Warum die Bäume in Berlin noch einen Monat stehenbleiben dürfen

Das Angenehme an dem sonnigen und milden Wetter im März ist nicht nur das sonnige und milde Wetter, sondern auch der Umstand, dass im März die Bäume noch nicht blühen. Das heißt, die Sonne kommt durch und scheint sonnig und mild auf die nackte Haut, was zwei Monate später nicht mehr der Fall ist. Zumindest in Berlin.

In Berlin gibt es von Mai bis November nur Schatten, weil es überall Bäume gibt, und zwar fast immer mit Blättern dran, die so groß sind, dass man ganze Blogeinträge auf ihnen niederschreiben könnte, hätte man einen blattsensitiven Stift zur Hand. Nach November gibt es keinen Schatten, aber Dunkelheit, weil die Sonne dann nicht scheint bzw. so tief steht, dass man sie nicht sieht.

So ist also der März der beste und eigentlich der einzige Berliner Sonnenmonat (gesetzt den Fall, die Sonne scheint), solange meine nach wie vor postulierte Forderung nach dem Umhauen von mindestens der Hälfte aller Bäume in Berlin nicht umgesetzt wird.

Man versuche, sich in einem Nachmärz- und Vornovembermonat am Wann- oder Schlachtensee in die Sonne zu legen. Unmöglich. Alles voll vermodertem und dunkel- und somit unheilbringendem Grünkrempel über und neben und vor und hinter einem. Für jemanden, der an lichten, luften, sonnigen und klaren stadtnahen Baggerseen aufgewachsen ist, ein klarer Rückschritt. Für mein Gefühl sind lichte und luftige Baggerseen ein typisch westdeutsches Phänomen. Deshalb sind Wessis auch besser gebräunt als Ossis. Während der Wessi sich einfach an den lichten und luftigen Kiesstrand und also in die sonnige und milde Sonne legt, verfängt der Ossi sich im Gestrüpp.

Zurück zum Thema: Bäume gehören dahin, wo sie hingehören und wo sie sich sicher auch zuhause fühlen: in den Wald.

Doch ich bin gewohnt kompromissbereit: Bäume in der Stadt sind tolerierbar. Solange sie keine Blätter haben.

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13 Antworten zu Warum die Bäume in Berlin noch einen Monat stehenbleiben dürfen

  1. Nihilist schreibt:

    Bäume sind Luftverbesserer. Wenn sie denn Blätter tragen.

    Sonne ist ungesund – Blässe ist angesagt. Es sei denn, man hat den Wunsch an Hautkrebs zu erkranken. Alternative? Asitoaster!

    Ach, mein Vetter wurde nur 30 Jahre alt – dann starb er qualvoll am schwarzen Melanom, das wünsche ich meinem ärgsten Feinde nicht. Er hatte jedes Jahr im Süden in der Sonne gebraten. Seitdem habe ich jede Bräune vermieden. Selbst im Sommer nur Jacken mit langen Ärmeln, lange Hosen und eine Kopfbedeckung! Auch wenn ich dann komisch angesehen werde.

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  2. genova68 schreibt:

    „Selbst im Sommer nur Jacken mit langen Ärmeln, lange Hosen und eine Kopfbedeckung!“

    Da verwechselst du etwas. Du bis im Sommer so merkwürdig angezogen, weil in Bremen, wo du wohnst, das Wetter so scheiße ist. Da scheint die Sonne eh nie, Temperatur dauerhaft unter 20 Grad. Ich verweise auf meinen Norddeutschlandartikel:

    Norddeutschland: Anmerkungen zu einer Kulturnaturkatastrophe

    Hautkrebsfälle in Norddeutschland sind faktisch nicht möglich.

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  3. Motherhead schreibt:

    Wessis sind vor allem deshalb besser gebräunt als Ossis, weil sie es sich leisten können, jedes Jahr 10 Wochen Urlaub in Südeuropa zu machen. Während es bei euch Ossis höchstens zu einem Wochenendausflug in die Lausitz reicht.

    Vor allem in meiner Heimatstadt Düsseldorf sieht man lauter gut gelaunte und gebräunte Menschen. Kapitalismus kann so herrlich sein!

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  4. genova68 schreibt:

    Sehr richtig, der magere Baumbestand Düsseldorfs ist ein klarer Pluspunkt. Es lebe die schwüle Rheinlandsonne. In der Lausitz gibt es aber auch keine Bäume, glaube ich.

