Kurze Bemerkung zu Israelkritik

„Magst du Netanjahu nit, bist du gleich Antisemit“

reimt der vermeintliche Antisemit Didi Hallervorden, der sich neuerdings für einen politischen Kabarettisten hält, in einem aktuellen Lied.

Genau: Der Jude ist so mächtig, dass er Kritik an ihm sofort an den Pranger stellt und eliminiert. Und die Medien haben die eh in der Hand.

Interessant ist diesbezüglich eine kurze google-Analyse im deutschen Sprachraum: Wie viele Suchanfragen gibt es zu den folgenden Begriffen?

Frankreichkritik          1.560

Amerikakritik              8.170

USAkritik                     16.200

Chinakritik                   5.900

Sudankritik                  524

Griechenlandkritik     2.230

Russlandkritik            4.640

Syrienkritik                 1.910

Palästinakritik            2.010

Israelkritik                 64.800

Da scheint dem ewigen Weltbeherrscher etwas durchgerutscht zu sein.

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25 Antworten zu Kurze Bemerkung zu Israelkritik

  1. h.z. schreibt:

    Worauf gründet Ihre Feststellung, Hallervorden sei „tatsächlicher Antisemit“?

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  2. genova68 schreibt:

    Sie gründet auf dem Zitat Hallervordens da oben.

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  3. h.z. schreibt:

    Für diese Antwort habe ich nur ein Wort: Schwachsinn.

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  4. genova68 schreibt:

    Ganz flott:
    Wenn eine öffentliche Person in Deutschland von einer wichtigen Instanz des Antisemitismus bezichtigt wird, ist das ein schwerer Vorwurf, den einen die Reputation kosten kann. Zurecht. Hallervorden behauptet, man dürfe nicht die Politik des Staatschefs kritisieren, ja, man müsse ihn mögen, sonst sei man Antisemti, sonst verliere man also seine Reputation. Es ist also keinerlei Kritik an Netanjahu erlaubt, nicht einmal die Bemerkung, dass man ihn nicht sympathisch findet, ohne dass man als Antisemit bezeichnet wird. Die Juden scheinen offenbar sehr mächtig zu sein, wenn sie die Reputation eines Menschen zerstören können, nur weil jemand den israelischen Staatschef nicht mag.

    Das ist eine Ausformung des uralten antisemtischen Klischees des allmächtigen Juden, der die Welt regiert, via Freimaurer, Ostküste, Finanzsektor oder ähnliches.

    Davon abgesehen ist es schlichtweg Quatsch: Ich zeige das ja schon an den google-Ergebnissen.

    Bei Hallervorden ist das vermutlich so wie bei vielen alten deutschen Männern: Unter den Nazis geboren und teilsozialisiert, unmittelbar danach war es auch nicht viel besser, dann irgendwie auf links umgeschwenkt, aber die Sozialisation sitzt tief. Und das kommt im Alter wieder hoch.

    Sicher ist Hallervorden kein Antisemit in dem Sinne, dass er sich diese Strukturen bewusst macht. Das läuft mit. Aber ich wüsste nicht, wie ich das Gesagte anders deuten sollte als so, dass er den Juden extrem viel Macht zubilligt, die diese bei Bedarf extrem missbrauchen.

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  5. h.z. schreibt:

    Was Ihre Deutungsmöglichkeiten des Liedtextes betrifft, kann ich – so glaube ich doch – aushelfen. Refrain einleitender Text: “So steht’s in der Zeitung drin, was glauben die denn, wie blöd wir sind?” Die herausgegriffene Kritik richtet sich also nicht gegen Israel, sondern an die „supercoolen Rufmordprofis“ der Zeitungen, wie es ebenfalls im Liedtext heißt.

