Deutsche Realitäten, die x-te

Eine weitere der zahlreichen Grafiken, die Deutschlands Sonderweg beschreiben, auf dem diese Gesellschaft immer noch unterwegs ist, allen Unkenrufen wie dem von Christopher Clark (oder der deutschen Leseweise seines Schlafwandler-Buches) zum Trotz:

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Derzeit jammert man ja gerne über die verrottende Infrastruktur. Die Grafik zeigt, warum sie verrottet. Drei Prozent sind eine wohl sinnvolle Größe, um den theoretischen Wohlstand in einen praktischen zu verwandeln. Nicht so hierzulande. Bei einem jährlichen BIP von rund 2,5 Billionen Euro sind diese auf den ersten Blick geringen Abweichungen real drastisch. Es ist das bewusste Verlotternlassen von Infrastruktur, um dem Kapital kurzfristige Gewinne zu bescheren oder um die schwarze Null zu propagieren.

Die höheren Infrastrukturausgaben in den anderen EU-Ländern sorgten auch für die Erfolge der deutschen Exportindustrien.

Zweierlei sticht besonders ins Auge:

1. Die Sparorgie wurde vor allem von rot-grün angestoßen, und zwar ohne jede Not, ähnlich wie bei der Agenda-Politik. Wer heute über undichte Schuldächer lamentiert, kann sich auch bei Roth, Hofreiter, Özdemir, Trittin und den anderen Helden beschweren. Es ist ein weiterer Beleg für die These, dass rot-grün eine wirtschaftspolitisch neoliberale und damit rechte Politik durchzog, von der die FDP nur träumen konnte.

2. Im Zuge der Finanzkrise stiegen die staatlichen Infrastrukturausgaben in Deutschland an, aber nur leicht, um danach wieder auf Talfahrt zu gehen. Das könnte auch System haben. Wirtschaftsminister Gabriel ist derzeit sehr bemüht, dem Kapital bei Autobahnsanierungen via Public Private Partnership Milliardengewinne zuzuschanzen, obwohl der Bund Kredite zum Nulltarif bekäme.

Die kleine Minderheit seriöser deutscher Journalisten weist auf die diesbezügliche kriminelle Energie von Gabriel hin. Aber kriminelle Energie gehört im kapitalistischen Politbetrieb vermutlich zur notwendigen Grundausstattung.

Und dann noch das hier:

Öffentlicher-dienst-Griechenland-OECD1

Angeblich hat Griechenland einen riesigen öffentlichen Sektor. In vernünftigen Medien ist schon länger zu lesen, dass das nicht stimmt. Es scheint eine Variante deutscher neoliberaler Berichterstattung zu sein, die mit Schubladen arbeitet. Der Grieche ist Südländer, also faul, also Beamter. Und da in Griechenland nichts klappt, müssen da haufenweise Beamte nichtstuend rumhocken. In Berlin hat Finanzsenator Sarrazin für massiven öffentlichen Stellenabbau gesorgt mit dem Ergebnis, dass man nun mehrere Monate auf einen Termin oder terminlos locker vier Stunden auf die Ausstellung eines internationalen Führerscheins wartet, was eigentlich in fünf Minuten erledigt ist.

Bemerkenswert, dass ausgerechnet in den skandinavischen Ländern die Öffentlicher-Dienst-Quote ziemlich hoch ist. Nach neoliberaler Logik müssten diese Gesellschaften schon längst ökonomische Failed States auf dem Level von Jemen oder Somalia sein.

P.S: Gerade veröffentlichte das Statistische Bundesamt die endgültigen Zahlen des deutschen Außenhandels für 2014. Ergebnis: trotz dem Russland-Boykott 217 Milliarden Euro Überschuss, das ist im Vergleich zu 2013 ein Anstieg um 11 Prozent.

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6 Antworten zu Deutsche Realitäten, die x-te

  1. El_Mocho schreibt:

    „Es ist ein weiterer Beleg für die These, dass rot-grün eine wirtschaftspolitisch neoliberale und damit rechte Politik durchzog, von der die FDP nur träumen konnte.“

    Und es geht aktuell so weiter. Dafür bekommen wir im Gegenzug Frauenquote, Gender-Lehrpläne, islamische Kopftücher an der Schule und immer mehr Flüchtlinge, deren bedingungslose Aufnahme moralisch geboten ist, während man die fluchtverursachende Situation in ihren Herkunftsländern nicht verändern darf, weil dies ihre kulturelle Identität verletzen würde.

