Bundespräsident Gauck: eine üble Entscheidung

Tja. Jetzt wird es also Joachim Gauck. Keine schöne Sache. In aller Kürze:

1. Inhaltlich:

Von Gauck ist mir keine gelungene, unterstützenswerte Äußerung bekannt. Er hat sich für Sarrazin ausgesprochen und findet die Gegner von Stuttgart 21 „biedermeierlich. Wenn sich die Welt verändert, gibt es immer wieder Menschen, die sich dagegen stemmen.“  Er nannte sie auch „egoistisch“. Er hält – nach der Finanzkrise und mitten in den aktuellen Verwerfungen – Kritik am Kapitalismus für „romantisch“ und „unsäglich albern“ und meinte zu den Protesten gegen Banken und Finanzsystem außerdem:

„Ich habe in einem Land gelebt, in dem die Banken besetzt waren.”

Überhaupt hängt er mit seinem Freiheitsbegriff komplett in der DDR fest und es ist angesichts seines fortgeschrittenen Alters nicht anzunehmen, dass sich daran etwas ändern wird. Aufschlussreich ist ein Satz aus seiner 2008 erschienenen Biographie:

„Ich werde die Freiheit wohl ebenso lange in hohen Tönen loben, wie ich die Spätfolgen der Unfreiheit in mir spüre.“

Sein Geschichtsverständnis ist ebenfalls von einschlägigen Erfahrungen in der DDR geprägt, die ihn nicht zurechnungsfähiger machen:

„Wir haben den Sieg der Visionen einer Ordnung des Proletariats und der arischen Rasse erlebt“ (ebenfalls in seiner Biographie, S. 339)

DDR, Nazis, alles eine Mischpoke.

Sein Slogan „Freiheit in Verantwortung“ ist angesichts des 200 Jahre alten Slogans der französischen Revolution „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ ein Rückfall in feudale Strukturen oder auch nur eine Bekräftigung neoliberaler Floskeln. Die von ihm geforderte „Bürgerbeteiligung“ ist seinen sonstigen Ansätzen effektiv entgegengesetzt. Angesichts dessen kein Wunder: Gauck ist  in ein liberales Netzwerk eingebunden.

2. Medial:

Gauck wurde vor zwei Jahren von den Leitmedien in einer Kampagne beispiellos (da kommt höchstens der Trubel um Guttenberg mit) gehypt. Ohne inhaltlich irgendwas konkretisieren zu können, haben Bild („Yes, wie Gauck!“), Spiegel und Co. den widerständigen Pfarrer als Übervater, als Führerfigur, als so eine Art Befreier des von der politischen Klasse gepeinigten Volkes aufgebaut. Der Springer-Verlag selbst hat der SPD den Kandidaten vorgeschlagen und dann gefördert. Sein neoliberaler Ansatz war da natürlich von Vorteil, sein Dasein als Nichtpolitiker ebenso. Von dieser Seite aus ist eine weitere Glorifizierung Gaucks zu erwarten, solange er die Linie hält.

3. Das politische Gefüge:

Es war schon vor zwei Jahren ein Zeichen für den weiterhin gültigen neoliberalen Ansatz von SPD und Grünen, dass sie sich ausgerechnet auf Gauck als Kandidat einigten. Unvergessen die Bilder, auf denen Gauck auf einer Bühne emphatisch von seinen DDR-Erfahrungen sprach und in der ersten Reihe Gabriel, Roth und andere mit gefalteten Händen so andächtig lauschten, als säße da der Leibhaftige persönlich. Ein inhaltlich typischer Kandidat von schwarz-gelb war plötzlich der Hoffnungsträger von rot-grün. Nach Agenda 2010 und anderem war das nicht mehr wirklich verwunderlich, aber es zeigte, dass weder die SPD noch die Grünen aus ihren Erfahrungen der vergangenen zehn oder zwölf Jahre gelernt hatten.

4. Aussschlussmechanismen:

Gesamtgesellschaftlich halte ich die Wahl Gaucks für fast schon gefährlich. Das emanzipatorische Moment hierzulande wird geschwächt, wenn ein moralisch positiv aufgeladener und in Wahrheit reaktionärer Bundespräsident seinen depperten Slogan medial verstärkt unter die Leute bringen kann und ernsthafter Fortschritt dadurch gebremst wird. Es herrscht nun offensichtlicher denn je eine Fünfparteienkoalition (außer der Linken), nicht nur im Bundestag, sondern auch im Gewaber der öffentlichen und veröffentlichten Meinung. Ein ominöser Zusammenhalt des „Volkes“ wird zwar durch den neoliberalen Ansatz effektiv ad absurdum geführt und die „Freiheit in Verantwortung“ wird aller Voraussicht nach im Dienste neoliberaler Politik stehen, aber formal, rein rhetorisch an der Oberfläche, dürfte mit Gauck dieser Zusammenhalt zustande kommen, wie gesagt, auf Kosten emanzipatorischer Politik. Ein Volk, eine Republik, ein Präsident. Es erinnert an das Geplapper der US-Republikaner, die es ja überzeugend schaffen, an den Patriotismus der Amis zu appelieren und gleichzeitig die realen gesellschaftlichen Schranken immer undurchlässiger zu gestalten.