    Ich habe ein wenig recherchiert. Wieviel und – vor allem – was über Hallervorden in der jüngsten Vergangenheit geschrieben wurde, festigt meine Überzeugung weiter, dass allenthalben auf den Gebrauch des Verstandes zunehmend verzichtet wird. Stichwort: „heim ins Reich“-Spruch anlässlich der Romy-Verleihung im April dieses Jahres. Nachdem Sie eben erst Pirincçi zugute hielten, dass die KZ-Interpretation des Spiegel völlig abwegig war, fehlt mir das logische Verständnis für Ihre Hallervorden-Argumentation, zumal Ihre Argumentation von abscheulichen Fehlern strotzt.

    Zu bedenken möchte ich noch geben, dass der individuell empfundenen Moral zuweilen eine ganz bestimmte, allgemeingültig kodifizierte Moral entgegen steht, gemeinhin als Strafrecht bezeichnet. Die Haltung, dass eine Bezichtigung (Anschuldigung, Verdächtigung, Unterstellung – man setze das bevorzugte Synonym ein) zurecht die Reputation des Bezichtigten kosten könne, ist eine zutiefst unmoralische.

    (btw: bei meiner Goolge-Trend-Abfrage kam ich für Deutschland auf 100 Anfragen zum Begriff „Israelkritik“. Mich würde die Quelle Ihrer Zahlen interessieren.)

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  6. genova68 schreibt:

    Einfach bei google.de die entsprechenden Begriffe eingeben. Aktuell sind es bei Israelkritik 64.900 Begriffe, sehe ich gerade. Ich habe nicht mit google-Trend gearbeitet.

    Erklären Sie mir doch mal die enormen zahlenmäßigen Unterschiede. Es ist das Ergebnis von massivem Antisemitismus. Jeder dahergelaufene Deutsche meint, sich für Palästinenser einsetzen zu müssen. Denen sind Palästinenser scheißegal.

    Die “Rufmordprofis”: Darum geht es doch gerade. Ein typische antisemitischer Topos ist, dass die Juden “die Medien” in Hand haben. Und die holen die Antisemitismuskeule raus, selbst, wenn man einfach nur Netanjahu nicht mag. Sie bestätigen meine Deutung. Zeitgemäßer Antisemitismus richtet sich kaum gegen Juden direkt, sondern eher gegen Zionisten und gegen die israelische Politik. Warum gibt es denn zehmmal so viele google-Ergebnisse bei Israelkritik wie bei Chinakritik? Etwa, weil die israelische Politik in Sachen Menschenrechte zehnmal so kritisierenswert ist wie die chinesische? Nein, weil die Deutschen und die Österreicher und viele andere so besessen sind von Antisemitismus. Auch wenn viele das vermutlich gar nicht merken. Für viele Deutsche gilt vermutlich, dass sie den Juden den Holocaust nie verzeihen werden.

    Was so alles gegen Hallervorden geschrieben wird, weiß ich nicht. Darum geht es mir gerade nicht.

    Die Pirincci-Interpretation des Spiegel war falsch, das hat aber nichts mit Hallervorden zu tun. Der liegt noch wesentlich falscher als der Spiegel.

    “Die Haltung, dass eine Bezichtigung (Anschuldigung, Verdächtigung, Unterstellung – man setze das bevorzugte Synonym ein) zurecht die Reputation des Bezichtigten kosten könne, ist eine zutiefst unmoralische.”

    Verstehe ich nicht ganz. Hallervorden beschwert sich darüber, dass man oft ungerechtfertigterweise des Antisemitismus bezichtigt wird. Soweit so merkwürdig, aber er könnte ein vernünftiges Beispiel bringen. Stattdessen bringt ein unpassendes Beispiel, das ihn dann eben als Antisemiten ausweist. Die Reputation, die beim Nichtmögen von Netanjahu eben nicht flöten geht, geht allerdings genau dann flöten, wenn man auf so einem Beispiel beharrt. Und er beharrt darauf und lässt sich auch noch von Jebsen zum Thema interviewen. Da haben sich die beiden richtigen getroffen.

    Es ist typischer sekundärer Antisemitismus, den Hallervorden da bringt. Das passt Ihnen nicht, warum auch immer.

