Claus Kleber soll Spiegel-Chefredakteur werden. Das ist der Mann mit dem schiefen Gesicht, seine Augen sitzen unterschiedlich hoch. Kleber beweist, dass Unregelmäßigkeit sehr markant sein kann, gutaussehend sogar. Zumindest sieht er irgendwie seriös aus, eigenständig. Außerdem helfen Alliterationen im Namen bei der Karriere, da bin ich mir sicher. Kleber habe ich in Erinnerung, weil er vor ein paar Jahren eine mehrteilige Dokumentation über die neue Wirtschaftsmacht Indien gedreht hat. Es war eine Dokumentation, die ihr Vorbild sicher in den US-amerikanischen Dokumentationen hat. Kleber war ständig selbst im Bild, gerne im hellblauen, aufgekrempelten Hemd. Kleber mit jungen, freundlichen Computer-Spezialisten, Kleber im Großstadtgetümmel, Kleber mit Firmenchefs. Kleber ist immer interessiert an Menschen, mit aufmerksamem Blick, alles sehr subjektiv. Claus Kleber ist so eine Art aktualisierter Herr Kaiser, gut dass ich Sie treffe.
Problematisch dabei ist, dass er seine marginalen subjektiven Eindrücke als objektive Entwicklungen verkauft und dabei nur Klischees bedient: Indien ist auf dem Weg zur wirtschaftlichen Supermacht, alle sind toll ausgebildet, alle verdienen wenig und sind aber genügsam und freundlich, beschweren sich nicht; wir müssen uns warm anziehen. Dazu die Bilder, die genau das suggerieren.
Die Manipulationskraft dieses Films lag darin, dass er einfach nur das verstärkte, was wir aus anderen oberflächlichen Berichten eh schon wissen und deshalb gerne glauben. Karrieretechnisch betrachtet hat Kleber alles richtig gemacht. Indien näher gebracht hat er uns nicht.