    Irgdenwann müsste doch auch dir auffallen, dass da ein Muster besteht.

    Du bist doch nicht doof.

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  2. genova68 schreibt:

    Sowas nennt man Verschwörungstheorie. Du bastelst dir diesen Zusammenhang nur in deinem Kopf zusammen. Das ist kein Muster.

    Lass dir das von mir gesagt sein, denn ich bin nicht doof.

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  3. El_Mocho schreibt:

    Hm, wie erklärst du dir denn, dass ausgerechnet Rot-Grün die neoliberale Politik durchzog und nicht die CDU? Eine alternative Erklärung wäre schon nett.

    „Deutschland darf sich nicht auf eine weiterhin hohe Einwanderung aus der EU verlassen“, erklärte Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. Es müssten jetzt die Weichen gestellt werden, „damit Deutschland als Einwanderungsland auch für Drittstaatler attraktiver wird“. Dazu gehöre ein verständliches Einwanderungssystem mit dem Signal, dass qualifizierte Zuwanderung von außerhalb der EU nicht nur erlaubt, sondern erwünscht sei. Die Studienautoren räumten ein, dass der tatsächliche Bedarf an Arbeitskräften angesichts des Wandels der Arbeitsgesellschaft, beispielsweise durch Digitalisierung, schwer zu prognostizieren sei. Trotzdem sei ein relatives hohes Erwerbspersonenpotenzial und damit Zuwanderung nötig, um angesichts der Alterung der Gesellschaft den Staatshaushalt und die sozialen Sicherungssysteme zu sichern.“

    http://www.stern.de/politik/deutschland/bertelsmann-studie-deutschland-braucht-mehr-einwanderer-2183134.html

    Was glaubst du, warum fordert ein neoliberaler Think Tank mehr Zuwanderung? Um den Flüchtlingen zu helfen? Wohl kaum, sie sagen es ja offen, es geht darum die Renten-und Sozialsysteme weiter finanzieren zu können, ohne die Eigentumsverhältnisse antasten zu müssen.

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  4. besucher schreibt:

    Verschwörungstheorie hin oder her: WIR ziehen (zumindest in Europa) die fähigen Kräfte in Europa an, die hier für weniger Geld als der Inlandsgermane arbeiten aber immer noch mehr verdienen als in ihren Ländern. So etwas nennt effektive Ressourcenverwertung im BWL-Sinne. Wen kümmert da schon so etwas wie volkswirtschaftliche Aspekte.

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  5. besucher schreibt:

    @El Mocho

    Multikulti-Beschwörer und Wirtschaft arbeiten hier Hand in Hand. Dummerweise setzt nur eine Seite ihre Interessen letztendlich durch. Ob die andere Seite das irgendwann mal blickt?

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  6. genova68 schreibt:

    Mocho,
    warum hat rot-grün die neoliberale Politik forciert? Dazu sind sicher schon Bücher geschrieben worden. Antwort: Weil das Kapital seine Renditemöglichkeiten ausweiten wollte und schwarz-gelb unter Kohl abgelöst wurde. Schröder und Fischer waren nie links gewesen, es ist die bürgerliche Presse, die so einen Quatsch behauptet hat. Schröder war seit jeher bestrebt, sich aus seiner Klasse zu verabschieden, die er vermutlich massiv verachtet. Solche Leute aus kleinen Verhältnissen sind die besten Zuarbeiter fürs Kapital.

    Außerdem wurden von der neuen Regierung neue Wege erwartet. Das Kapital fand in Schröder einen Mann, der bereit war, die eigene Partei zu zerstören, um neue Renditemöglichkeiten einzurichten. Die SPD hat es einigermaßen zerrissen dadurch.

    Flüchtlinge: Klar fordern Neoliberale die, weil sie damit Löhne niedrig halten können. Das ist nichts neues.

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