    Davon abgesehen sollten 80jährige Deutsche (und Österreicher) zu dem Thema zuerst lange nachdenken oder am besten gleich die Klappe halten.

    Und übrigens: Ich mag Netanjahu auch nicht, er ist vermutlich ein Kotzbrocken. Sicherlich kann man seine Politik als eskalierend beschreiben, als aggressiv. Aber das ist eben nur die eine Seite der Medaille. Ich halte es für nötig, sich in dem Konflikt nie einseitig zu äußern, dazu ist er zu kompliziert. Und so können Sie sich denken, was ich von der palästinensischen Politik denke.

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  7. Lemmy Caution schreibt:

    Dieter Hallervorden war beim Zusammenbruch des Dritten Reiches gerade einmal 10 Jahre alt. Ob in diesem Alter eine ganze Generation für ihr Leben geprägt ist, halte ich für arg psychologisierend. Bestimmt hat jede Generation sowas wie kollektive Macken.

    Im übrigen glaube ich, dass sowas wie die „Palästinensische Politik“ nicht existiert. Die formiert sich – wie die israelische – unter einem gewaltigen Druck.

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  8. Lemmy Caution schreibt:

    Offtopic Ich liebe Wolfgang Lieb.

    Wolfgang Lieb in eigener Sache: Ich habe mich schweren Herzens entschlossen, nicht mehr für die NachDenkSeiten zu arbeiten


    Mein ich jetzt nicht i.S.v. HAH! hab ich schon immer gesagt. Alles rotlackierte Faschisten.
    Ich lese die Hinweise des Tages regelmässig. Vieles find ich interessant und ich konsumiere das umsonst.
    Ich mag diese Haltung. Die Konsequenz der eigenen Linie gegen die „Parteilinie“ (der 2,5 Leute Partei).

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  9. genova68 schreibt:

    Hallervorden wa 45 zehn, aber da ist der Antisemitismus ja nicht verschwunden. Ich schätze, dass das in den nächsten fünf, zehn Jahren auf familiärer Ebene in der Tendenz so weitergelaufen ist. Außerdem wurde im Kollektiv erst nach 45 das Leid via Hunger und Vertreibung deutlich erfahren. Ich habe heute zufällig in dem verdi-Heftchen gelesen, dass in Griechenland Hunderttausende verhungert sind, weil die Deutschen eine komplette Ernte nach Deutschland geschafft haben. Nicht umsonst haben erst die 68er ernsthafte Fragen gestellt.

    Was du bis 15 oder 20 erlebst, ist in weiten Teilen prägend. Es haben sich viele trotzdem abgenabelt, auch Hallervorden, aber das kommt bei vielen im Alter wieder hoch.

    Ja, dass Lieb die Reißleine zieht, finde ich gut. Die Hinweise des Tages kann man ja trotzdem lesen.

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  10. Chris(o) schreibt:

    64800 bezeichnet wohl eine schwerwiegende Gestörtheit, die die Gestörten zwanghaft „Israel“ andichten.Ahnen konnte man das ja schon immer.Die Zahl als solche ist aber eine Obszönität der besonderen Art.

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  11. Leute mit starken Meinungen zu Israel ohne sich wirklich auszukennen, ignoriert man am besten. An Dummheit mangelt es sowieso nie.
    Der Wille zur revolutionären Veränderung der Welt führt natürlich strukturell zu Verhärtung und Renegaten. Aber ohne Revolutionäre würden wir heute vermutlich jeden Tag von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang Hirsekörner auf einem Feld ernten oder so.

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  12. Dass es bei der Spiegelfechter crowd eine Debatte zu dem Lieb-Rückzug geben wird, ist ebenso wahrscheinlich wie die Diskussion über Feinheiten von Pressingfallen beim 4-1-4-1 bei einem Treffen der Ultra-Fangruppe Wilde Horde vom FC Köln ;-)

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  13. dame.von.welt schreibt:

    Der Hallervorden leidet am Alter und am verblassenden Ruhm seiner lukrativen Didi-Existenz, der möchte wieder wahrgenommen werden, notfalls sogar als politische Figur. Da Antisemitismus zwar nicht strafbar, aber gesellschaftlich geächtet ist, wählt er Tändeleien mit antisemitischen Ressentiments, auch noch mit Hilfe des notorischen Ken Jebsen °_O

    Aber: seit wann ist der Hallervorden eine ernstzunehmende Geistesgröße, eine politisch oder sonstwie relevante Person?