Nichts gegen Gaucks Biographie und auch keinen Einspruch dagegen, dass er deswegen mit der Linkspartei als Nachfolgerin der SED auf Kriegsfuß steht. Aber wir sind mittlerweile im Jahr 22 nach dem Untergang der DDR. Freiheit und Verantwortung sind Begriffe, die heute komplett anders gefüllt werden müssten als im Mecklenburg der 1960er, 70er und 80er Jahre. Freiheit und Verantwortung sind heute Begriffe, die ohne einen prägnant gefüllten Begriff von Solidarität oder Emanzipation in ihr Gegenteil umschlagen. Das ist jedem aufgeklärten Menschen mittlerweile bewusst. Dem Bundespräsidenten nicht. Natürlich ist dieses Amt in Deutschland nicht besonders bedeutsam. Aber man kann da nachhaltige Akzente setzen. Dem engagierten und verblendeten Gauck traue ich das zu – leider.

Es kann natürlich auch anders kommen. Ich täusche mich manchmal gern.

P.S: Es gibt noch Hoffnung: Die Piraten wollen angeblich Georg Schramm zu ihrem Bundespräsidentenkandidaten machen. Angesichts eines solchen Vorschlags wird klar, was möglich wäre, wenn es möglich wäre.

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37 Antworten zu Bundespräsident Gauck: eine üble Entscheidung

  1. InitiativGruppe schreibt:

    Meine eigene Gauck-Skepsis hab ich auf meinem Blog im Kommentarteil auch kund getan. Moderat hab ich da gemeint:
    Eine Persönlichkeit, ja – einer, der auf eigenen Beinen steht, ja – aber auch einer, der im Westen fremdelt. Schon ein bisschen reaktionär, ein bisschen fremdenfeindlich, wenn ich mich da richtig erinnere an einige einschlägige Äußerungen. Natürlich kein richtiger Fremdenfeind, ok.

    Aber als ich jetzt deinen Kommentar gelesen habe, Genova68, hab ich mich erschrocken.

    Ist es wirklich so schlimm? –

    Ich fürchte, du hast recht. Wort für Wort, Satz für Satz.

    Trotz der Einseitigkeit. Du suchst außer bezüglich der DDR-Biografie Gaucks keine entlastenden Gesichtspunkte.

    Kann mir hier jemand ein paar entlastende Gesichtspunkte nennen? Mir fällt vor lauter Schreck im Moment keiner ein.

    Ich klammere mich an deinen Schlusssatz:
    Es kann natürlich auch anders kommen. Ich täusche mich manchmal gern.

    Amen.

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  2. Nihilist schreibt:

    Nun, nach IM Erika kommt nun auch IM Larve.

    Es wächst zusammen, was mal zusammen (IM) gehört hat.

    Jedes Volk bekommt eben die Regierung die es verdient. Mist, mein Vorbild, Henry David Thoreau, sagte, in einem Unrechtstaat gehören gerechte Bürger in den Knast, weil sie nur so nicht am Unrecht teilnehmen.

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  3. genova68 schreibt:

    Ich habe den Artikel gestern Nacht schnell hingeschrieben, so wie ich das hier ja fast immer mache, und bin manchmal einen Tag später selber überrascht, was da steht. Das ist für mein Verständnis eines Blogs aber in Ordnung so.

    Das Entlastende wäre vielleicht, dass Gauck ja wirklich mal sowas wie ein Bürgerrechtler war und zumindest da eine gewisse Affizierung eingetreten ist. Das ist wohl auch ein Grund, weshalb er sich so kritisch über S 21 und kapitalismuskritische Proteste äußert. Diese Sensibilität ist immerhin vorhanden, wenn auch in die völlig falsche Richtung ausgeprägt.

    Nachdem ich heute morgen die Presseschau gehört habe, ist aber gut möglich, dass einige Zeitungen doch so langsam merken, wen sie da ins Boot bzw. ans Ruder geholt haben.

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  4. Observator schreibt:

    Also nicht erstaunlich, das ihn die FDP jetzt „vorschlägt“.

