Elsässer und Co.: Kleines Beispiel für rechtsradikale Propaganda

Der Querfrontler Jürgen Elsässer hat kürzlich mit zwei, hüstel, Experten, über das Thema Flüchtlinge diskutiert. Der eine war Peter Feist, ein Neffe von Erich Honecker und selbsternannter Marxist, der bisweilen „nationalen Sozialismus“ fordert, der andere Martin Müller-Mertens, „Chef vom Dienst“ bei Elsässers Zeitschrift Compact.

Interessant ist ein Auszug, in dem Müller-Mertens beispielhaft zeigt, wie man Realitäten rechtsradikal verzerrt, um rassistische Stimmungen zu schüren.

Elsässer zitiert einen Artikel von Müller-Mertens in der aktuellen Ausgabe von Compact: „Deutsche raus – Wie deutsche Mieter unter rüdesten Methoden aus ihren Wohnungen geschmissen werden, um Platz zu machen für die Neubürger“

Müller-Mertens will nun ein Beispiel für seine steile These bringen und behauptet mit Bezug auf ein Studentenwohnheim in Görlitz (im Video ab 14:30):

Da sind also Studenten aus ihren Wohnheimen kurz vor den Prüfungen mit einer minimalen Frist von vier Wochen rausgeschmissen worden. Die sollten dann irgendwo anders unterkommen. Das Problem ist: Einige waren in Auslandssemestern, das heißt, die hatten gar nicht die Möglichkeit, diese Frist einzuhalten, und wenn sie sie eingehalten haben, dann konnten sie sich nicht auf ihre Prüfungen vorbereiten.

Grund für den angeblichen Rauswurf: Flüchtlinge ziehen ein.

Der Betreiber des Studentenwohnheims, das Studentenwerk Dresden, klärt via mdr auf:

Demnach wurde den Studenten tatsächlich (mündlich) mitgeteilt, dass sie bis Ende Juni ausziehen müssen. Grund sei allerdings, dass das Studentenwerk das Gebäude wieder an den Freistaat zurückgeben will, weil der Leerstand in Görlitz sehr hoch sei. „Von den 298 Wohnheimplätzen in Görlitz sind derzeit 93 nicht belegt. Deshalb wurde die Gesamtkapazität um die 56 Plätze im Wohnheim Hirschwinkel, von denen nur 32 belegt sind, reduziert.“ Den Studenten seien andere Wohnheimplätze angeboten worden, in die sie vor Beginn der Prüfungszeit im Juli umziehen können. Den Studenten werde dabei eine Umzugshilfe gewährt. Zudem müssten sie bis September die bisherige Miete bezahlen, falls die neue Miete darüber liegt. „Dieser Vorgang ist rechtmäßig und in den Mietbedingungen für Studentenwohnheime so vorgesehen für den Fall, dass der Betrieb eines Hauses aufgegeben wird.“

An anderer Stelle heißt es:

Inzwischen stellte sich heraus, dass die Studenten nur in ein benachbartes Wohnheim umziehen sollen und das Studentenwerk Dresden als Betreiber die Immobilie nach eigenen Angaben aus wirtschaftlichen Gründen abgab […] Laut Landesdirektion steht noch gar nicht fest, ob dort Flüchtlinge einziehen.

So geht rechtsradikale Propaganda. Aus einem simplen verwaltungstechnischen Detail wird die Behauptung konstruiert, deutsche Studenten würden nun aus ihren Zimmern geworfen, damit Flüchtlinge sich breitmachen können. Müller-Mertens spricht in dem Video auch von „Umvolkung“. Das deutsche Volk muss also weg und wird durch ein anderes ersetzt.

Man sollte solche Rhetorik als ausgesprochen naziaffin bezeichnen. Vielleicht spielt da auch Freud mit hinein und man will eigentlich andere umvolken: Schwule, Ausländer, Juden, Moslems, Putingegner und was es da sonst noch an Möglichkeiten gibt.

Peter Feist geht einen Schritt weiter. Er behauptet einen rechtsfreien Zustand in Deutschland, weil zu wenige Flüchtlinge abgeschoben würden, und sagt dann (ab 4:00):

Wir haben nun brennende Heime, wo man nicht genau weiß, ob das einen rechtsradikalen Hintergrund hat, aber es wäre zu verstehen vor dem Hintergrund, dass die Leute sagen: „Für die gilt ja gar kein Recht, die können sich einfach Rechte rausnehmen“, und dann die Sache in die eigene Hand nehmen.

Es ist also zu verstehen, wenn man „die Sache“ in die eigene Hand nimmt. Oder, ganz deutlich: Es ist zu verstehen, wenn Häuser angezündet werden, in denen Menschen wohnen oder demnächst wohnen sollen.

Elsässer will da nicht hintanstehen. Er spricht von „Landnahme und sukzessivem Bevölkerungsaustausch“ und prognostiziert (16:20):

Dass Deutsche, Inländer, ihre Wohnungen verlieren zugunsten der Asylbewerber, das wird massiv weitergehen.

Außerdem

sieht es bei uns mittlerweile aus wie in Beirut oder in Gaza.

Na, da wird es höchste Zeit, dass jemand diese Sache in die Hand nimmt. Nennt man sowas nicht geistige Brandstiftung? Die Drecksarbeit machen dann andere.

Solche Hetze – beileibe nicht nur die dieser drei Kameraden – macht via facebook massenhaft die Runde. Der rechtsradikale Sektor in Deutschland bastelt sich so seine eigene Wahrheit. Und glaubt sie.

Man müsste in dem Zusammenhang auch über Facebook diskutieren, wo sich haufenweise Hetzer und Vereinsamte und verhetzte Einsame und vereinsamte Hetzer treffen. Gemeinsam sind sie halb so einsam und doppelt so verhetzt. Informationsoverkill.

Schaut man sich nach Monaten mal wieder die Pegida-Seite an, schreiben die Bachmanns dieses Landes folgendes:

Wir wollen nicht im Mittelalter leben, wir wollen unsere freien Gesellschaften, unsere humanistisch geprägten Errungenschaften behalten!

Vermutlich so humanistisch geprägt wie Müller-Mertens, Feist und Elsässer. Die junge freiheit nennt die Zahl der Angriffe auf Flüchtlinge „angesichts des massiven Ansturms“ allen Ernstes „erstaunlich gering“. Weiter: Der deutsche Staat

„zerstört sich selbst und versinkt in Willkür und Anarchie.“

Man wird sich ja noch wehren dürfen. All diese Kameraden fordern indirekt, aber kaum mehr verhüllt, Gewalt.

Zuckerberg ist übrigens Vater geworden.

P.S.: Bei Stefan Niggemeier findet man eine Auflistung der aktuell wichtigsten und einflussreichtsten rechtsradikalen Hetzportale: Pi-News, Kopp, Blu-News, Sezession, Journalistenwatch.

010(Foto: genova 2015)

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2 Antworten zu Elsässer und Co.: Kleines Beispiel für rechtsradikale Propaganda

  1. hANNES wURST schreibt:

    Hat das Kind schon ein Facebook Konto? Ich freue mich für Zuckerberg, die meisten Kinder wollen ja keine Nerds als Vater.

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  2. genova68 schreibt:

    Ein Facebook-Konto ist ein Menschenrecht. Ich gehe davon aus, dass Zuckerberg seinem Kind das nicht vorenthält.

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