    Mir kommt dessen Verhalten vor wie das Altersäquivalent zum Tabubruch von Hippiekindern, die Berufssoldat oder Steuerberaterin werden, von Töchtern aus kemalistischen Familien, die Kopftuch tragen, von Oberstudienratsgören mit Brustwarzenpiercing.

    Hallervorden ein Antisemiten-Etikett auf die Stirn zu kleben, halte ich für zuviel der Ehre, für Springen über sein Aufmerksamkeitsdefizit-Stöckchen.

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  14. genova68 schreibt:

    Sein Liedchen wurde bei youtube schon über 400.000 mal angeklickt. Das kriegen wir beide zumindest nicht hin ;-)

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  15. einer von jenen schreibt:

    Es wundert mich, dass man mit einem Suchbegriff wie „Sudankritik“ überhaupt irgendwelche Ergebnisse erzielt.
    Ansonsten ist die Trefferliste bei Google m.E. nur bedingt aussagekräftig, jedenfalls, wenn man sich nur die bloßen Zahlen anschaut. Mit dem Suchbegriff „Israelkritik“ landet man ja auch bei solchen Seiten: https://bginrw.wordpress.com/ – also bei Leuten, denen man vielleicht manch anderes, aber sicher keinen Antisemitismus vorwerfen kann.
    Da müsste man die Quantität erst qualitativ aufdröseln in evt. antisemitisch grundierte „Israelkritik“, Kritik der Israelkritik und Beiträge, die die „Debatte“ auf der Metaebene kommentieren. Kann man natürlich auch bleiben lassen, es gibt ja genug Studien und Umfragen zum Verbreitungsgrad antisemitischer Vorurteile…

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  16. dame.von.welt schreibt:

    Das wollen wir beide auch gar nicht hinkriegen…;-)… wenigstens ich will das nicht!
    Ich hatte kürzlich das zweifelhafte Vergnügen, daß einer meiner Blogs die Aufmerksamkeit von Herrn Lichtmesz in der ‚Sezession‘ fand – der Blog hatte einige Tage reichlich bräunlichen Traffic und ich fühlte mich auf einmal sehr öffentlich, war nicht schön.

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  17. Nazienkel schreibt:

    Antisemit ist ein ehrenvolles Etikett? Bei Hallervorden ist es wie bei der Ente. Er watschelt eben…

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  18. genova68 schreibt:

    Ja, die Liste ist bedingt aussagekräftig. Aber man kann zeigen, dass Israelkritik ein großes Thema ist, dass sie in großer Zahl existiert. Und genau das wird ja von Hallervorden indirekt bestritten.

    Aber ich glaube schon, dass die meiste deutsche Israelkritik antisemitisch ist. Wenn ausgerechnet Deutsche sich so sehr für Palästina interessieren und Israel kritisieren, dann ist das vermutlich der Fall.

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  19. einer von jenen schreibt:

    „Israelkritik“ ergibt auch keinen wirklichen Sinn – da ist der Vergleich mit „Sudankritik“ schon ganz nützlich. Wenn im Sudan nun ein Bürgerkrieg stattfindet oder religiöse Minderheiten unterdrückt werden, ist es ja auch nicht „der Sudan“, der dafür verantwortlich ist.
    Man kann Israel als Nationalstaat kritisieren, aber dann trifft diese Kritik für alle anderen Nationalstaaten genauso zu, ist also nicht israelspezifisch.
    Oder man kritisiert eben das Handeln der israelischen Regierung, wobei ich es relativ egal finde, ob diese Kritik von Deutschen oder sonstwem geäußert wird. Die Frage ist da erstmal, ob die Kritik zutrifft, bevor man nach irgendwelchen Hintergedanken sucht.
    Eine Kritik, die pauschal „die Israelis“ – oder noch pauschaler „die Juden“ weltweit – verantwortlich macht, ist natürlich antisemitisch. Sie ist (deswegen) zugleich auch sachlich falsch, weil sie eben ignoriert, dass Kampfeinsätze, Siedlungsbau usw. in der israelischen Gesellschaft auch kontrovers diskutiert werden, und stattdessen in allen Fragen ein einheitliches Kollektiv „der Israelis“ unterstellt.