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  5. genova68 schreibt:

    Überhaupt nicht. Die FDP ist die einzige Partei, die in der Kandidatenfrage konsequent gehandelt hat.

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  6. Tony Mach schreibt:

    Wir sollten uns die Freiheit nehmen erst das Berliner Schloss wiederaufzubauen und anschließend mit ein paar Präzisionsinstrumenten aus Frankreich des ausgehenden 18 Jahrhunderts diejenigen, die die hier herrschende unfreie, ungleiche und unsolidarische Ordnung verteidigen, auf „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ einschwören.

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  7. genova68 schreibt:

    Hier noch eine Episode, die, wie so manches anderes, an den intellektuellen Fähigkeiten Gaucks zweifeln lässt:

    In einer Diskussion im Wiener Burgtheater geht es um die Einführung von Nacktscannern am Moskauer Flughafen:

    Gauck bekennt, dass ihm das „völlig schnurz-egal“ wäre, er gehe ja auch auf den FKK-Strand. Und vielleicht könne man „die kostbaren Geschlechtsteile verdecken“.

    http://derstandard.at/1291454160226/Diskussion-im-Burgtheater-Der-Staat-darf-nicht-zum-Spitzel-werden

    Wäre eigentlich ganz lustig, wenn man sich die kommenden vier Jahre auf dieses Niveau einstellen müsste.

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  8. InitiativGruppe schreibt:

    Prantl in der Süddeutschen Zeitung meint eine gewisse „thematische Enge“ bei Gauck zu erkennen.

    Mir fällt aber nun doch endlich etwas Entlastendes ein – etwas, das EUCH allerdings gar nicht gefallen wird:

    Die meisten Leute in Deutschland sind heute alte oder jedenfalls relativ alte Menschen, und Gauck ist auch alt, richtig alt, auch in dem Sinne, dass er mit der jungen und neuen Welt nicht viel anfangen kann. Er hat also vielleicht die richtigen Reflexe – für die ältere Generation, die von den ständigen rasanten Innovationen längst hoffnungslos abgehängt worden ist.

    Auch die brauchen eine Vertretung in der Politik. Wenistens eine, die aus tröstenden oder trotzigen Worten besteht, also nur symbolisch ist.

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  9. genova68 schreibt:

    Wer ist denn WIR?

    Ich habe mit Gaucks Alter keine Probleme, aber ich halte diese Altersgrenze für genauso sinnlos wie Nationalismus bzw. Patriotismus. Es erklärt nichts, bewegt nichts. Gerade alte Menschen kann man nicht mehr in einen Topf werfen. Viele Alte sind topfit und auch technologisch eingermaßen auf der Höhe der Zeit. Und selbst wenn nicht: R. v. Weizäcker beispielsweise hat keinen Computer, aber schadet das seiner Fähigkeit der gesellschaftlichen Analyse?

    Der Unterschied besteht doch eher in dem, was Theorie der Wissenskluft sagt: Je älter die Menschen, desto größer die Unterschiede zwischen ihnen, weil der Hauptschüler und Bildleser sein Leben lang nichts dazulernt, während der Intellektuelle das täglich tut. Stell dir mal zwei 80jährige mit entsprechend unterschiedlichen Biographien im Gespräch vor. Da geht nichts, höchstens über Krankheiten.

    Interessant sind aber Medienberichte über Gaucks zwiespältige Rolle in der DDR. Widerständler oder Kollaborateur? Ich misstraue da aber der Bloggosphäre und warte, bis seriöse Medien dazu was liefern.

    P.S.: Ich sehe gerade, dass ich vor knapp zwei Jahren einen sehr ähnlichen Artikel zum Thema geschrieben habe:

    Eventisierung zugunsten der herrschenden Klasse

    Volkskrankheit Alzheimer…

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  10. Nihilist schreibt:

    Die Einstellungspraxis während der Frühzeit der BStU
    Der Sonderbeauftragte der Bundesregierung, Joachim Gauck, begann am 3.
    Oktober 1990 mit zunächst 52 Mitarbeitern (25 in der Berliner Zentrale und
    in den Außenstellen) seine Arbeit. Wie viele ehemalige MfS-Bedienstete sich
    hierunter befanden, lässt sich nicht mehr genau ermitteln. Laut Angaben der
    jetzigen Behördenleitung waren im Jahre 1990 elf ehemalige MfS-Angehörige beim BStU beschäftigt. Bis zum Ende des Jahres 1990 setzte sich das Personal aus den Mitarbeitern um Gauck, abgeordneten westdeutschen Beamten und einigen, vornehmlich auf befristeter Basis neu eingestellten ostdeutschen Mitarbeitern zusammen. Bis zur Jahresmitte 1991 stieg laut Erstem Tätigkeitsbericht die Mitarbeiterzahl auf ca. 500 Personen; darunter waren – nach Angaben der Behördenieitung vom 26. Januar 2007 – 72 ehemalige MfS-Angehörige (67 hauptamtliche und 5 inoffizielle Mitarbeiter).

