„Deutschland ist an allem schuld“

Das sage nicht ich, sondern  Heiner Flassbeck in einem Interview mit einer Schweizer Zeitung.

Er sagt zwar nichts Neues, aber das immer wieder prägnant. Kern ist nach wie vor die banale Einsicht, dass die Überschüsse auf der einen Seite die Defizite auf der anderen Seite sein müssen:

„Wenn Griechenland seine Schulden zurückzahlen soll, müsste es Leistungsüberschüsse erzielen. Und wenn alle Schuldnerländer Überschüsse machen, müssten die Schweiz und Deutschland Defizite machen. Dazu müssten die Schweiz und Deutschland erst einmal ihr Wirtschaftsmodell fundamental ändern. Der Schweiz wird das jetzt über den Wechselkurs aufgezwungen. Es ist eine unsinnige Haltung, zu sagen, die Griechen sollen Schulden zurückzahlen, aber wir verharren auf unserer Überschussposition.“

Und:

„Ich habe schon 1997 geschrieben, dass man mit einer deutschen merkantilistischen Politik, mit einer Lohnsenkungspolitik, diese Währungsunion zerstören wird. Das will man in Deutschland einfach nicht wahrhaben, obwohl es praktisch die ganze Welt weiss.“

Egal, ob man Keynes für annehmbar hält oder lieber gleich den Kapitalismus weghauen will: Flassbeck nennt die deutsche Krankheit, dieses „Wir werden von der ganzen Welt bedroht“. Das führte zu WK I und II und steckt nach wie vor tief drin. Das Griechenbashing der Bild ist ohne dieses Gefühl einer verzweifelten Überlegenheit nicht zu haben.

Flassbeck machte kürzlich auch auf eine Bundestagsdebatte über Leistungsbilanzen aufmerksam. Der Ökonom Michael Schlecht von der Linkspartei thematisierte in einer Zwischenfrage gegenüber dem sozialdemokratischen Abgeordneten Dirk Becker im Bundestag kürzlich die Problematik von Leistungsbilanzüberschüssen. Beckers Antwort darauf ist fast schon erschütternd (ab 6:00):

http://www.flassbeck-economics.de/das-hohe-haus-in-voller-aktion/

Er spielt, bar jedes makroökonomischen Wissens, die nationale Karte: „Das ist eine Stärke unseres Landes“ und: „Wir sind nicht in einer Planwirtschaft.“

Es ist, kurz gesagt, wohl so, dass die Unternehmer in Beckers Wahlkreis oder sonstwo eine Fortsetzung der Überschusspolitik von ihm verlangen und makroökonomisch es in seinem Umfeld kein Korrekturmoment gibt. Dieser Herr Becker ist damit ein ganz gutes Beispiel für eine korrupte, aber legale Politik: Er ist vermutlich schlau genug, um zu wissen, dass er dummes Zeug erzählt. Er kann aber nicht anders und hilft sich mit Floskeln: Deutschland ist erfolgreich, wir sind stark, Arbeitsplätze etc.

Becker ist auch ein gutes Beispiel für den anhaltenden Niedergang der Sozialdemokratie.

Wenn die Griechen den Anfang machen und die Schulden nicht zurückzahlen wollen und können, fühlen wir uns schlecht behandelt. Die Dummheit ist grenzenlos und offenbar spezifisch deutsch.

In dem Zusammenhang noch einmal die Doku von Harald Schumann über die Troika, lief kürzlich auf arte. Wer in 90 Minuten von einem guten Journalisten gut informiert werden will, greife zu:

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