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  5. petrasusan schreibt:

    Auf meine weiße Hautfarbe bin ich stolz. 98 % der Weltbevölkerung würde gern mit meiner Hautfarbe tauschen. Schauen wir mal die Menschen z.B. in Asien an: Braun = total verpönt. Man trägt Sonnenschirm und Cremes auf, um ja nicht braun zu werden. Braun sind Bauern, die bis zum Umfallen auf dem Feld arbeiten müssen und wer will das schon. Und nicht nur dort ist das so. Nur Europäer meinen, braune Haut wäre etwas erstrebenswertes Gesundes. *Lach* Klingt zwar komisch, ist aber so, habe ich bei meine vielen Reisen immer wieder bemerkt.

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  6. Nihilist schreibt:

    Berliner mit Marmeladenfüllung mag ich lieber.

    ;-P

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  7. genova68 schreibt:

    petrasusan ist der beste Beweis, dass das viele Reisen nicht bilden, sondern verblöden kann. Ich habe sogar immer öfter das Gefühl, dass man immer blöder wird, je mehr man reist, was daran liegen könnte, dass man die Komplexität, auf die man trifft, wenn man in fremden Gegenden unterwegs ist, nur für sich geregelt kriegt, wenn man auf bewährte Klischees zurückgreift.

    Es gibt ja immer wieder erschütternde Szenen, wenn deutsche Herrenmenschen niedere Länder bereisen.

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  8. Bernd schreibt:

    :D
    Der beste Artikel und Kommentare, die ich seit langem gelesen habe!
    Ja, ich bin auch stolz auf Bäume mit Blätter und auf weiße Haut. Dann sieht man sofort, aha, ein ungesunder Stadtmensch, der sich kein Urlaub leisten kann.

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  9. Jakobiner schreibt:

    Seid doch froh, dass ihr soviele Bäume habt! Als zugezogener Hesse geniesse ich jeden Biergarten in Bayern mit Bäumen. Das Licht-Schattenspiel, die gesamte Atmosphäre um solch einen Baum ist entspannend und esoterisch meditativ. Man kann die Seele baumeln lassen und kommt sich zudem vor wie Asterix und Obelix bei der Dorffeier um den Baum an den Troubadix aufgehängt wird.Ich hasse diese modernen baumlosen Biergärten, wo alles nur in eine Schotterwüste gegossen wird und maximal noch ein Stein als Brunnen vorgesehen ist auf dem steht“Eltern achten auf ihre Kinder!Bitte nicht berühren!!“

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  10. wortfront schreibt:

    :-) Jaja, mit unscheinbaren Inhalten zieht man die meisten Kommentare… Mich ärgern hier in B weniger die Bäume – die machen ein angenehmes Klima. Aber aus mir völlig unerfindlichen Gründen räumen alle Lokale bei den allerersten Sonnenstrahlen schon riesige Schirme auf die Strasse, als sei tropische Hitze zu erwarten…
    Schirme & Bierbänke: Berliner Sommerliche Gemütlichkeit. Für den gelernten Südländer unerträglich.

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  11. InitiativGruppe schreibt:

    Mich stören in Berlin weder die Bäume (mit und ohne Blätter) noch die Schirme – mir sind die Straßen zu breit.
    Was könnte man da machen?
    (Außer nach Italien zu flüchten.)

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  12. Jakobiner schreibt:

    Was könnte man da machen ?Berlin Mitte in eine riesige Fussgängerzone mit Biergärten und Bäumen verwandeln? Da kann man dann angesichts dieser Dorfidylle auch noch seinen Abgeordneten persönlich treffen…

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  13. genova68 schreibt:

    „Was könnte man da machen?
    (Außer nach Italien zu flüchten.)“

    IG, du als Münchner musst da eigentlich gar nichts machen. Und nach Italien ist es ja näher als nach Berlin. Die Lage Berlins in Deutschland (DDR, Ostelbien, Osten etc.) ist das größte Manko der Stadt, so ist das nun mal. Angenehm ist aber nach wie vor das Gefühl des Transits, wenn man die Stadtgrenze verlässt. Und nach wie vor verlassen die wenigsten vor Erreichen Helmstedts die Autobahn.

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