    Klicke, um auf Stasi-in-bstu.pdf zuzugreifen

    Auch interessant!

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  11. genova68 schreibt:

    Der Link funktioniert nicht. Soll der Text aussagen, dass Gauck absichtlich Stasi-Leute in die Behörde holte, weil er erpressbar war?

    Interessant: Diestel wirft Gauck vor, kurz vor der Unterschrift zum IM gestanden zu haben. Nur die Wende bewahrte ihn davor. Außerdem genoss er wesentliche Privilegien:

    http://www.freitag.de/politik/0018-wiedersehen-herr-gauck

    Auch nett:
    „Joachim Gauck ist unser Herzenskandidat. Er ist einfach jemand, der ganz ideal zum liberal-konservativen Regierungsbündnis passt und der uns mit seinem Wertekompass, seinem Einsatz für Freiheit, für Eigenverantwortung und für die Marktwirtschaft, aus dem Herzen spricht.“ (FDP-Bundesvize Holger Zastrow)

    und

    „Dass CDU/SPD/FDP und Grüne ihn (Gauck) gemeinsam aufstellen, verrät uns, dass uns noch mehr Sozialstaatszerstörung, noch mehr Kriege und noch weniger Demokratie drohen. Einen wie ihn holt man, um den Leuten die Ohren vollzuquatschen.“ Gauck sei ein „Prediger für die verrohende Mittelschicht“. (Öko-Linke Jutta Ditfurth)

    sowie

    „Ende gut, alles gut.“ (SPD-Chef Sigmar Gabriel)

    http://www.fr-online.de/wulff-affaere/wahl-zum-bundespraesidenten-gauck-soll-bundespraesident-werden,11460760,11668154.html

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  12. Nihilist schreibt:

    bei mir funktionieren beide Links. Komisch.

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  13. Jakub Sobelsohn schreibt:

    Tja, der schlägt sie auf den Tisch, die linke Faust der Globalisten.
    Aber keine Angst, gegen Big Mäc und Coke für alle hat auch Joachim Gauck nichts.

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  14. Pingback: Von Wulff zu Gauck – ein Bild sagt mehr als tausend Worte | MondoPrinte

  15. Pingback: A Presidential Linkdump | Cora Buhlert

  16. genova68 schreibt:

    taz-kolummne von dem lustigen Herrn Yüzel:

    http://taz.de/Kolumne-Besser/!88071/

    Deswegen merkt auch kaum jemand, wie viel antidemokratisches Ressentiment im Gerede vom „Konsenskandidaten“ steckt, das Gauck ins Amt tragen wird; wie viel von der autoritären Sehnsucht wenn nicht nach dem Führer, so doch wenigstens nach dem Kaiser, der mit sonorer Stimme und nachdenklicher Miene vermeintlich tabubrecherische, in Wahrheit aber gefällige Ansichten zum Besten gibt.

    Kurz: Die Personalie Gauck zeigt, was dabei rauskommt, wenn in diesem Land so gut wie alle einer Meinung sind (und die übrigen aus den falschen, weil ostalgischen Gründen einer anderen): nichts Gutes. Aber Landestypisches. So bekommt dieses Land demnächst einen Winkeaugust, der die Vorzüge seiner Vorgänger in sich vereinigt: so freiheitsliebend wie Carstens, so pastoral wie Rau, so dünkelhaft wie Weizsäcker, so marktgläubig wie Köhler, so kernig wie Herzog, so geschmackvoll wie Scheel, so alt wie Heuß, so irgendwas wie Wulff und – in den Augen seiner Fans – so integer wie Heinemann. Schließlich, mit etwas Glück: so lustig wie Lübke. Der ideelle deutsche Gesamtpräsident.

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  17. genova68 schreibt:

    Schramm als Bundespräsidentenkandidat von Piraten und Linken, das wäre noch der beste Effekt, den man aus der aktuellen Situation ziehen könnte. Es ist gar nicht so unwahrscheinlich:

    http://wissen.dradio.de/nachrichten.58.de.html?drn:news_id=65310

    Wenn er überhaupt will.

