Ich habe dieses Foto seit einiger Zeit als Desktophintergrund installiert und bin mittlerweile davon begeistert. Je öfter ich draufgucke, desto mehr zieht es mich förmlich rein. Deshalb heute eine luzide Bildanalyse. Aufgenommen wurde es im Plakatmuseum in Warschau.
Zuerst fällt die Thematisierung von innen vs. außen auf, typisch für (moderne) Architektur, die schon immer das Bestreben hatte, die Wand aufzulösen, geltende statische Gesetze zu überwinden. Das gelang ihr schon in der Gotik ganz gut (die Katharinenkirche in Oppenheim ist diesbezüglich phänomenal und leider kaum bekannt), seit der Erfindung von Stahlbeton und Vorhangfassaden noch besser, dazu kam der Verzicht auf Fundamente und Sockel. All das ist hier schön zu sehen. Die Wand ist in Fenster aufgelöst, die Profile sind schmal, keine Stufe. Dazu kommt ein gewisses konstruktives Element, alles bleibt im rechten Winkel.
Bis auf die geöffnete Tür. Hier ist der Übergang von Innen und Außen doch deutlich sichtbar, weil außen Natur pur vorherrscht. Ein Grün, das zwar parkähnlich angelegt und deshalb seinen kulturellen Einfluss sichtbar lässt, aber eben ohne direkte bauliche Gestaltungen daherkommt.
Dann haben wir die Besonderheit des braunen Glases, ähnlich wie im Palast der Republik, das in Verbindung mit der geöffneten Tür einen speziellen Effekt erzielt: Es zieht einen förmlich durch den hellen, vom Braunglas abgesetzen Türauschnitt in den Garten, und dort trifft man auch noch mittig auf den von Sonnenstrahlen, die durch die Bäume fallen, durchfluteten Bereich. Es hat etwas Verheißungsvolles, etwas Messianisches.
Die einzige Abweichung vom konstruktiven Prinzip ist also die Abweichung vom rechten Winkel durch die geöffnete Tür, der Bedingung des Gewahrwerdens des messianischen Erlösungsgedankens.
Irritieren die Stühle? Vielleicht eher positiv?
Man könnte jetzt generell fragen, was diese Art von Kunstdidaktik soll: alles erklären (und dazu noch so notbehelfsmäßig). Meine Antwort wäre schlichtweg die, dass der Mensch ein kommunikatives Wesen ist.
Selbstredend habe ich dieses Meisterwerk selbst geknipst.
(Foto: genova 2010)
das hat sicher was mit dem heutigen datum zu tun. 1+6+8+2+1=1+8=9. an solchen tagen ist sich richard wagner selbst erschienen.
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my thoughts exactly
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Nun, an den Stühlen erkennt man (oder beseser – erkenne ich), das es eine gestellte Aufnahme ist, denn an der Stelle sind die total unlogisch.
Ich liebe eher die ungestellten Motive. Auch wenn dann das Bild „gestellt“ wirkt, weil der Fotograf ja die Position auf das Motiv so wählt, das eine Komposition entstehen kann.
Ich könnte Ihnen ja einmal ein paar Aufnahmen von mir zusenden, wenn es Sie interessiert.
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Noch eine Anmerkung – Escher war ein Vorbild. Die Bilder Eschers hatte ich gesehen, dabei ein paar Motive für interessant gefunden und als ich dann in der freien Natur genau so ein Motiv entdeckte, das sofort aufgenommen.
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Die Aufnahme ist nicht gestellt, die Stühle wurden vom Museumspersonal dorthin gestellt, um den Ausgang nach draußen ins Paradies zu verhindern.
Ja, schicken Sie.
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Sehr schön, man könnte das Bild auch „Stuhlgang“ nennen, oder – etwas modernistischer – „Stuhl/Gang“, oder – um das Sprachspiel auf die Spitze zu treiben – „StuhlGangBang“.
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Herzlich willkommen zurück, Hansilein. Ich bin für „Stuhl/Gang“. Die beiden anderen Varianten stellten mein Kunstwerk in einen Kontext, der seinen Reiz, aber nichts mit jenem zu tun hat.
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