„Die Ökonomisierung des Sozialen“ nennt der Pädagoge Wilhelm Heitmeyer in der Zeit die Tendenz des Neoliberalismus, alle gesellschaftlichen Zusammenhänge, auch die rein menschlichen, unter ökonomische Prinzipien der Nützlichkeit und Verwertbarkeit zu stellen. Er spricht von den „moralvernichtenden Effekten des dominierenden Marktes“ und stellt fest, dass die, die wenig haben, sich verstärkt abgrenzen von denen, die noch weniger haben. Im einem Beitrag für das „Netz gegen Nazis“ sagt er dazu:
„Der forcierte Übergang von der Marktwirtschaft zur Marktgesellschaft zeigt sich darin, dass ökonomistische Prinzipien wie Effizienz und Nützlichkeit das soziale Leben durchdringen und andere, nicht marktrelevante Grundsätze wie Empathie und Fürsorglichkeit überformen oder gar zurückdrängen. Ökonomistisches Denken ist die subjektive Verankerung kapitalistischer Logik in der Gesellschaft. Das hat zur Folge, dass sich ökonomistisches Denken in breiten Bevölkerungskreisen entwickelt und verankert hat.“
Eigentlich nichts Neues: Früher waren das die Kleinbürger, die sich vom Proletarier abgrenzten (und sich überdurchschnittlich stark für Hitler erwärmten). Dass es so läuft, wie es läuft, ist in der Soziologie schon lange bekannt, das weiß Heitmeyer natürlich auch. Dennoch tut der Zeit-Artikel so, als sei das eine neue Erkenntnis, und jetzt müsse man was tun. Überhaupt, die Geschichtsvergessenheit der Masse. Geschichte wiederholt sich nicht, hört man öfter. Doch, Geschichte wiederholt sich, strukturell zumindest.