Die ehemalige Parteizeitung der SED, das Neue Deutschland, hatte noch 1989 eine Auflage von rund einer Million Exemplaren täglich. Heute sind es 40.000. Die Mehrzahl der Leser sind Rentner. Grund genug, sich um Verjüngung zu kümmern. Und was liegt näher für eine linke Tageszeitung, als bei einem kapitalismuskritischen Kongress von attac einen Stand aufzubauen und für sich zu werben.
Allerdings muss man sich fragen, wie sich das Neue Deutschland seine Zielgruppe vorstellt. Unter anderem bekam man an dem Stand diesen Werbeartikel zu sehen. Ein acht mal zehn Zentimeter großer Jahresplaner mit einem Kalender auf der einen und diesem Bild auf der anderen Seite:
Die „sozialistische Tageszeitung“, die „kritisch“ und „anders“ sein möchte, wirbt mit einem 08/15-Foto des Brandenburger Tores und einem Springbrunnen davor. Harmlose Perspektive, blauer Himmel und schön bunt. Passend auch, dass das Foto wohl vom Hotel Adlon aus aufgenommen wurde.
So wird aus einer neofeudalen Perspektive für Sozialismus geworben.
Das Brandenburger Tor als Sinnbild einer sozialistischen Gesellschaft? Das ist bezeichnend für das Neue Deutschland, das gerne sozialistisch wäre, aber eigentlich nur strukturkonservativ ist. Es passt somit zu einem Teil der deutschen Linken, für die die Welt dann schon wieder in Ordnung wäre, wenn Hartz IV zurückgenommen würde.
Es passt aber auch in die kleinbürgerliche DDR-Welt, die sich Sozialismus genau so vorgestellt hat. Die Reste dieser Welt schlummern vor sich hin, zum Beispiel im ND.