    Auch lustig: Der Schwulenhasser Norbert Geis fordert Gauck auf, noch schnell zu heiraten:

    „Der CSU-Familienpolitiker Norbert Geis hat den Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten, Joachim Gauck, aufgefordert, seine persönlichen Beziehungen zu klären. „Es dürfte wohl im Interesse des Herrn Gauck selbst sein, seine persönlichen Verhältnisse so schnell als möglich zu ordnen, damit insoweit keine Angriffsfläche geboten wird“, sagte der Bundestagsabgeordnete der „Passauer Neuen Presse“. “

    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,816585,00.html

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  18. 1955 schreibt:

    Frau Merkel hatte vor dem Rücktritt Respekt? Irgendwie passt es nicht zum Rechtsstaat, was sich derzeit in Großburgwedel vollzieht:

    Staatsanwaltschaft Hannover ist an Dilettantismus nicht zu überbieten!

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  19. hanneswurst schreibt:

    Mir kommt es auch so vor, als wenn Gauck zu der „ich habe immer alles richtig gemacht“ Fraktion aus Pfarrerstöchtern und Deutschlehrern (Mitlesende ausgenommen) gehört, die immer noch glauben, wenn sich alle so viel Mühe geben würden wie sie selber, dann gäbe es keinen Mangel in der Welt. Den „Freiheit aus Verantwortung“ Slogan in einen Staat zu werfen in dem sich die Bürger mehren, die zu untalentiert und unterprivilegiert sind um gesellschaftlichen Anschluss zu finden, ist wahrhaft pastoral. Da hätten wir auch George W. zum Bundespräsidenten machen können.

    Aber eigentlich scheisse ich drauf und ärgere mich am meisten über die wertvolle Aufmerksamkeit, die in dieses gänzlich unnötige und teure Präsidentenamt gesteckt wird – und ich Depp mache auch noch mit.

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  20. Motherhead schreibt:

    Für mich ist und bleibt Karl Carstens der einzige legitime Präsident der Bundesrepublik Deutschland.

    Da bin ich mit meinem Freund, Bundeskanzler Kohl, ganz einer Meinung.

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  21. InitiativGruppe schreibt:

    Ich hab mich von meinem Erschrecken (siehe oben, den ersten Kommentar) schon wieder gut erholt und sehe es jetzt wieder kühl und sub species aeternitatis.

    UNSER Präsident ist er zwar nicht, aber für die Bundesbürger, vor allem die älteren unter ihnen, passt er vielleicht doch ganz gut.

    Mit wär der Schramm auch sehr viel lieber. Allein der Gedanke an potentielle Schramm-Reden im Amt weckt in mir Begeisterungsstürme. Aber ich gebe zu, dass ich da halt nur einer unter wenigen bin, der das wertschätzen würde, und dass ich mich auch durch den Trick, auf die mannigfaltigen Manipulationstechniken der Mächtigen hinzuweisen, nicht selber ego-frech hintenrum zur Mehrheit ernennen kann.

    Wir tun hier übrigens dem Gauck einen großen Gefallen. Sein größtes Problem könnte sein, dass man zu viel Tolles von ihm erwartet. Wir dämpfen diese Erwartungen. So wird vielleicht am Ende eine Mehrheit von Gauck enttäuscht sein, während wir hier finden, dass er so schlimm wie befürchtet doch gar nicht war.

    Anmerkung: Genova, mein Problem mit Gauck, das ich in meinem zweiten Kommentar ironisch angesprochen habe, ist nicht sein reales, sondern sein politisches Alter.

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  22. Blue schreibt:

    Der 6. und 18. März wird einiges zeigen, seine weltanschauliche Motivation durchscheinen lassen.
    LG
    Blue

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  23. Jens schreibt:

    Es ist schon total krass, dass SPD und B90-Die Grünen den derzeitigen Bundespräsidenten als erstes hofiert haben. Stellen wir uns doch mal vor, was passierte, hätten die beiden Parteien tatsächlich vor, ihre Agenda 2010-Orientierung zugunsten von echter sozialdemokratischer oder ökologischer Politik hinter sich zu lassen. Was für ein Stahlgewitter vor jeder Gesetzesunterzeichnung. Und das alles begleitet von den Hasstiraden der Bild-Zeitung. Besonders unangenehm wäre dies für eine rotgrüne Regierung dann, wenn die sozialpolitischen Maßnahmen durch eine Troika aus US-Regierung, IMF und EU-Kommission diktiert würden, um den Euro im Gleichgewicht zu halten. Dann müsste Gabriel das Ganze als „alternativlos“ durchwinken, während Gauck unter dem Applaus der Springerpresse seine Unterschrift verweigert. Shit happens.

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  24. genova68 schreibt:

    hätten die beiden Parteien tatsächlich vor, ihre Agenda 2010-Orientierung zugunsten von echter sozialdemokratischer oder ökologischer Politik hinter sich zu lassen.

    Genau das ist nun kaum zu vermuten.

    Was ist am 6. und am 18. März?

