Der neue Trend der Mittelklasse: das Haus vorm Haus

Die Doppelhaushälftengarage vor der Doppelhaushälfte, schön mit Satteldach und zumeist im aktuell trendigen Pastellgelb: So sieht´s aus in der westdeutschen Provinz.

Bild zwei ist fast zu schade, um es in dieser Reihe zu bringen, mit den Blindgauben eine perfekte Kunstinstallation. Bild vier zeigt eine Revolution: kein Satteldach! Der Nachbarschaftsstreit ist programmiert. Dafür hat der Hausherr das verwendet, was man in diesem Milieu als Naturstein bezeichnet. Es ist das Pendant zur Jeans, die man mit Löchern drin neu kauft; ein Stein, der maschinell zum Naturstein behandelt wird. Wobei sein Nachbar auch mutig ist: Er hat das Garagentor asymetrisch angebracht. Die deutsche Mittelklasse muckt auf.

Vor diesen Häusern steht oft ein Golf in der aktuellen Version. Man sieht plötzlich, wie angenehm unprätentiös dieses Auto ist. Alles eine Frage des Vergleichs.

137 152 154 157 158(Fotos: genova 2014)

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6 Antworten zu Der neue Trend der Mittelklasse: das Haus vorm Haus

  1. altautonomer schreibt:

    „Vor diesen Häusern steht oft ein Golf in der aktuellen Version.“ Dazu passend auch ein aktuellerTrend, der evtl. einen eigenen Text wert wäre, der Eigenumbau von Eurpaletten zu Gartenmöbeln und anderem.

    Schau mal hier:
    http://www.palettenbett.com/category/palettenmoebel/

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  2. Motherhead schreibt:

    Ich habe noch nie begriffen, wieso die Leute ihr Leben lang für solche 08/15-Kackhäuser in der Vorstadt-Hölle schuften.

    Vielleicht der Grund dafür, dass Schwaben so fleißig sind: Einerseits fühlen sie sich dem im Ländle vorherrschenden gesellschaftlichen Postulat verpflichtet, nach dem jeder ehrenwerte Bürger ein Heim sein Eigen nennen muss.
    Andererseits müssen sie in ihren Horrorhäusern möglichst wenig Zeit verbringen, wenn sie jede Woche sechzig Stunden arbeiten.

    „Die Wirtschaft“, resp. den Arbeitgeber und die Immobilienindustrie, wird’s freuen.

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  3. Motherhead schreibt:

    Nachtrag:
    Offenbar handelt es sich hier um die westdeutsche Provinz und nicht das Schwabenland. Ich tippe mal auf den mittleren Niederrhein, ungefähr zwischen Kaarst und Willich-Neersen – eine Gegend, die an Langeweile kaum zu überbieten ist und deren Bewohner sich seit Jahrzehnten im europäischen Humor-Ranking mit den Ostwestfalen und Franken um die letzten Plätze balgen.
    Da der Rheinländer aber zur Gemütlichkeit neigt, muss ich meine theoretisch sehr schöne 60-Stunden-Theorie in der Praxis leider in die Tonne kloppen.
    Der Immobilienwirtschaft wird’s aber egal sein, vermute ich.

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  4. philgeland schreibt:

    Die Dinger sehen aus wie Modelle von Kibri oder Faller.
    Ha-NULL.

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  5. genova68 schreibt:

    altautonomer,
    danke für den Link. Das läuft so ähnlich wie mit den Schiffscontainern. Die fallen massenhaft an und man kann sie weiterverwenden, sie sind extrem robust.

    Mother,
    es hängt wohl damit zusammen, das Baumärkte diesen Krempel billig anbieten. Alles, was ästhetisch Richtung Bauhaus geht, ist teurer, wohl, weil die Zielgruppe bereit ist, mehr zu zahlen. So wie ein Wellnessurlaub in totaler Einfachheit teurer ist als ein Billig-Fünf-Sterne-Hotel im Süden.

    Woher dieses ästhetischen Bedürfnisse kommen, interessiert mich sehr. Warum beispielsweise deutschlandweit sämtliche denkbaren Pastellgelbtöne verwendet werden, Satteldächer heute meist (wie oben im Bild) schon auf das EG aufgesetzt werden und man zwei Dachschrägengeschosse hat.

    Locker gesagt sind das alles Zeichen einer verängstigten, reaktionären Gesellschaft. Mein Heim ist eine sichere Heimstatt, weil da draußen die Zeiten so hart sind. Es ist vielleicht auch eine Entfremdung vom Material: Man hat keine Beziehung mehr zu Möbeln, wenn man alle paar Jahre bei Ikea den nächsten Billigschrott kauft, keine Beziehung zur Herstellung, zur Haptik, alles nur verleimt etc. Die kapitalistische Logik des Ex und Hopp kommt auch in solchen Häusern zum Ausdruck. Der Wiederverkauf wird eh nicht mehr funktionieren, der Wertverlust ist vermutlich allen Beteiligten bekannt.

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  6. Motherhead schreibt:

    Ich heiße Motherhead. So viel Zeit muss ein.

    Mutter

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