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  20. genova68 schreibt:

    Wenn die Israelkritik von 80jährigen Deutschen geäußert wird, kann man den biographischen Bezug schlecht außen vor lassen. Ich wollte vor allem sagen, dass es angesichts dieser großen Zahl an Treffern offensichtlich ist, dass es bei Kritik nicht in erster Linie um das objektiv Kritisierbare geht, sondern darum, dass es Juden sind, die man da kritisieren kann. Wenn nicht, müsste man zwingend erklären, warum beispielsweise China so viel weniger im Fokus steht.

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  21. besucher schreibt:

    Der Didi hat wohl Honig im Kopf und ich mag den Netanjahu auch net, der hat immer so viele ultrareligiöse Schwärmer im Schlepptau.

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  22. einer von jenen schreibt:

    @Genova:

    Wenn die Israelkritik von 80jährigen Deutschen geäußert wird, kann man den biographischen Bezug schlecht außen vor lassen.

    Wenn du konkret Leute wie Müller oder Grass meinst, hast du natürlich recht. Da ist dann aber auch der Inhalt der geäußerten „Kritik“ entscheidend. Wenn Grass in seinem schlechten Israelgedicht gleich so einsteigt, als würde Israel den Dritten Weltkrieg planen, ist das natürlich Unsinn. Da ist auch klar, dass das biographische Gründe hat, dass Grass da als ehemaliger SS-Mann und verdruckster Nationalist schreibt.
    Man kann aber auch nicht ausschließen, dass auch ein 80jähriger Deutscher was Vernünftiges zum Thema sagt. Und wenn die Aussage vernünftig ist, muss ich nicht fragen: „Was hat der denn da für Hintergedanken und Motive?“

    Ich wollte vor allem sagen, dass es angesichts dieser großen Zahl an Treffern offensichtlich ist, dass es bei Kritik nicht in erster Linie um das objektiv Kritisierbare geht, sondern darum, dass es Juden sind, die man da kritisieren kann.

    Die hohe Trefferquote zeigt aber auch, dass es eine Kontroverse um das Thema gibt. Erst deswegen findet ja diese Verschiebung von „den Juden“ zu „Israel“ statt, weil offener Antisemitismus ein gesellschaftliches No-go ist.
    Und auch deswegen hat sich „Israelkritik“ zu einem feststehenden Begriff entwickelt. Andere Debatten werden einfach nicht in vergleichbarer Weise verschlagwortet. Wenn der Spiegel groß „Stoppt Putin!“ titelt, muss er sich nicht dafür rechtfertigen, indem er z.B. sagt: „Nein, das ist kein Antislawismus, sondern legitime Russlandkritik, die wir hier machen.“ Da müsste man vielleicht eher einen Begriff wie „Putin-Versteher“ googeln, um zu vergleichbaren Ergebnissen zu kommen.

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  23. genova68 schreibt:

    Ein 80jähriger Deutscher hat notwendig ein anderes Verhältnis zu Juden und damit zu Israel als ein 80jähriger Costa Ricaner. Das habe ich schon im Hinterkopf. Du kannst das Dritte Reich als totalitäre Gesellschaft da nicht komplett außen vorlassen, wenn du eine Aussage beurteilst. Beim Beurteilen geht es ja auch um Motive, um Hintergründe, um Sozialisation. So wie zum Thema Hunger ein mittelloser Äthiopianer ein anderes Verhältnis hat als wir. Aber sicher können beide, Deutsche und Costa Ricaner, Sinnvolles zum Thema sagen.