    IG,
    zu den „Manipulationstechniken der Mächtigen“ gehört ja gerade, so zu tun, als gebe es eine homogene Volksmasse, der man nun einen vorsetzt, der im Sinne dieser Volksmasse spricht. Was hier Mehrheit ist und was nicht, weiß ich nicht, ist aber auch nicht von Belang bei solchen Ernennungsschmierenkomödien, die hinterher durch hastig durchgeführte angeblich repräsentative Umfragen bestätigt werden.

    Überhaupt: Die letzten Umfragen zum Thema Gauck wurden ja innerhalb weniger Stunden durchgeführt, per Telefon. Das dauert eigentlich immer mehrere Tage, auch bei großen Instituten. Alles sehr dubios.

    Motherhead,
    ja, sehr schade, dass Dr. Carstens zurücktreten musste. Ich hoffe mit dir, dass Dr. Kohl diesen Gauck noch verhindern kann.

    ————

    Jedenfalls bemerkenswert, wie viele kritische Artikel zu Gauck gerade erscheinen. Der Tagesspiegel schreibt heute:

    In den Lobeshymnen zu Joachim Gauck bricht sich die deutsche Sehnsucht nach einem bürgerlichen Monarchen Bahn. Dabei bleibt zu hoffen, dass der gelernte Pastor dem Land in den nächsten fünf Jahren möglichst wenig Orientierung geben wird…

    In diesen Tagen bricht sich wieder etwas Bahn in Deutschland, wogegen es Argumente schwer haben: die anscheinend ungestillte – deutsche? – Sucht-Sehnsucht nach einem bürgerlichen Monarchen, der die Richtung weist.

    Welche Richtung, das ist dann gar nicht mehr so wichtig: Die Spitzenleute der Grünen strahlen zur Nominierung eines Mannes, der als Freiheitsheld firmiert und die „Ermächtigung“ der Bürger fordert, den Protest der Occupy-Bewegung aber „unsäglich albern“ findet und die Stuttgarter Bahnhofsdemonstranten als Vorgartenverteidiger verhöhnt.

    Die SPD, die damit scheiterte, einen erwiesenen Rassisten rauszuwerfen, stellt sich konsequenterweise erneut hinter Gauck, der diesen Rassismus „mutig“ nennt…

    Es ist kein gutes Zeichen, wenn sie Sinngebung so willig an einen Philosophenkönig im Bellevue delegieren und sich „Werte“ für ihre Kinder von konfessionellen Schulen und den Kirchen erhoffen.

    http://www.tagesspiegel.de/meinung/kontrapunkt-orientierung-muss-von-den-buergern-kommen/6238700.html

    Es erinnert ein wenig an den Kulturkampf, der in Berlin vor ein paar Jahren wegen des Religionsunterrichts geführt wurde:

    Kinderkreuzzug in Berlin

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  25. Nihilist schreibt:

    Ich habe gelesen, Gauck sei mit seiner Neigung zu Seitensprüngen von der Stasi unter Druck zu setzen gewesen. Und wenn ich dann lese, das Gauck seine Unterlagen alleine in den Händen hatte, da kann dann einiges aus den Akten verschwunden sein. Und die Zusammenarbeit mit derr Ex-Stasi in der Gauckbehörde ist auch so ein Unding.

    Da ist der „Gag“ mit der Kollage, in der Merkel mit Gauck zu sehen ist und Gauck eine Akte mit dem Titel – IM Erika – in den Händen hält durchaus möglich.

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  26. summacumlaude schreibt:

    Was da an Stasi bei Gauck drin ist und was nicht – ich glaube ehr nicht – wissen wir nicht. Evident ist aber, dass er einer sehr deutscher Tradition folgt: Nämlich sich nach dem Ende eines Schlamassels seine Biographie schöner, bürgerrechtlicher, wiederständiger zu reden, als sie es tatsächlich war. Mittlerweile fällt das auch den „großen“ Medien auf und wir werden da sicherlich noch einiges erfahren. Ach Gauck , das ist offenbar Dein Begehr: Du wärst so gern´ moralischer Millionär, eine Mischung aus Jeanne d´arc und Hans Scholl, bietest aber nur Stoff für den kompromißbereiten Pfarrer aus Rostock mit Westreisen und Dienstwagen.

    Kein Vorwurf deswegen – natürlich nicht – aber vorwerfen muß man ihm, dass er zu seiner ja nicht unehrenhaften, aber eben nicht eindeutigen Biographie besser 1991 schon gestanden hätte. Nur war damals in der polarisierenden, moralisch überhitzten Zeit eine Karriere ohne eindeutigen Wiederstandsheiligenschein nicht denkbar.
    Gibt es überhaupt eine eindeutige Biographie?
    Und warum dann die ständige Forderung nach einer solchen, damals wie heute?

