehen heute wohl Battles zwischen Rappern aus:
    http://m.tagesspiegel.de/berlin/musiker-und-parteien-bushido-will-offenbar-afd-waehlen/13669870.html?utm_referrer=

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  32. philgeland schreibt:

    Bushido für die AfD? Na sieh mal einer an. Sonst noch was? Der ist doch auch nur der Lärm, den er verursacht. (Mit freundlicher Anlehnung an Tucholsky).

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