    Deinen Anmerkungen zum Begriff Israelkritik würde ich zustimmen. Allerdings muss sich der Spiegel und müssen sich andere massive Kritik an ihrer Berichterstattung vorwerfen lassen, nur heißt das nicht Antislawismus, sondern Russlandfeindlichkeit. Angesichts der hohen Zahl bei Israelkritik unterscheide ich nicht groß zwischen Antisemitismus (oder Antisemitismus) und Israelkritik, obwohl letztere natürlich legitim ist, theoretisch. In der Praxis ist es eben meist Antisemitismus.

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  24. einer von jenen schreibt:

    Wenn meine Oma im Fernsehen sieht, dass die israelische Armee wieder Luftangriffe fliegt und dann kopfschüttelnd meint „Schön ist das nicht…“, würde ich das unter allgemeinmenschlichem Mitgefühl verbuchen. Es ist wirklich nicht schön, wenn Unschuldige oder überhaupt Menschen verletzt werden oder sterben. Da hab ich die deutsche Vergangenheit zwar immer noch im Hinterkopf, sehe aber keinen Grund, sie gerade an dieser Stelle zu thematisieren. Da muss schon ein bissel mehr und Falscheres kommen.

    Allerdings muss sich der Spiegel und müssen sich andere massive Kritik an ihrer Berichterstattung vorwerfen lassen, nur heißt das nicht Antislawismus, sondern Russlandfeindlichkeit.

    Ich weiss nicht… Diese Art der Berichterstattung scheint mir ziemlich hegemonial zu sein (wobei die Kritik daran oft auch aus politisch sehr fragwürdigen Ecken kommt, aber das ist nochmal ein anderes Thema).
    Der Spiegel erhält sicher auch kritische Leserbriefe, hat es aber wahrscheinlich nicht nötig, beim Thema „Russland“ auf so eine Meta-Ebene auszuweichen, wie z.B. Grass, der ellenlang erklären muss, wie zerknirscht er ist, aber nun doch mal sagen muss, dass Israel den Weltfrieden bedroht. Oder Hallervorden, der sich auch nicht zu sagen traut, dass er Netanyahu nicht mag, sondern da so eine verschwiemelte Schlaufe zieht von wegen: „Wenn ich jetzt sagen würde, dass ich Netanyahu doof finde, würde bestimmt jemand kommen und mich als Antisemit bezeichnen!“

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  25. genova68 schreibt:

    Bei den Diskussionen über die Krimberichterstattung seinerzeit war ich überfordert. Im Krieg manipulieren alle die Nachrichten, ich habe da keine Ahnung, schaue mir das auch nicht weiter an, weil ich das Gefühl habe, manipuliert zu werden. Allerdings ist es Fakt, dass russische Soldaten in der Ukraine kämpfen und Putin die Krim annektiert hat. Das ist ein massiver Eingriff in ein europäisches Land und somit ziemlich kritikwürdig. Das andere ist, dass man meines Erachtens auf Mainstreamebene die USA deutlicher kritisieren müsste, das ist das realpolitsch aggressivste Land der Welt, vielleicht weniger unter Obama, aber generell schon. Die Kriege im Irak, Afghanisten und Lybien haben ganze Regionen destabilisiert, das wird kaum thematisiert. In Mittel- und Südamerika haben die in wohl jedem Land destabilisiert in den vergangenen 50 Jahren. Deren Rüstungsetat ist höher als die von allen anderen Ländern addiert. Die USA müssten vor einen internationalen Gerichtshof und dass das nicht passiert, ist eine Frage der Kräfteverhältnisse. Man sollte die USA-Kritik nicht den Jebsens dieser Welt überlassen. Die haben dann leichtes Spiel. Aber es ist halt Realpolitik, die da gemacht wird.

    In Bezug auf deine Oma stimme ich dir zu :-)

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