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  27. genova68 schreibt:

    Auch interessant:

    http://kritikundkunst.wordpress.com/2012/02/23/affare-gauck-die-ersten-burgerrechtler-wachen-auf/

    Das aktuelle Herumgestocher in Gaucks DDR-Vergangenheit nervt mich auch. Er hatte eine VW-Bus, das wurde jetzt diverse Male im Netz als klarer Fall von SED-Affinität dargestellt, dann heißt es plötzlich, der kam von der westdeutschen Kirche. Klar ist offenbar nur, dass man so von oben herab nicht mit Geschichte umgehen kann. Und hier als Westdeutscher sich ohne weiteres Wissen vernichtend über Gauck zu äußern, halte ich für arrogant.

    Interessant ist doch eher, was nach 1989 passiert ist und warum Gauck so gehypt wurde. Und da ist es so, wie summacumlaude schreibt: In den Medien wird gerade einiges berichtet, was an Gauck zweifeln lässt, bis hin zum dem Geschwister-Scholl-Vergleich (den sich die Nazis von PI übrigens auch anheften). Ich frage mich eher, warum diese Nachforschungen von der vierten Gewalt nicht schon vor zwei Jahren angestellt wurden.

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  28. Nihilist schreibt:

    Ohne weiteres Wissen? Ich habe den Untersuchungsbericht auf Wikileaks gelesen. Nicht umsonst wird dort Kritik an der Einstellung von Ex-Statsis geübt.

    Wenn er wirklich so ein Gegner des Systems gewesen wäre, hätte er vor allem die Bürgerrechtler, zu denen er sich ja zählt, in die Behörde holen müssen. Die wurden aber eher rausgemobbt.

    Dieses handeln Gaucks reicht mir um ihm seine Aussagen nicht zu glauben.

    Schade, der Kontakt zu meinen Verwandten aus Rostock (auch Stasis) ist leider nicht mehr vorhanden, nachdem meine Eltern die Wanzen in ihrer Wohnung entdeckt haben, mit denen sie abgehört wurden. Sonst würde ich die mal fragen.

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  29. hf99 schreibt:

    ahoi genova

    „Er hatte eine VW-Bus, das wurde jetzt diverse Male im Netz als klarer Fall von SED-Affinität dargestellt, dann heißt es plötzlich, der kam von der westdeutschen Kirche.“

    Klar kam er von den West-Evangelens, aber das MfS konnte die Einfuhr genehmigen – oder eben nicht.

    Was summacum schrieb, ist richtig, ist auch seit eh mein Thema, fast möchte ich sagen eine der Grundtopoi meines Schreibens: Der klägliche Drang nach der eindeutigen Biografie. Gauck, der Strahlemann, hehr, rein, weiß, kein Flecken beschmutzt ihn…während wir (selbst)widersprüchliche Sterbliche in unseren gebrochenen Biografien herumzappeln. Nie kam ein böses Wort über seine Lippen… Eines jeden Biografie ist gebrochen. Nochmal: ich würde Gauck nicht einmal eine Verpflichtungserklärung vorwerfen (an die ich nicht glaube, nebenbei bemerkt), zumindest zunächst nicht, selbst da würde ich mir nämlich anhören, wie es dazu kam, welche Druckmittel das MfS gegen ihn hatte etcetc. Ich werfe ihm seine Erbarmungslosigkeit und Selbstgefälligkeit nach 89 vor, die verlogene Uminszenierung seines DDR-Lebens (kein unanständiges Leben, aber natürlich auch kein widerständiges) in ein Weiße-Rose-Dasein.

    Und, axo, weiße Rose, Stauffenberg: Auch deren Leben verlief nicht ohne Bruch.

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  30. genova68 schreibt:

    Hi hf,
    dann müsste man wieder wissen, nach welchen Kriterien der Bus genehmigt wurde. Würdest du die Genehmigung als gegen Gauck verwendbar interpretieren?

    Ich meine nur, dass man da als Außenstehender vorsichtig sein sollte, gerade mit den vielen Vermutungen im Netz. Deinen Ausführungen zur Biogrpahie würde ich zustimmen, eine jede Biographie ist gebrochen oder vielleicht könnte man sagen: Sie sollte es sein.

    Schlimmer ist die aktuelle Situation, die verlogener kaum sein könnte. Einen guten Einblick gab Anne Will mit ihrer Sendung diese Woche: Gauck wird genau von den Leuten favorisiert, die von bürgerlichem Engagement wenig halten, vor allem nicht von Widerständigem. Es fällt auch nicht auf, dass Gaucks Aussagen zu Occupy und S 21 gerade Bürgerrechte desavouieren und sich in der Regel auf Stammtischniveau befinden („S 21-Gegner kümmern sich nur um ihren Vorgarten“). Es sind vor allem Wessis für den Ossi, denen ostdeutsche Befindlichkeiten sonst egal sind. Alles Instrumentalisierung. Gauck als Folie für die, die den Bürgerrechtsbegriff und den Demokratiebegriff für sich beanspruchen wollen, ohne ihn inhaltlich zu füllen. Bürgerrechte nur für die, die antikommunistisch sind.

    Ein unglaublich pastoraler Plapperer ist der Historiker Winkler, grandios.

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  31. Nihilist schreibt:

    Wenden wir uns HMB zu?

    Der hat ja auch mal wieder seinen geistigen Dünnpfiff verbreitet.

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  32. InitiativGruppe schreibt:

    Wieso SPD und Grüne den Gauck auf ihren Schild gehoben haben?
    Bei der ersten Runde ging es den beiden darum, einen für die Konservativen akzeptablen Gegenkandidaten zum Parteimann Wulff zu präsentieren. Um sie zu verführen und in Verlegenheit zu bringen. Das hat ja auch durchaus geklappt – in dem Rahmen, in dem es möglich war.

    So waren sie jetzt in der zweiten Runde gezwungen, wieder mit Gauck ins Rennen zu gehen. (Sie hätten ja wohl jetzt, unter den neuen Umständen, nicht sagen können – neee, der ist kein geeigeter Kandidat! – wenn sie ihn vor 2 Jahren noch für einen geeigneten Kandidaten gehalten haben.)

    Hätte die CDU Klaus Töpfer nominiert, wären SPD und Grüne erleichtert gewesen; denn DEN hätten beide wohl ohne schlechtes Gewissen unterstützen können.

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  33. InitiativGruppe schreibt:

    Nachtrag:
    http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/540396/Pastor-der-Unschaerfe

    Da werden die Sorgenfalten tiefer. U. a. hält der Herr Bundespräsident in spe die Entspannungspolitik des Westens in den 70er und 80er Jahren für feige …

    Keine entspannende Perspektive, wenn so ein Mann die Macht des präsidialen Wortes bekommt.

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  34. genova68 schreibt:

    Ein guter Artikel bei jetzt.de. Schwadronieren trifft es. Es gibt ein Gespräch in Wien, bei youtube wohl auffindbar, er und ein Journalist, geführt einen Tag vor seiner Nominierung, etwa eine Stunde lang. Da bekommt man einen schönen Einblick in das Denken dieses Mannes, das all das bestätigt, was hier geschrieben wurde: Er hört sich gerne reden und redet wohl seit Jahren über DDR und Freiheit, er hat aber HEUTE nichts mehr zu sagen. Gauck ist interessant, wenn er über DDR-Spezifika redet, für die Zeit nach 89 ist er in weiten Teilen nur auf Stammtischniveau.

    Bemerkenswert:

    „Anders als Angela Merkel, die sich nolens volens dazu bekennt, dass sie FDJ-Sekretärin war, weil sie sonst nicht hätte Physik studieren können, hat Joachim Gauck sich über sein Tun in der DDR nicht öffentlich verbreitet. Er preist seit dem Oktober 1989 ‚die Freiheit‘. Seine jüngste Publikation ist diesbezüglich genauso allgemein gehalten wie seine bisherigen. Über seine Tätigkeit als ‚Dissident‘ hat er wenig zu erzählen. Im Westen denkt man, der neue Bundespräsident sei ‚ein Bürgerrechtler‘.“

    Und:

    Ganz in diesem Sinn lautet die Generalthese seines Buches so: Mit der Freiheit des Menschen gehe die ethische Pflicht einher, Verantwortung zu übernehmen. Nur er, nur der vielgelobte Redner, kann sich erlauben, diese ebenso wahre wie bestürzend banale Erkenntnis bedeutungsschwer zu verkünden.

    Interessant an dem Wiener Gespräch ist, dass seine Haltung zu IMs der Haltung der Linkspartei entspricht. Demnach wurden viele von der Stasi als IM geführt, die davon gar nichts wussten. Die Stasi sei da sehr raffiniert vorgegangen. Er spricht da wohl aus eigener Erfahrung, und genau da wird es interessant. Er sollte weiterhin über die DDR Bücher schreiben und umherreisen. Mehr aber nicht.

    Aber letztlich geht es nicht um Gauck, sondern um die Reaktion der öffentlichen Meinung. Und da sieht es erwartungsgemäß schlimm aus. All die Granden, die uns hierzulande via TV als intellektuelle Kompetenzen verkauft werden, sind beschämend.

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